4. - 15. März 2015
Tbilisi - Baku
Geradelte Strecke: 588 km (Insgesamt 8717 km)
Bei allerschönstem Frühlingswetter verlassen wir Anfang März auf unseren Rädern Tbilisi und unerwartet schnell stellt sich wieder das vertraute Gefühl des Unterwegsseins ein. Baku, die Hauptstadt von Aserbaidschan soll unser erstes großes Ziel sein. 9 Tage haben wir für die knapp 600 km eingeplant und uns schon mal bei einer Familie dort über die Warmshowers-Webseite angemeldet. Wir wollen es langsam angehen, denn nach der langen Winterpause ist es um unsere Fitness sicher nicht sehr gut bestellt.
Doch schon am folgenden Tag ist Schluss mit lustig. Der Frühling scheint sich weit hinter die Berge des Kaukasus zurückgezogen zu haben und lässt uns mit tristem grauen Nieselwetter zurück.
Am dritten Radeltag verlassen wir Georgien, das kleine Land, in dem wir nun so lange Zeit, wie kaum in einem anderen Land fern der Heimat zugebracht haben. Leider haben wir aber auf Grund der Jahreszeit noch lange nicht alles im Land erkunden können. Wir haben die Georgier als sehr gastfreundliche nette Menschen kennengelernt. Eher zurückhaltend, aber sehr hilfsbereit und zuvorkommend, wenn es angebracht war. Wir hatten nie das Gefühl, dass wir als unwissende Touristen behandelt worden sind, die man auch mal übers Ohr hauen kann. Im Gegenteil, man hat uns sogar noch extra aufmerksam gemacht, wenn wir mal etwas übersehen hatten. Wir verstehen gar nicht, warum dieses Land noch so unbekannt in der Tourismusbranche ist. Es hat so viel zu bieten. Grandiose vielfältige Landschaften und interessante Orte. Und das alles ist zu unglaublichen günstigen Preisen zu bekommen, ob nun Transporte oder Übernachtungen. Wir können dieses Land als Reiseziel nur empfehlen und werden seinen interessanten maroden Charme sicher in Erinnerung behalten. Wer weiß, vielleicht kommen wir ja noch mal vorbei, doch nun heißt es erstmal: ?????????! - Nachvamdis, Georgia!
Am Grenzübergang zu Aserbaidschan ist nicht viel los und so werden die Formalitäten akribisch genau erledigt. Eine genauere Untersuchung unseres verschnürten Gepäcks scheint zu umständlich und wird nur sehr halbherzig vorgenommen. Dann wird ein riesiges schmiedeeisernes Tor aufgeschlossen und wir werden ins Land gelassen - das hat fast etwas Feierliches an sich.
Nur 10 km weiter, im ersten größeren Ort, gelingt es uns die nötige Registrierung hinter uns zu bringen. Obwohl es Sonntag ist, werden wir vor dem entsprechenden Büro gesichtet und dieses wird extra für uns geöffnet. Nachdem mehrere Seiten Papierkram erledigt sind, dürfen wir erst nach einem gemeinsamen Tee unsere Fahrt fortsetzen. Das wäre also erledigt.
Auf den ersten Blick erinnert uns Aserbaidschan an die Türkei: Sprache, Architektur und das Warenangebot sind uns irgendwie vertraut. Wir sind wieder in einem islamischen Land doch zunächst prägen noch kleine Kirchen die Orte und es dauert ein paar Tage, ehe wir eine Moschee erblicken und wieder den Muezzin rufen hören.
Unsere Skepsis angesichts der vielen Zäune und Mauern entlang der Straße, ob sich hier Übernachtungsplätze finden lassen, verfliegt, denn es finden sich nette Stellen. Auch gibt es zum Glück öfter die Möglichkeit für wärmende Lagerfeuer, denn Sonne ist in Aserbaidschan scheinbar Mangelware. Doch frei nach dem Motto: Und aus dem Wetterchaos sprach eine Stimme: "Lächelt und seid froh, es könnte schlimmer kommen!", lächelten wir und waren froh, und es kam schlimmer...! Jeden Abend kriechen wir in der Hoffnung, auf Wetterbesserung ins Zelt und werden am nächsten Morgen doch nur enttäuscht. Auch haben wir nicht mit derartig vielen und endlos langen Anstiegen gerechnet. In den nächsten Tagen sinkt unsere Motivation immer mehr.
Nach einem abermaligen steilen Anstieg, der zum Teil nur schiebend zu bewältigen ist, sitzen wir in einem dichten Nebel fest. Wir haben Sorge, dass uns ein Auto ungesehen über den Haufen fährt, denn man sieht kaum die Hand vor Augen. Doch wie sollen wir hier einen Lagerplatz finden, wo man nicht erkennt, was einen neben der Straße erwartet. Wir finden etwas und können ungesehen die Nacht verbringen, denn der Nebel bleibt uns auch am nächsten Tag erhalten, der auch noch ein weiteres Übel bereit hält.
Wir treffen auf die mehr befahrene Hauptstraße nach Baku und die wird gerade feste ausgebaut. Sicher toll, wenn sie irgendwann mal fertig ist, doch jetzt ist die ganze Straße dadurch noch enger und durch die vielen Kipper total verschlammt und wir drecken so richtig ein. Nach einem abermaligen Notlager, bei dem wir diesmal nicht ganz ungesehen bleiben, denn der Nebel lichtet sich so langsam, müssen wir die Räder, nachdem wir sie auf einem schlammigen Weg wieder zur Straße zurückschieben erst wieder fahrtüchtig machen. Der Lehm blockiert die Räder total und gibt uns den letzten Kick, optisch, als auch seelisch.
Nach einem kurzen Stopp in einer Autowaschanlage, gibt es aber keinen Halt mehr. Das Gelände wird immer ebener und auch trostloser. Wir rasen auf Baku zu und nach einer Rallyefahrt durch die tristen Vororte werden wir von unseren Warmshowers-Gastgebern Debbie und Eric herzlich willkommen geheißen. Nach einer warmen Dusche liegen wir am Abend in einem gemütlichen Bett und ganz schnell sind die stressigen letzten Tage vergessen - fast.
Zumindest sind wir schon am nächsten Morgen wieder fit für eine Stadtbesichtigung. Vor etwa 30 Jahren - oh man, ist das schon lange her, waren wir mit einer DDR-Jugendtourist-Reisegruppe hier zu einem 2-wöchigem Urlaub. Viel wiedererkannt haben wir aber nicht. An der Stelle unseres damaligen Hotels steht heute ein modernes Hiltonhochhaus und auch die Altstadt ist hübsch herausgeputzt.
Inzwischen ist auch unsere Kleidung wieder gereinigt und wir können unser nächstes Ziel, den Iran ansteuern. Leider verbreitet der Wetterbericht eher wenig Optimismus. Aber in einer Woche beginnt hier das mehrtägige Neujahrs- und Frühlingsfest und da sollte wohl auch das passende Wetter dazu sein.