Januar - Februar 2016
Batumi, Kutaisi, Tbilisi
Geradelte Strecke: 81 km (Insgesamt 8129 km)
Endlich, nach etwa 5 Monaten Pause vom Radlerleben, soll es nun wieder los gehen. So ein wenig faulenzen ist ja nicht schlecht, doch nun dauert es uns doch zu lange.
Nach unserem Aufenthalt in Deutschland zum Jahreswechsel sind wir wieder nach Georgien zurückgekehrt. Tbilisi ist uns ja inzwischen schon sehr vertraut. Die meisten Sehenswürdigkeiten der Stadt haben wir ja schon im November aufgesucht und so fahren wir nach ein paar Tagen mit dem Bus nach Batumi an das Schwarze Meer.
Hier sind wir ja bereits mit den Rädern im September vorbeigekommen, doch hatten wir uns einen längeren Besuch schon damals erst für den Winter vorgenommen. Nun dachten wir etwas milderes Winterwetter vorzufinden, doch stattdessen erleben wir einen Wintereinbruch von historischem Ausmaß. Es beginnt nach unserer Ankunft so heftig zu schneien, dass Schneehöhen von etwa 80 cm erreicht werden - so viel wie seit 30 Jahren nicht mehr. Das Leben in Batumi ist für ein paar Tage ziemlich lahmgelegt. Wir kommen kaum aus dem Haus, denn Räumdienste gibt es scheinbar nur eingeschränkt. Nur wenige Straßen sind befahrbar und Fußwegen wird diesbezüglich kaum Beachtung geschenkt, die dienen eher dem Ablagern der Schneemassen. Als dann Tauwetter einsetzt, verwandelt sich alles in grenzenlose Matsche.
Da wir nun mal keine Wintersportler, sondern Radfahrer sind, ist unsere Ausrüstung dementsprechend nicht sehr geeignet und so sitzen wir mehrere Tage in unserem, zum Glück recht komfortablen Zimmer fest und kommen höchstens mal kurz zum Fotografieren bzw. Einkaufen hinaus. Wir hoffen inbrünstig, dass unsere Stromversorgung, so wie in anderen Gebieten, von den Schneemassen nicht beeinträchtigt wird, denn sonst würden wir im Kalten sitzen. In Georgien ist es nämlich weit verbreitet, die Räume mit Klimaanlagen zu beheizen. Richtige Heizungen gibt es selbst in Neubauten nur selten. Viele Wohnungen sind überhaupt nicht zu heizen, da sind die Georgier wirklich hart im Nehmen.
Die letzten Tage in Batumi werden dann aber doch noch recht sonnig und mild und so können wir die Stadt noch etwas genauer besichtigen. Auffallend sind natürlich die vielen neuen zum Teil riesigen Apartmenthäuser und Hotels. Und unzählige Baustellen künden von weiteren. Der Strandbereich ist im Moment zwar noch nicht so davon betroffen. Dennoch will uns das ganze Flair in der Stadt nicht so richtig gefallen.
Wir fahren wieder zurück Richtung Tbilisi und benutzen diesmal keinen großen Fernbus, sondern einen typisch russischen Kleinbus, eine Marschrutka. Diese Sammeltaxis sind hier weit verbreitet. Nicht nur in den Städten, sondern auch auf längeren Distanzen und das zu unglaublich niedrigen Preisen. Oftmals handelt es sich dabei um ausgemusterte deutsche Fahrzeuge. Sind wir auf dem Fahrrad unterwegs, haben wir diese oft verflucht, weil Marschrutki keine Haltestellen benutzen, sondern stattdessen unerwartet und oft rücksichtslos für den nachfolgenden Verkehr am Straßenrand anhalten. Doch diesmal sitzen wir drin und ärgern die anderen.
Auf halbem Wege machen wir noch einen Zwischenstopp in Kutaisi. Auch hier verweilten wir im Herbst schon ein paar Tage. Da wir ja aber im Moment nichts anderes vorhaben, bleiben wir abermals und planen eine kleine Wanderung. Dazu bekommen wir das schönste Frühlingswetter, dass man sich wünschen kann. Kaum zu glauben, vor noch wenigen Tagen standen wir bis über die Knie im Schnee und jetzt strahlender Sonnenschein und Temperaturen um die 20 °C. Da schmeckt natürlich das anschließende Bierchen gleich nochmal so gut. Doch zu früh gefreut, die kommenden Tage verbringen wir bibbernd in unserem diesmal schlechter beheizbaren Zimmer und wärmen uns mit Glühwein.
Zurück in Tbilisi gehen wir nun voller Tatendrang daran unsere Weiterreise vorzubereiten und so warten ein paar Behördengänge auf uns. Zunächst steuern wir erwartungsvoll die iranische Botschaft an. Die nötige Referenznummer des iranischen Ministeriums haben wir schon im Januar über das Internet beantragt und inzwischen auch erhalten. Um einen vertrauensvollen Eindruck zu hinterlassen, rasiert sich Mathi noch zuvor und Petra kämmt sich ihrerseits die Haare aus dem Gesicht. Nach einer nur kurzen Wartezeit werden wir angehört und bekommen die Anordnung, in einer Stunde mit mehreren ausgefüllten Formularseiten und dem Einzahlungsbeleg über die Gebühren wieder zu kommen. Im Vorraum der Bank füllen wir die Anträge akribisch genau aus und prüfen mehrmals, ob uns auch kein Fehler unterlaufen ist. Doch es scheint alles zu stimmen. Der Botschaftsbeamte nickt alles ab und bemüht sich ein paar Angaben in persische Schriftzeichen zu verwandeln. Unser Name scheint einige Mühen zu machen. Die Namen unserer Väter - wozu auch immer die nötig sind - scheinen da nicht so schwierig. Die ohnehin wenig vorteilhaften Passbilder von Petra mit Kopftuch werden verschmäht. Stattdessen gibt man sich mit den Standartbildern zufrieden. Erleichtert stehen wir danach erstmal wieder auf der Straße. War also nicht ganz so schwierig, wie im Internet beschrieben. Keine Woche später stehen wir glückselig mit den Visa in den Händen an selber Stelle. Die erste Hürde ist genommen und wir sind bereit für die nächste.
Für unsere Fahrt in den Iran gibt es zwei Optionen. Die erstere durch Armenien ist zwar ohne weitere Visaformalitäten unkomplizierter zu organisieren, allerdings würden auf unserem Weg einige über 2000 m hohe Pässe liegen und dazu ist momentan einfach nicht die richtige Jahreszeit. Wir wollen aber nicht länger warten und ziehen daher die zweite Variante über das flachere Aserbaidschan in Betracht. Das bedeutet aber: Wir müssen abermals ein Visum beantragen. Auch darüber haben wir einiges nicht so erfreuliches gelesen. Am Schwierigsten ist, dass man einer Hotelbuchung vorweisen muss. Allerdings heißt es, dass zum Beispiel booking.com Buchungen nicht akzeptiert werden, denn die Aserbaidschanis sind ja nicht dumm und wissen, das sich diese jederzeit wieder stornieren lassen. Andererseits können Radfahrer, wie wir nur selten soweit im Voraus planen und somit keine festen Buchungen vornehmen, um dann nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben. Wir riskieren es und begeben uns mit einer (stornierbaren) Buchung auf die Botschaft. Wieder müssen wir mehrere Seiten ausfüllen und werden um weitere Euros erleichtert. Diesmal wird unseren Angaben zunächst nicht so viel Beachtung geschenkt und auch unsere Hotelbuchung wird anstandslos akzeptiert - puh! Nach einer Woche Bearbeitungszeit, zumindest da scheinen alle Botschaften gleich schnell zu arbeiten, können wir einen weiteren Glücksmoment genießen und haben nun die ersten bürokratischen Hürden auf dieser Reise gemeistert, doch es werden weitere folgen. Wie schön und unbeschwert in dieser Beziehung war hingegen unser Trip bis hierher im letzten Jahr.
Besonders die ehemaligen mittelasiatischen Sowjetrepubliken sind ein extrem harter Brocken in Visa-Angelegenheiten. Besonders nervig ist, dass sich die Bedingungen ständig ändern und man nie sicher weiss, woran man ist. Allen, die in Zukunft auf Visa-run gehen, können wir nur die Webseite www.caravanistan.com empfehlen. Hier fanden wir die verlässlichsten Infos. Besonders nützlich sind die "Embassy reports", wo die Erfahrungen der User auf den einzelnen Botschaften gesammelt werden. Denn es scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu geben, dass es in jeder Botschaft anders gehandhabt wird.
Die Fahrräder haben wir aus ihrem Winterlager wieder zu uns geholt und nach ein paar kleineren Reparaturen auch schon eine erste Proberunde gedreht. Unsere Drahtesel waren kaum zu bändigen, als sie froh über ihre Freilassung, ungestüm die Hügel der Stadt empor rollten.
Nun sitzen wir also wieder in den Startlöchern und können es kaum noch erwarten. Wir hoffen inbrünstig, dass uns bei unserem diesjährigen Start der Wettergott etwas milder gestimmt ist, als im letzten Jahr. Doch etwas wird bestimmt anders sein, wir werden diesmal alleine los radeln müssen, doch hoffen wir, dass uns, zumindest hier auf der Seite, wieder einige begleiten werden.