12. Mai - 12. Juni 2009
Ollanta - Ayacucho - Huaraz
Geradelte Strecke: 1771 km (Insgesamt 12852 km)
Für unsere Weiterfahrt durch Peru in den Norden haben wir zwei Möglichkeiten: 1. die asphaltierte Panamericana, entlang der nicht sehr abwechslungsreichen Küste und mit oft nervigen Fernverkehr oder 2. die Carretera de Sierra durch die peruanischen Berge, anstrengend, da überwiegend ohne Asphalt und über mehrere Pässe führend verspricht aber eine faszinierende Landschaft. Ihr könnt Euch sicher denken, für welche der Möglichkeiten wir uns entschieden haben und so liegen nun 11 anstrengende aber unglaublich interessante Tage hinter uns:
Nach unserem touristischen Abstecher nach Machu Picchu und Co. erwarten uns unsere zurückgelassenen Räder in Ollanta schon ungeduldig und wir machen uns respektvoll auf die vor uns liegenden rund 1800 km in Richtung Norden zur Küste. Die ersten 3 Tage dürfen wir noch auf Asphalt rollen, doch die erste 50 km lange ununterbrochene Bergauffahrt bringt einen ersten Vorgeschmack auf das Kommende. Doch unser körperlicher Trainingszustand ist perfekt und nachdem wir uns damit abgefunden haben, nur noch langsam vorwärts zu kommen funktioniert es auch im Kopf und wir beginnen die Strecke zu genießen. In einem ständigen Auf und Ab geht es mehrfach auf über 4000 m hinauf und anschließend wieder hinunter auf rund 2000 m. Die Landschaft ist unglaublich abwechslungsreich.
Es geht vorbei an fruchtbaren Tälern, in denen sich kleine Felder wie bunte Flickenteppiche aneinander reihen. Überall ist die Mais-, Kartoffel- und Getreideernte in vollem Gange und dies fast ohne maschinelle Hilfe. In besonders geschützten warmen Tälern herrscht eine fast tropische Vegetation und dann geht es wieder durch eine eher wüstenhafte Gegend mit vielen Kakteen. In den kühleren und kargeren Höhen trifft man dann nur noch auf kleine und große, meist buntgemischte Herden aus Schafen, Kühen, Schweinen oder Ziegen mit ihren Bewachern. Ein anderes Mal führt der Weg dann durch eine Schlucht mit beinahe senkrechten Wänden, vorbei an steilen Abgründen.
Doch mehrmals radeln wir viele Stunden hintereinander ununterbrochen über unzählige Kurven bergauf und können nach vielen, vielen Kilometern noch immer den letzten Ort aus einer Flugzeugperspektive unter uns sehen. Eine Durchschnittsgeschwindigkeit von weniger als 10 km/h ist dann an der Tagesordnung.
Die Menschen am Wegrand grüßen freundlich, wenn auch oft mit erstaunten Mienen und Kinder kommen herbeigelaufen, wenn es sich herumgesprochen hat, dass Turistas bzw. Gringos daher kommen. Dabei sind wir keine Seltenheit in dieser Gegend, denn wir treffen unterwegs auf mehrere Radler, wie schon seit längerer Zeit nicht mehr. Oft müssen wir nach dem richtigen Weg fragen, da, wie in Peru üblich, es so gut wie keine Ausschilderung gibt. Manchmal fahren wir dann eine andere Piste als geplant, kommen aber immer am richtigen Ort an. Zum Glück gibt es in Abständen von 2-3 Tagen meist größere Ortschaften mit Unterkünften und der Möglichkeit sich unter herrlich warmen Duschen den Staub abzuspülen. In Andahuaylas hatten wir allerdings das Pech, dass bis früh um 3.oo Uhr auf unserer Straße ein Fest mit recht lautstarker Musik stattfand und dadurch nicht an Schlaf zu denken war. Wir waren am Morgen echt zerknittert und haben am folgenden Abend die Ruhe in den einsamen Bergen in unserem Zelt so richtig zu schätzen gewusst. Nach 650 km Peru pur haben wir Ayacucho erreicht, eine Stadt mit vielen alten Kolonialbauten und einer wunderschönen Plaza und haben uns einen Ruhetag wohl verdient.
Weitere 940 km durch die peruanischen Berge liegen nun hinter uns. Zwischenzeitlich kamen wir etwas zügiger voran, da das Streckenprofil nicht mehr ganz so extrem war und es auch Abschnitte mit Asphalt gab. Die Landschaft blieb aber weiterhin abwechslungsreich und neben vielen kleinen Bergdörfern kamen wir auch durch einige größere Städte.
Obwohl wir oft durch abgelegene Gegenden radelten, kann man sich unterwegs recht gut versorgen. Natürlich haben wir Verpflegung für zwei, drei Tage stets dabei, doch selbst in kleinen Dörfern ist es meist möglich irgendetwas in einem kleinen Lädchen zu kaufen. Hat der Ort ein "Restaurant" wird oft mittags bzw. abends ein Menü angeboten. Bestehend aus Suppe, Hauptspeise und einem Getränk, meist Tee. Manchmal kann man die Hauptspeise auch auswählen, und das alles oft für weniger als einen Euro - increible! Manchmal kommt das halbe Dorf zum Essen, dann sind wir die Attraktion.
Kurz vor unserem Etappenziel warteten noch die zwei letzten von insgesamt etwa zehn 4000er Pässen seit Cusco auf uns. Zwischen beiden Pässen verbringen wir eine Nacht in ca. 4700 m Höhe. Diese war recht ungemütlich, nicht wegen der eisigen Kälte, denn dagegen schützen uns unsere guten Schlafsäcke, sondern wegen der dünnen Luft. Doch am nächsten Tag können wir bei Sonnenschein den letzten und höchsten Pass unserer Tour, den Abra Huarapasca mit ca. 4800 m, überqueren. Es geht vorbei an einem herrlichen Panorama von steilen, schneebedeckten Fünf- und Sechstausender der Cordillera Blanca mit dem höchsten Berg Peru's, dem 6768 m hohen Huascaran. Hinter dem Pass liegt die so sehr erwartete 300 km lange Abfahrt ans Meer vor uns. Doch zwischendurch machen wir einen Ruhetag in Huaraz, dem Mekka der peruanischen Bergsteiger.
Nach mehr als 9 Monaten auf dem Rad und hunderten Hunde-Attacken ist es nun doch passiert: Petra wurde von einem Köter gebissen. Wir glauben zwar nicht, dass er Tollwut hatte, aber unsere Wut auf Hunde ist nun ganz schön toll. Zum Glück ist mittlerweile alles gut verheilt.
Wer glaubt dass 300 km bergab fahren die reinste Freude ist, der irrt gewaltig. Zunächst können wir nach Huaraz noch eine asphaltierte Tagesetappe genießen.
Am nächsten Tag fuhren wir durch den Canon del Pato, die Entenschlucht, ein so enges Tal, dass eigentlich nur Platz für den Fluss ist. Die Piste wurde in die senkrechten Felswände gesprengt und führt durch zahlreiche Tunnel. An anderen Stellen besteht das Tal nur aus riesigen Schutthängen, dass man Angst bekommen könnte mit der Straße verschüttet zu werden. Regelmäßig muss auch die Straße von derartigem Schutt befreit werden, damit man wenigstens provisorisch durchkommt. Zwei Tage werden wir auf der echt miserablen Strecke mächtig durchgeschüttelt und kommen kaum schneller als bergauf voran.