29. Juli - 9. August 2015
Istanbul - Bursa - Afyon - Egirdir - Antalya
Geradelte Strecke: 730 km (Insgesamt 5495 km)
Wir verlassen Istanbul mit der Fähre. Nach knapp zwei Stunden Fahrt ist die asiatische Südküste des Mamarameeres erreicht und wir haben uns somit auch die stressige Ausfahrt aus der Grosstadt erspart. Haben wir in den Tagen zuvor schon hin und wieder etwas asiatische Luft geschnuppert, rollen unsere Räder nun erstmals auf dem neuen Kontinent. Aber so richtig rollen tut es nun auch wieder nicht. Petra muss sich schonen und kommt jeden Hügel nur im Kriechgang hoch und auch Mathias ist eigentlich mehr mit Schwitzen als mit Radfahren beschäftigt.
Unsere "kleinen" gesundheitlichen und technischen Probleme während des Istanbul-Aufenthalts haben nicht gerade zu unserer Erholung beigetragen. Konnten wir vorher drei Monate richtig entspannt durch Südosteuropa fahren, ist seitdem wir in der Türkei sind irgendwie der Wurm drin. Bitte nicht falsch verstehen, wir wollen diesem wirklich schönen Land hier nichts in die Schuhe schieben.
Schon einen Tag nach Istanbul bekommen wir neuen, oder altbekannten, Ärger. Wer unsere Berichte verfolgt hat weiss, schon in Rumänien machte die Freilaufkassette von Mathias Probleme, die wir dann mit viel Glück schnell ersetzen konnten. Jetzt haben wir wieder den gleichen Mist am Hals. Nach einer kleinen Pause ist sein Freilauf plötzlich kein bisschen mehr frei. Dumm an der Sache ist, dass unsere nagelneuen XT-Naben von Shimano eine Neukonstruktion sind und andere Abmessungen haben, als die bisher jahrzehntelang produzierten. Hätten wir die, könnten wir hier bei jeder zweiten Fahrradwerkstatt Ersatz bekommen.
Aber ein heisses Eisen haben wir noch im Feuer. Wir haben in Rumänien sicherheitshalber gleich zwei Ersatzkassetten bestellt. Für die Reparatur brauchen wir nun nur noch einen 14 mm Inbusschlüssel - nicht gerade ein Teil was zu jedem Reparaturset gehört. Aber auch das lässt sich auftreiben und so steht der Problembehebung abseits der Strasse hinter Büschen nichts im Wege. Oh nein - Sch..... - wir haben uns in Rumänien ein völlig nutzloses Teil in den alten Abmessungen andrehen lassen. Liebe Shimano-Leute, warum müsst ihr so einen Haufen unterschiedlichen und doch fast gleichen Krempel herstellen, dass nicht mal die eigenen Fachleute mehr durchblicken können. Oder ist das Absicht?
Jetzt stehen wir erstmal wieder dumm in der Pampa - nein, in Westanatolien, da. Ein paar Tage später können wir eine komplette Hinterradnabe (alte Abmessung) kaufen. Doch bei den Reperaturversuchen hat Mathias durch Zufall bemerkt, dass sich die Blockierung lösen lässt, wenn die Kassette senkrecht aufgestossen wird. Nachdem nun das Rad unterwegs ein paarmal auf die Seite gelegt wird, läuft es jetzt wieder ordentlich. Mal sehen wie lange, dann muss eben umgespeicht werden.
So durchqueren wir das recht trockene und reizlose zentrale Westanatolien und erreichen mit dem Egirdir-See und dem Taurusgebirge wieder eine abwechslungsreiche Landschaft. Auch die Temperaturen sind hier in etwa 1000 Meter Höhe etwas angenehmer und wir kommen besser voran. Doch da kommt schon der nächste Tiefschlag auf uns zu. An Petras Rad bricht eine Anlötöse für den Gepäckträger ab. Darf das bei einem speziellen Rahmen für Radreisen, wozu schweres Gepäck essentiell gehört, passieren? Auch wenn der Rahmen bis jetzt 40.000 Kilometer klaglos überstanden hat, bedanken werden wir uns bei Velotraum dafür nicht.
Natürlich können wir auch dieses Malheur beheben und weiter geht die Reise. Aber es nervt einfach und in letzter Zeit eben ziemlich oft.
Aber es gibt auch gegenteilige Beispiele, z.B. unsere Schwalbe-Reifen. Zum Start unsere Reise hatten wir alte, abgefahrene Reifen an den Rädern belassen, einfach um zu testen wie lange die durchhalten. Irgendwo in Ungarn oder Rumänien werden wir die dann gegen Neue tauschen müssen, dachten wir. Aber die halten und halten und halten, nun schon 5500 Kilometer mit nur einem einzigen Plattfuss. Einziger Nachteil, die ganze Zeit schleppen wir die neuen Reifen mit uns rum.
Dennoch geniessen wir die Fahrt durch dieses Land. Die Leute sind sehr aufgeschlossen, aber nicht aufdringlich. Sobald man anhält, wird man zu einem Tee eingeladen. Dumm ist nur, dass bei Temperaturen von weit über 30 °C schon der Gedanke an einen heissen Tee den Schweiss nur so aus allen Poren hervorbrechen lässt. So versuchen wir meist freundlich abzulehnen und hoffen, dass es uns nicht übel genommen wird. Das Beste auf unserer Strecke sind die unzählbaren Quellen am Strassenrand, die trotz der Trockenheit reichlich sprudeln und für ständigen Flüssigkeitsnachschub sorgen. Das Wasser in den Trinkflaschen erreicht jedoch schon nach kurzer Zeit Badewannentemperatur. Doch kommen wir auf diese Art auch ohne Dusche so einigermassen reinlich durchs Land und für saubere Füsse ist in einem Land mit vielen Moscheen ja ohnehin gesorgt.
Nun haben wir, nach fast zwei Wochen Hitzeschlacht auf oft flüssigem Asphalt, das Mittelmeer erreicht und geniessen ein paar Tage Ruhe in der quirligen Hafenstadt Antalya. Unser Zimmer in der Altstadt bietet neben einer erfrischenden Dusche auch noch den Komfort einer Klimaanlage. Welch ein Luxus!
Heute waren wir in der Stadt etwas einkaufen. Unter anderem einen billigen MP3-Player für die einsamen Abende und langen Nächte im Zelt. Die erste Erfahrung nach dem Auspacken war, dass der überhaupt nicht funktioniert. Ich wiederhole mich, aber es nervt einfach.