20. Februar - 5. März 2019
Kununurra - Katherine - Alice Springs - Ayers Rock
Nach der Grenze von Westaustralien zum Northern Territority wird aus dem Greath Northern Highway der Victoria Highway, sonst ändert sich erst mal nichts. Es geht weiter durch einsames Outback. Um uns herum eine savannenartige Gegend mit mannshohem Gras und vereinzelten Bäumen. Das helle Grün und das hohe Gras sind sicher der derzeitigen Regenzeit zu verdanken, während der Trockenzeit dürfte es hier etwas anders aussehen.
Wir kreuzen zweimal den Victoria River. Eine Seltenheit bisher, dass wir in Australien mal einen richtigen Wasser führenden Fluss zu sehen bekommen. Er ist derzeit mit einer schlammig braunen Brühe prall gefüllt und überall warnen Schilder vor der Krokodilgefahr. Mit Datum ist dort vermerkt, wann man das Letzte vor Ort gesichtet hat - es ist zwei Wochen her, aber inzwischen ist es vielleicht weitergezogen, denn wir können keines sehen. Womöglich hat es ja stattdessen seinerseits uns längst entdeckt. Das kann man bei denen nie genau wissen und wir halten vorsichtshalber lieber etwas Abstand. Zwischendurch hat der Fluss auch mal ein schönes Tal aus steilen Felswänden gebildet. Das bringt dann etwas Abwechslung ins Geschehen. Doch schon bald nach dem Verlassen der Flussgegend wird es wieder flacher und eintöniger.
Nach zwei Tagen erreichen wir Katherine - was für ein schöner Name für eine Stadt. Sie selber unterscheidet sich aber nicht von den vielen zuvor gesehenen größeren Orten im Land: Es gibt die üblichen Läden, einen mehr oder weniger großen Supermarkt, paar Tankstellen und Einkehrmöglichkeiten, die üblichen Fast Food Anbieter, kleine Hotels oder Motels und ein oder zwei Caravanparks. Jeder Ort, der was auf sich hält, präsentiert natürlich eine Touristeninformation und Hinweisschilder weisen auf die "Sehenswürdigkeiten" des Ortes hin: hier ein Denkmal für den ersten Siedler, dort eine alte Lok aus vergangen Zeiten, da ein besonders alter Baum usw. Dann gibt es noch die übliche, mal mehr und mal weniger schattige Parkanlage mit Grillbereichen, Spielplatz und WC-Anlage und um alles drum herum, kleine einfache, meist einstöckige Wohngebäude ohne jeden Firlefanz, die oft aussehen, als ob sie der nächste Sturm davon wehen könnte.
Auf den Straßen hält man es in der Hitze kaum aus und in den Läden und in den anderen öffentlichen Gebäuden wird man beim Betreten schockgefrostet. Somit wird der Einkauf allerdings auch zu einer angenehm erfrischenden Angelegenheit. Wir genießen dann die kleinen Schauer, die über unsere erhitzte Haut rieseln, und zögern das Heraustreten zurück in die Hitze gern etwas heraus. Woolworth und Coles sind die Riesen unter den hiesigen Supermärkten. In weniger großen Orten übernimmt der IGA Markt, mal mit mehr und mal mit weniger gutem Warenangebot, die Versorgung mit Lebensmitteln. Auch Aldi hat es auf diesen Kontinent geschafft, allerdings ist er eher im Osten des Landes zu finden. Das Angebot in den beiden großen Supermärkten lässt nichts zu wünschen übrig. Es gibt alles, was das Herz begehrt. Auch die Preise sind human, bis auf die für frisches Obst und Gemüse, da muss man sehr auf Angebote und Saisonware achten. Überhaupt ist fast alles aus einheimischer Produktion. "100 % Australian" (oder so ähnlich) prangt auf den meisten Waren und sie sind zudem häufig mit einem unübersehbaren Gesundheitssternezeichen versehen, sodass man ständig unangenehm darauf aufmerksam gemacht, wie gesund (oder eben ungesund) man sich ernährt. Wonach die Bewertung genau geht, wissen wir nicht, aber 5 Sterne haben wir bisher auf noch keinem, der von uns gekauften Produkte gesehen. Nur maximal 4. Immerhin beruhigend, dass sogar Cola einen Stern hat. Unsere Ernährung kann also nicht ganz so schädlich sein.
Jedwedes Alkoholisches gibt es in eigenen Bottelstores. Manchmal sind sie einem Supermarkt angeschlossen. Üblich sind aber separate Läden, ähnlich unseren Getränkeläden (allerdings wird hier Alkoholfreies nur als kleines Beiwerk angeboten). Nicht selten sind Drive-In Shops, wo man dann bis vor die Tür fahren und bequem alles verladen kann. Wir haben ja schon berichtet, dass Bier hier nicht billig ist und eigentlich nur in Großpackungen erträgliche Preise hat. So gibt es in den Läden zugängliche Kühlräume, in denen sich die 24er bis 30er Packungen Büchsen oder Flaschen stapeln. Meist 300 bis 375 ml, Größeres gibt es selten. Im Norden des Landes gibt es noch eine Besonderheit dies betreffend: Diese speziellen Läden sind hier massiv gesichert. Es gibt stabile Gitter im Eingangsbereich und Furcht einflößendes Sicherheitspersonal in voller Montur überwacht das Geschehen. Man muss sich ausweisen, wenn man den Laden betritt. Beim Kauf werden wir gefragt, wohin wir fahren und der Ausweis wird gescannt. Wir sind erstaunt: Warum das? Wird hier unser Alkoholkonsum registriert oder was? Das ist ja peinlich! Irgendwann können wir auf einem Aushang lesen, dass mit dieser Regelung verhindert werden soll, dass es zu alkoholbedingten Gewalttaten, vor allem in den von Aborigines bewohnten Gegenden, kommt. Bei genauerem Beobachten bemerken wir, dass wir nur sehr oberflächlich kontrolliert werden. Bei der Kontrolle der Aborigines, die tatsächlich eifrige Kunden in diesen Läden sind, geschieht das schon genauer und es kommt auch schon mal zu eifrigem Wortwechsel. Alles in allem: ein unangenehmes und bedrückendes Gefühl für uns.
Mit Katherine ist eine wichtige Kreuzung im Outback erreicht. Hier treffen wir auf den legendären Stuart Highway, die einzige asphaltierte Straße, die mitten durch Australiens Herz führt und das Land der Länge nach durchschneidet - von Darwin im Norden, über Alice Springs im Zentrum und bis nach Adelaide im Süden.
Erst mal hat jedoch für uns die nördlicher gelegene Region um Darwin einige bekannte Nationalparks zu bieten. Doch diesmal hat die ansässige Touristeninformation nicht viele Gescheites für unsereins auf Lager - nur jede Menge Werbekram und Angebote von Touranbietern. Das hilft uns nicht wirklich weiter. Da sind wir in den anderen Bundesstaaten doch deutlich besser versorgt wurden. Unsere weitergehenden Recherchen im Internet dämpfen dann schnell unsere freudigen Erwartungen, als wir unter anderem die lange Liste der, aufgrund der Regenzeit, gesperrten Stellen im hiesigen berühmten Kakadu Park und diversen anderen Parks sehen. Wir geben vorerst unseren Plan vom ohnehin sehr teuren Besuch des Kakadu Parks auf und peilen zunächst seinen kleineren benachbarten Bruder an: Der Lichtfield Nationalpark soll der größeren Berühmtheit sehr ähnlich sein. Hier soll es zwar weniger Krokodile geben, aber dafür mehr Badeplätze und das klingt ja auch nicht schlecht, denn bei den schweißtreibenden tropischen Temperaturen ist unsere Lust auf große Entdeckungstouren ohnehin nicht sehr groß. Zudem ist sein Besuch kostenlos und so brauchen wir uns im Nachhinein nicht zu ärgern, wenn dann doch nicht alles zugänglich war.
Die erste Sehenswürdigkeit im Litchfield Park sind die "Magnetic Termite Mounds". In einem Sumpfgebiet haben Termiten ihre Bauten sehr schmal und nach Nord-Süd ausgerichtet. Obwohl wir in den letzten Wochen schon an Millionen Termitenhügeln vorbeigefahren sind, an solchen noch nicht. Gleich daneben sind noch normale Hügel, aber echt Große, bis sechs Meter hoch, prima Fotomotive. Aufwendig hat man für eine Handvoll Termitenbauten einen Laufsteg aus Aluminium und Edelstahl angelegt mit dazugehörigem Park- und Picknickareal. Man kann es auch übertreiben, wir sind hier schließlich in den Tropen und da sind Termitenhügel allerorts zu sehen.
Wir lassen uns auf einem der beiden verfügbaren Campingplätze des Parks nieder und bekommen auch mal die Vorteile der Jahreszeit zu spüren: Es gibt genug Platz für die derzeit wenigen Gäste und es geht recht ruhig und beschaulich zu. Nachdem wir uns ein nettes Plätzchen erwählt haben, stürmen wir zum nur wenig entfernten Florence Wasserfall. Auch hier eine aufwendige Aussichtsplattform über der Schlucht. Statt des Wasserfalls zieht uns aber der Naturpool darunter in den Bann. Nichts wie hinunter. Wir hatten befürchtet, dass er geschlossen sein könnte, denn am Parkeingang gab es diesbezüglich eine umfangreiche Aufzählung, jedoch können wir hier nirgends ein Verbotsschild entdecken, nur das verlockende Symbol für Badeplatz. Also nichts wie hinein in das von steilen Felswänden und dschungelartigem Flair umgebene herrlich erfrischende Nass. Es dauert, ehe wir wieder auftauchen und anschließend noch etwas durch die regenwaldartige Schlucht streifen.
Wir bleiben einen weiteren Tag im Park und besichtigen noch ein paar andere Naturschönheiten. Unter anderem die Tolmer Falls: Hier hat ein kleiner Fluss eine steile Schlucht mit Brücken in das Felsmassiv gegraben und fällt dann über eine hohe Stufe in einen kleinen See. Das Spektakel gibt es aber mal wieder nur von weit oben, von einer gewaltigen Plattform aus, zu sehen.
Die größte Attraktion des Parks ist der Wangi Falls. Leider ist auch hier nur ein Blick von der Ferne gestattet. Massive Absperrungen verhindern weitere Erkundungen. Schilder warnen vor Krokodilen - ja wenn sich wenigstens mal eines blicken lassen würde. So müssen wir mit der Betrachtung von träge in den Bäumen hängenden Flughunden vorlieb nehmen. Als wir am späten Nachmittag zum Pool an unserem Zeltplatz zurückkommen, ist dort viel mehr los, als am Tag zuvor, es ist Wochenende und so sind Viele mit Kind und Kegel zur Erfrischung herbeigeeilt. Doch es herrscht Aufbruchstimmung, denn am Himmel brauen sich dunkle Wolken zusammen und ein dumpfes Grollen tönt durchs Tal. Wir befürchten schon, dass uns wegen Flutgefahr in der Schlucht mal wieder ein Ranger zurückschicken könnte. Alles geht gut, wir haben genug Zeit für ein ausgiebiges Bad und erreichen auch noch rechtzeitig wieder unser Lager, ehe sich diesmal tatsächlich das Unwetter über uns entlädt. Nach 30 Minuten ist aber alles schon wieder vorbei und nichts als eitel Sonnenschein.
Bei der Weiterfahrt am darauffolgenden Tag können wir an den abgelegenen Robin Falls beobachten, was ein Australier an einem heißen Sommersonntag treibt (wenn er doch mal das klimatisierte Haus oder Auto verlässt): Er sitzt gemütlich, fast reglos, im Kreise seiner Lieben, mit einem kühlen Bierchen in der Hand in einem schattigen flachen Naturpool. Die Kühlbox in Reichweite, auf dem Kopf das hier obligatorische Sonnenhütchen und meist auch den Oberkörper bekleidet. Die Kinderchen sind oft in Ganzkörperschwimmkleidung gehüllt und fast genauso apathisch und bewegungslos, allerdings mit einer Chipstüte in Reichweite. Wer kann es ihnen verdenken, denn was Besseres kann man in der Hitze weiß Gott nicht tun. Wir passen uns an und machen es ihnen nach, bevor wir weiter durchs Land ziehen.
Nun soll es für uns aber mitten hinein ins Rote Zentrum des Kontinentes gehen. Vor uns liegen fast 1500 km auf dem Stuart Highway, immer geradeaus Richtung Süden bis nach Alice Springs.
Zunächst noch ein erneuter Stopp in Katherine zum Auffüllen der Vorräte. Bald darauf verschwinden die letzten landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie die vielen Termitenhügel. Die tropische Vegetation nimmt immer mehr ab. Es wird öder und trister. Es folgen viele, viele Fahrstunden durch das endlos erscheinende Outback. Wir haben nun wieder massenhaft Fliegen um uns herum, dafür sind aber wenigstens die Nächte wieder mückenfrei.
Der kleine Ort Elliot markiert etwa die Hälfte unseres Wegs, jedoch der einzige Ort von Bedeutung ist die erst nach 1000 km kommende Kleinstadt Tennant Creek. Das Tanken von Benzin und Frischwasser muss gut geplant sein. Sprit gibt es außerhalb der Orte nur in größeren Abständen in den Roadhouses entlang der Strecke.
Rastplätze gibt es jedoch häufiger am Straßenrand. Meist besteht der nur aus Picknicktischen und knallig lilafarbenen Mülltonnen (die irgendwie so gar nicht in die Landschaft passen), evtl. noch mit Toiletten, Wassertank und Schatten spendenden Dächern. Die Plätze können dann auch zum Übernachten genutzt werden (24 Stunden Camping ist fast überall gestattet) und wählerisch sollte man in dieser Gegend nicht sein. Die Nächte im Zelt sind wieder etwas angenehmer. Zwar sind die Temperaturen wieder höher, als weiter oben im Norden, doch macht die nun wieder geringere Luftfeuchtigkeit das wieder wett.
Nach drei Tagen findet sich dann aber mal ein richtig netter Übernachtungsplatz. Unser Tagesziel sind die Devils Mables - Teufelsmurmeln. Eine schöne Abwechslung zum vorherigen tristen Einerlei. Innerhalb eines kleinen felsigen Gebietes neben dem Highway liegen verstreut große erodierte Granitkugeln. Wir streifen durch das Gelände, entlang der Pfade stehen immer wieder kleine Infotafeln zur Entstehung und der Bedeutung für die Aborigines. Unmittelbar an den Felsen hat man einen netten kleinen Übernachtungsplatz angelegt. Dieses Kleinod sollte eigentlich ein Anziehungspunkt für die vorbeireisenden Ayers Rock Touristen sein. Doch zu unserer Verwunderung sind dann aber am Abend mit uns nur noch zwei weitere Autos auf dem Platz. Auch gut, so haben wir eine schöne ruhige Nacht inmitten der Felsen unter einem wiedermal überwältigend glitzernden Sternenhimmel - die Milchstraße ist direkt über uns. Noch 400 km bis Alice Springs.
Auf der Weiterfahrt passiert man Wycliff Well, "The Ufo Capital of Australia", den Ort mit den meisten UFO-Sichtungen in Australien!? Zwei Alienstatuen grüßen am Straßenrand, ein UFO können wir nicht entdecken. Na ja, man muss sich eben was einfallen lassen, um sich bekannt zu machen. Ansonsten würde die Häuseransammlung sicher im weiten Outback nicht auffallen.
Es folgen noch drei kleinere Highlights im Vorbeifahren: Zunächst überschreiten wir mal wieder den Wendekreis des Steinbocks und verlassen nun auch geografisch die Tropen (gefühlt liegen sie jedoch schon längst hinter uns), danach markiert ein Schild, dass wir den höchsten Punkt der Strecke erreicht haben. Immerhin 700 m hoch, wer hätte das gedacht und bald darauf haben wir auch die amtliche geografische Mitte Australiens erreicht.
Nach insgesamt vier Tagen auf dem Stuart Highway erreichen wir Alice Springs. Auf dem letzten Stück sieht man schon die Berge der MacDonnell Range näherkommen. Eine nette Gegend hat sich die Stadt da ausgesucht, so mitten zwischen den hohen roten Bergen. Irgendwie hat man hier nur einen kleinen staubigen Ort, umgeben von Wüste, erwartet, aber weit gefehlt. Wir durchfahren eine moderne Kleinstadt (die zweitgrößte des Northern Territory), die natürlich voll auf Tourismus eingestellt ist und alle Annehmlichkeiten für diese bietet. Auch für uns findet sich ein prall gefüllter Supermarkt mit günstigen Preisen, was wir hier in dieser abgelegenen Gegend nie erwartet hätten. Die kleinen Läden unterwegs in den Roadhouses waren hingegen so überteuert, dass wir sie wirklich nur dazu genutzt hätten, um einen bevorstehenden Hungertot verhindern zu können. Dank unseres mitgeführten Warenlagers, war dies zum Glück nicht nötig, zumal das dortige Angebot auch sehr minimal gewesen wäre. Hier können wir nun aber mal wieder richtig zuschlagen und alles auffüllen - man weiß ja nie.
Und zurecht, denn in der Stadt erwartet uns noch eine weniger gute Überraschung. Schon kurz nach der Fahrzeugübernahme in Sydney, vor nun schon mehr als 5 Wochen, bemerkten wir, dass eines der Hinterräder die Luft nicht hielt. Mithilfe eines Reifendichtmittels konnten wir bisher dieses Problem verdrängen, doch nun macht es sich offensichtlich erneut bemerkbar: Der Reifen verliert so nach und nach wieder Luft. Das fehlte noch, dass wir nun hier, mitten im Irgendwo mit einer Reifenpanne dastehen. Erst mal bleibt uns aber nur: Schnell an eine Tankstelle und Aufpumpen, so viel, wie geht. Wir verlassen mit einem mulmigen Gefühl die Stadt, sind aber dennoch froh, dem für uns momentan gar nicht mehr gewohnten quirligen Verkehr, wieder entfliehen zu können und wieder in Ruhe auf der viel einsameren Landstraße dahinrollen zu können. Nun noch weitere 450 km bis zum Ayers Rock.
Am nächsten Tag verlassen wir den Stuart Highway Richtung Westen und steuern nun auf dem Lasseter Highway die größte Touristenattraktion Australiens an. Aber wo sind sie nur alle die Abenteurer? Man merkt fast gar nicht, dass wir uns einer Besonderheit nähern. Hier müsste man ja nun auf die Anreisenden aus allen Richtungen stoßen. Doch bis auf ein paar kleine und große Tourbusse und den gelegentlichen Pkws ist der Verkehr weiterhin spärlich. Nun, uns soll es Recht sein.
Die Aufregung wächst: Wir nähern uns dem Ayers Rock und halten eifrig Ausschau: Ist er etwa schon irgendwo zu sehen? Aber zunächst irritieren uns nur ein paar andere ähnlich aussehende und nicht minder beeindruckende Tafelberge, wie der Mount Connor. Das hätte uns doch ruhig jemand sagen können, dass es hier mehrere solche Berge gibt. So verschieben wir also das große Aha-Erlebnis erst mal und verbringen zuvor noch eine Nacht im Busch.
Am nächsten Morgen, dem ersten Tag im März, gibt es aber kein Halt mehr. Schon vor 6:00 Uhr, als sich die ersten hellen Streifen am Horizont zeigen, sind wir unterwegs. Als wenig später die Sonne aufgeht, erhaschen wir dann endlich die ersten Blicke auf den Ayers Rock und nähern uns ihm zusehens. Die Sonnenauf- und Sonnenuntergangsbilder sind natürlich sein Aushängeschild und so sind die Öffnungszeiten des Nationalparks auch darauf abgestimmt. Wir erwerben für 25 AUS$/Person (etwa 15 €) ein drei Tage gültiges Eintrittsticket und stehen kurz darauf auf dem Parkplatz am Fuße des berühmten Berges.
Man kann auf das Plateau hinaufsteigen. Eine ausgetretene Spur führt steil über den glatten Felsen hinauf. Es warten schon Einige, denn, wie angegeben, wird pünktlich um 7 Uhr, der Zugang geöffnet. Es ist jedoch vermerkt, dass aufgrund der zu erwartenden Hitze von über 36 °C, der Weg bereits um 8:00 Uhr wieder verschlossen wird. Das reicht uns jedoch. Schon auf den ersten Metern beginnt eine recht steile Kraxelei. Hier will man wahrscheinlich die Fähigen von den Unfähigen aussortieren. Später hilft aber eine massive Kette bei der weiteren Kletterei. Und ja, es sieht schon etwas luftig und unheimlich aus, wie sich die Kette über den glatten Felsen nach oben zieht und anstrengend ist der Aufstieg auch. Irgendwann wird die Steigung aber geringer und die Kette endet. Wir sind schon fast auf der Hochfläche angekommen und der Ausblick ist grandios. Nun bilden aber einige Rinnen die Schwierigkeit, da kurze Passagen steil hinunter und wieder hinauf durchklettert werden müssen. Auf dem Gipfel steht dann nur ein großer Stein mit einer Bronzetafel, worauf die Namen und Entfernungen aller Berge bis zum Horizont erklärt sind. Beim Rundblick hat man das pure Australien unter sich: Eintönigkeit in absoluter Vollendung. Nur die Fliegen, die einem unten den Tag zur Hölle machen, gibt es hier oben nicht und ein starker Wind sorgt für eine erträglichere Temperatur.
Der Ayers Rock, oder auch Uluru - wie er in der Sprache der Ureinwohner heißt, ist für die Aborigines ein heiliger Ort und wir hoffen darauf, dass ihre Götter unseren Besuch gnädig akzeptieren mögen. Wir wollen sie auch nicht länger stören und machen uns sogleich wieder an den Abstieg. Als wir wieder die herabführenden Ketten erreichen, bricht der Strom, der uns Entgegenkommenden ab. Es ist 8:00 Uhr und der Zugang ist für diesen Tag schon wieder verschlossen.
Nach einer kurzen Pause machen wir uns erneut auf die Socken und umrunden den Berg. Auf einem reichlich 10 km langen Pfad geht es am Fuße des Berges dahin. An ein paar Stellen führen Abstecher in kurze Seitentäler: zu Höhlen, in denen früher Aborigines gelebt haben, zu einem ausgetrockneten Wasserfall mit kleinem Pool am Grund und vorbei an einer kleinen Steinwelle. Hier sind noch Parkplätze in der Nähe und die Orte gut besucht. Auf dem restlichen Weg ist man ziemlich allein. Der Felsen ist nicht überall so glatt geschliffen, wie am Aufstieg. Es gibt auch einige zerklüftete und zerlöcherte Bereiche an den Flanken. An manchen Stellen könnte man glauben, dass der Berg hohl wäre. In einigen Gebieten gibt es aus Rücksicht auf heilige Stätten ein Fotografierverbot. Obwohl es absolut eben dahin geht, stöhnen wir sehr unter der immer höher steigenden, nun prallen Sonne.
Ab 11:00 Uhr werden auch die Zugänge zum unteren Wanderweg gesperrt. Wahrscheinlich will man so evtl. nötige und aufwendige Bergungsaktion von Hitzeopfern vermeiden. Die Verhaltensmaßregeln bei großer Hitze gibt es überall zu lesen und schon am Parkeingang bekommt man beim Kauf des Tickets ein umfangreiches Merkblatt in die Hand gedrückt. Sogar in der entsprechenden Sprache. Wie man sich allerdings der riesigen Scharen von nervenden Fliegen erwehren kann, ist nirgends beschrieben. Die scheinen hier beim Anblick von unsereins regelrecht durchzudrehen und belagern einen in dichten Schwärmen. Ohne Fliegennetz ist es einfach unerträglich, denn ihr Hauptziel sind die Augen sowie Nase und Mund und das hält man einfach nicht aus. Nicht nur wir sind die Geplagten, nein, die helfenden Netze gehören hier zur Standardausrüstung der meisten Besucher. Mathias findet es allerdings uncool damit zu wandern und muss nun mehr leiden.
Nach drei Stunden auf dem Rundweg sind wir echt froh wieder am Auto zu sein. Der am Morgen noch gut belagerte Parkplatz ist nun wie leer gefegt. Wir umrunden noch mal bequem im Auto den Berg und auch der restliche Park wirkt verlassen. Unglaublich, dass wir uns hier noch immer in einem touristischen Hotspot des Landes befinden. Wir pausieren erst mal im klimatisierten Visitor Center vor einem Videofilm über die Naturschönheiten Zentral Australiens und bestaunen Unmengen von den Aborigines gemalten, traditionellen Punkt-Kreis-Linien Bildern (Fotografieren verboten!). In einer Werkstatt kann man einer Handvoll der Künstler zusehen. Petra findet es ganz hübsch, Mathias hingegen, der alte Kunstbanause, kann sich gar nicht dafür begeistern.
Doch auch hier im Park entgeht es uns nicht, dass ansonsten die eigentlichen Besitzer des Gebietes kaum in Erscheinung treten. Wo sind sie, die lachenden, verwegen geschminkten, einzigartigen Gesichter, die auf den Reisebroschüren und Plakaten prangen. Ob nun im Management des Parkes, beim Verkauf, als Ranger oder Tourenführer - wir haben sie nicht entdeckt. Die Ausstellung im Center beschäftigt sich hingegen fast nur mit dem Leben der Ureinwohner früher und heute und wie toll es ist, dass man ihnen dieses Land zurückgegeben hat. Bis zum tatsächlichen "Alles Friede-Freude-Eierkuchen" dürfte es aber noch ein langer Weg sein - ein sehr langer.
Nun geht es noch zu zwei weiteren Aussichtspunkten. Riesige Parkplätze stehen bereit, um hier Besuchermassen einen Fernblick auf den Felsen zu offerieren. Doch ein Ansturm ist wahrscheinlich nur am Morgen bzw. Abend zu erwarten. Jetzt am Nachmittag stehen wir hier fast allein.
Der Park selber bietet keinerlei Übernachtungsmöglichkeiten. Nur in einem einige Kilometer entfernten Touristenresort findet man eine entsprechende Infrastruktur und dort sammelt sich dann auch alles, was länger, als einen Tag in der Gegend verbringen will. Nachdem wir uns jedoch dort mit einem Beutel Eis für die Kühlbox versorgt haben - der Drang nach schönen kühlen Getränken ist nach einem so heißen Tag natürlich wieder gewaltig, ziehen wir es vor, uns abermals einen abgelegenen ruhigen Platz im Busch zu suchen. Diese Idee haben wahrscheinlich auch andere, denn mehrere Fahrspuren führen zu diesem Zwecke zu von der Straße abgelegenen Plätzen. Wenn nur die Fliegen nicht so nerven würden - wir sind fast am Verzweifeln, das Essen wird zu einer fast nicht zu beherrschenden Herausforderung und wir sehnen uns den erlösenden Sonnenuntergang fast flehend herbei.
Zum Glück ist dieser schon recht zeitig, so gegen 19:00 Uhr, und eine ausreichende Nachtruhe garantiert, denn am nächsten Morgen sind wir abermals noch vor den Fliegen auf und fahren erneut bei Sonnenaufgang in den Park. Doch die Biester sind schneller und als wir ankommen, werden wir von ihnen schon wieder heftig bestürmt. Es ist zum Verrücktwerden.
Schon am Vortag haben wir einen schönen Blick vom Ayers Rock über die kahle Ebene auf die benachbarten ebenfalls eindrucksvollen Felsen, des etwa 50 km entfernten Mount Olga, bzw. des Kata Tjuta, wie die Aborigines ihn nennen, gehabt. Diese sind nun heute unser Ziel. Der Anblick dieser Bergformation im aufgehenden Sonnenlicht erscheint uns fast noch mehr zu beeindrucken, als der des Ayers Rocks.
Auf dem Parkplatz am Beginn des Wanderweges durch das "Valley of the Wind" starten schon die Ersten und auch wir machen uns unverzüglich auf den knapp 8 km langen Weg, denn auch dieser wird in wenigen Stunden bereits wieder gesperrt sein. Er führt recht steinig zwischen der Bergansammlung durch eine enge Schlucht. Diese ist nicht wirklich groß, wird aber durch schöne, gewaltig hohe Felswände flankiert und es ist tatsächlich etwas windig - besteht der Name des Tals also zu Recht. In einem Bogen geht es durch Buschland wieder zurück zum Parkplatz.
Der zweite Weg im Gebiet führt nur enttäuschend ein kurzes Stück in eine weitere Schlucht, zur "Walpa Gorge" und zu einer Aussichtsplattform vor steilen Wänden. Und das war es dann auch schon an Unternehmungsmöglichkeiten im Gebiet. Auf der Rückfahrt gibt es noch einen großen Aussichtspunkt mit Panoramablick gleichzeitig auf die beiden hiesigen Berühmtheiten, den Ayers Rock und die Kata Tjuta Felsen und damit ist unser Besichtigungsprogramm im berühmten Roten Herz Australiens beendet und wir verlassen den National Park endgültig.
Unser Fazit: Es ist schon ein überwältigendes Gefühl, hier vor Ort zu sein, so oft hat man schon davon gehört und sehnsuchtsvoll Berichte studiert. Doch ein Wehmutstropfen bleibt: Dieses moderne Touristenleben - mit dem Auto von Viewpoint zu Viewpoint, ein kurzer Stopp, ein Schuss mit der Kamera und dann weiter, immer schön auf genau geplanten und vorgegebenen Pfaden, kaum Möglichkeiten, um wirklich auf Entdeckungsreise zu gehen - das ist nicht das, was wir erwarten und uns gefällt. Doch offensichtlich ja nicht nur hier sondern im ganzen Land verbreitet. Schade!
Es geht nun wieder zurück zum Stuart Highway. Von hier geht es nur nach Süden oder Norden. Um weiter Richtung Osten zu gelangen, bleibt uns nun nichts weiter übrig, als zunächst die vielen, vielen Kilometer auf dem gleichen Weg zurück in den Norden zu brausen.
Wieder durch Alice Springs - zurück über den Wendekreis in die Tropen - vorbei an den Teufelsmurmeln - und durch Tennant Creek. Drei Tage später ist in dem kleinen Ort mit dem sehr treffenden Namen Three Ways (Drei Wege) der Abzweig erreicht. Damit richtet sich unsere Fahrt nach dem langen Abstecher zum Ayers Rock nun endgültig nach Osten und dann weiter zurück in den Süden. Hoffentlich können wir mit diesem Schlenker auch die blöden Fliegen abhängen. Einen weiteren Tag später verlassen wir ganz unspektakulär (ohne eine gefürchtete Quarantänekontrolle) das Northern Territory und passieren die Grenze nach Queensland. Die erste sichtbare Veränderung in dem Einerlei des Outbacks: Die Mülltonnen auf den Rastplätzen sind nun nicht mehr einheitlich quietschlila, sondern präsentieren sich von Platz zu Platz in unterschiedlichen Farben.
Unseren Problemreifen können wir momentan noch mit regelmäßigem Aufpumpen und einem erneuten Schuss Reifendichtmittel bei Laune halten. Hoffentlich hält er durch - oder noch besser dicht!