Guatemala

24. Dezember 2019 - 14. Januar 2020bikeroute

Melchor de Mencos - Yaxha - Tikal - Flores - Bethel

Geradelte Strecke: 347 km (Insgesamt 1816 km)

Am Weihnachtsabend steigt auch bei uns die Aufregung. Nein, nicht etwa wegen der bevorstehenden Bescherungszeit, sondern aufgrund des nun folgenden Grenzübertritts nach Guatemala. Zugegeben: Wir sind etwas verunsichert. Nicht gerade wenig Gutes haben wir in den Medien über das Land erfahren, vor allem, was die Sicherheitslage betrifft. Jedoch konnten wir auch viele positive, ja geradezu erfreuliche Erfahrungen anderer Reisender finden und so wollen wir uns nun doch selber ein Bild von diesem Land machen. Auch Mexiko und Belize hatten im Vorfeld einige Schattenseiten aufzuweisen und dennoch hat es uns in beiden Ländern super gefallen und wir haben uns dort rundum wohlgefühlt. Also wagen wir es.

Die Grenzkontrollen verlaufen erfreulich reibungslos. Man muss wieder in ein extra Abfertigungsgebäude und schnell sind wir dort die fällige Ausreisesteuer von je 40 Belize-Dollar (etwa 18 €) los - diesmal auch ganz offiziell, mit Quittung - und zack haben wir den Ausreisestempel. Wir werden später noch erfahren, dass diese Gebühren in Zentralamerika notwendige Maßnahme sind, um so durch den Tourismus ein paar Einnahmen in die Staatssäckel zu spülen. Viele Gelder, die die Reisenden für Unterkunft und Verpflegung in den Ländern lassen, landen viel zu oft unversteuert in dunklen Taschen. Jedoch sind die Länder auf diese Abgaben dringend angewiesen, um so die nötige touristische Infrastruktur, wie zum Beispiel auch den Straßenausbau zu ermöglichen. Also hoffen wir mal, dass unser Geld diesmal gut angelegt wird und nicht auch irgendwo verloren geht, wie wir das ja mit der bezahlten Gebühr an der Grenze von Mexiko befürchten.

Vorbei an der zollfreien Zone geht es zum nahen guatemaltekischen Abfertigungsgebäude und genauso schnell gibts dort den neuen Einreisestempel - und diesmal sogar ohne Ausfüllen von ellenlangen Formularen. So unkompliziert dürfen wir nun 90 Tage in Guatemala bleiben und zudem erwarten uns diesmal bei der Ausreise auch keine der sonst üblichen Tourismusgebühren, alles in allem, ein erster positiver Eindruck vom Land.

Wir radeln hinein ins Zentrum des kleinen Grenzortes Melchor de Mencos. Allerhand los auf der Straße, viele kleine Läden und Imbissbuden entlang des Straßenrands. Man hatte uns zuvor gewarnt, dass an diesem Tag viel los sein würde, denn das bevorstehende Weihnachtsfest lässt einige Belizer schnell noch mal ins nahe und kostengünstigere Nachbarland zum Einkaufen ziehen. Das ist scheinbar überall auf der Welt das Gleiche. Kaum naht ein Feiertag, werden in letzter Minute noch mal die Läden gestürmt. Dennoch fühlt es sich für uns nur, wie das geschäftige Treiben an einem ganz normalen Wochentag an. Zudem kann man sich auch nicht recht vorstellen, was eine Einkaufsfahrt hierher lohnend machen sollte. In einem kleinen Einkaufszentrum, dessen Läden zwar alle geschlossen sind, finden wir eine, von bis zu den Zähnen bewaffneten Sicherheitspersonal, gut bewachte Bank mit Geldautomat. Wir erstehen die ersten Guatemaltekischen Quetzal.  Nun muss man sich schon wieder an neues Geld und einen neuen Kurs gewöhnen. Mit vollem Geldbeutel schauen wir uns etwas genauer um und finden tatsächlich einen größeren supermarktähnlichen Laden und sind begeistert. Also nicht, dass wir in den reichlich zwei Wochen in Belize hungern mussten, aber das Angebot hier und insbesondere die Preise lassen unsere Augen strahlen, wie die von Kindern unterm Weihnachtsbaum.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Mit vollen Taschen und dem Festtagsbraten in Form eines Broilers, streben wir unsere gebuchte Unterkunft an. Sie liegt gleich am Grenzübergang am  Río Mopan. Der Besitzer spricht zu unserem Erstaunen deutsch und führt uns durch das weitläufige Anwesen zum Zimmer. Davor steht eine große Holzveranda auf Stelzen direkt über dem Fluss, welcher jedoch von dichtem dschungelartigen Grün verborgen ist und in dem allerlei herum kreucht und fleucht. Am meisten jedoch sind es die geflügelten und etwas aufdringlichen Haustiere des Besitzers. Eigentlich ein nettes Plätzchen, doch die Ausstattung ist eher etwas dürftig. Das lässt uns aber den Weihnachtsabend nicht vermiesen und wir richten uns, so weit es geht, gemütlich ein. In Deutschland ist der Abend schon fast vorbei und so gehen schnell noch ein paar Grüße mit der Familie und Freunden hin und her. Schon den ganzen Tag wird in den Straßen geböllert und herumgeknallt. Überall wurde das dafür notwendige Equipment angeboten, welches oftmals sehr handgemacht und provisorisch wirkte. Um Mitternacht findet dann das sylvesterartige Feuerwerksspektakel seinen Höhepunkt - tja, hier wird der Geburtstag des Jesuskindes eben sehr zünftig gefeiert - nichts von wegen: Stille Nacht und so. Erinnerungen an das Weihnachtsfest vor nun schon 11 Jahren in Argentinien werden wach, als wir diese Tradition das erste Mal erlebt haben.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Wir verbringen den folgenden Feiertag ganz entspannt in unserer "Dschungel"-Lodge. Auch im Ort und am Grenzübergang geht es heute viel ruhiger zu. Man erholt sich eben von den mitternächtlichen Feierlichkeiten. Dennoch haben einige wenige Läden geöffnet und für die Versorgung mit gekühlten Festtagsbier ist somit gesorgt und das noch dazu, im Gegensatz zu Belize zuvor, wieder mit schmackhaften Preisen.

Der Vermieter unserer Unterkunft, kann unsere Ängste vor Guatemala gar nicht verstehen: "Hier ist es auch nicht gefährlicher als anderswo!" Ermahnt uns aber, vorsichtig zu sein. Was nun wiederum auch nicht wirklich viel beruhigender klingt. Wir treffen also ein paar mehr Vorsichtsmaßnahmen, als sonst: Verteilen Geld und anderes Wichtiges an allen möglichen Stellen unserer Räder. Doch viel Auswahl ist da ja nicht und eigentlich ist es immer noch alles recht kompakt beisammen. Dann sagen wir uns: Recht hat er! Gefährlich kann es überall auf der Welt werden, sogar auf dem heimatlichen Striezelmarkt und da gehen ja trotzdem alle hin. Also starten wir nun mit Zuversicht unsere Reise durch Guatemala.

Beim Verlassen des Grenzortes lässt der Verkehr immer mehr nach und das ist auch gut so, denn die Straße ist nicht besonders breit und hat auch keinen Randstreifen. Immer leicht auf und ab geht es vorbei an, vereinzelt mit Palmen bestandenen, Weideland. Hier und da ein paar magere Kühe. Was ist los, schmeckt denen das grüne Zeug hier nicht? Sieht doch eigentlich danach aus, als ob es für alle genug zu fressen gäbe.

oe6 3 1 oe6 3 1Nach 30 km kommt unser Abzweig zu unserem ersten größeren Ziel im Lande: Wir wollen zur Mayastätte Yaxha. Nun geht es nur noch auf einer Piste weiter, die teilweise sehr ausgefahren und holprig ist und auch einige schweißtreibende Anstiege hat. Bei Regen sollte man hier definitiv besser nicht unterwegs sein. Doch momentan ist alles trocken und so rumpeln auch ein paar wenige Autos vorsichtig vorbei und, meist auf Mopeds, einige Bewohner der wenigen Hütten am Wegesrand. Wir fahren immer weiter hinein in den Dschungel. Links und rechts des Weges nur noch dichter Busch. Dann erspähen wir durch eine lichte Stelle in den Baumwipfeln auf einem Hügel die Spitze einer Pyramide. Ups, das ist aber weit oben, hoffentlich müssen wir die Höhenmeter nicht auch noch mit dem Rad bezwingen. Es geht nur langsam vorwärts und es dauert eine gefühlte Ewigkeit, ehe wir eine große Lagune mitten im Regenwald erreichen und endlich die holprigen reichlich 10 km bis zum Eingang des Parkes bezwungen haben.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Der Einlassbereich wirkt noch ziemlich neu und etwas überdimensioniert. Der Park bietet für Übernachtungen eine Zeltmöglichkeit an. Am Ufer einer weiteren Lagune, nahe der Ruinenanlage, hat man dazu auf Stelzen fünf, mit Palmenblättern gedeckte, Holzplattformen errichtet. Palapas nennt man diese luftigen Hütten hier. Wie idyllisch ist das denn - zelten mit Ausblick!? Leider müssen wir auf ein Bad im See verzichten. Schilder warnen vor Krokodilen und es wäre vielleicht unklug, dies zu ignorieren. Nun ja, die vorhandenen simplen Outdoor-Duschen sind auch nicht schlecht. Am Abend sind dann alle "Häuschen" belegt, meist von einheimischen motorisierten Touristen, wie sich unschwer an den farbigen Armbändern erkennen lässt. Hier ist es oft üblich, beim Einlass zu irgendwelchen Highlights den Besuchern reißfeste Papierbänder am Handgelenk zu befestigen. Unsere tragen dann stets die Aufschrift: Extranjeros - Ausländer und auch die Farbe unterscheidet sich von denen der Einheimischen. Dass sich natürlich auch die bezahlten Eintrittsgebühren unterscheiden, hatten wir ja schon erwähnt.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Am nächsten Morgen machen wir uns auf zur Besichtigungstour. Die Anlage ist sehr weitläufig und mitten in einem verhältnismäßig lichten Tropenwald. Auf einem Hügel gibt es eine Aussichtsplattform mit einem tollen Rundumblick. Die Ruinen unter uns verstecken sich jedoch im Blätterwerk, bis auf zwei, die über die Wipfel herausragen. So nach und nach erkunden wir die, von den Mayas vor einer Ewigkeit erschaffenen und besiedelten Plätze und die davon zurückgebliebenen Ruinen, steigen auf jede begehbare Pyramide und andere "Steinhaufen", über steile Steinstufen oder eigens für die Besucher geschaffene Holztreppen. Oft sieht man große bewachsene Erdhügel mit steilen Hängen, die kaum natürlichen Ursprungs sein können. Also müssen überall noch andere, nicht freigelegte Pyramiden darunter sein. Wir sind fast allein in dem parkähnlichen Waldgebiet. Erst später sind noch ein paar weitere kleine Gruppen unterwegs. Aufgrund der schlechten Zufahrt finden nur wenige Individualtouristen den Weg hierher und damit scheint die Anlage bisher noch vom richtig großen Besucheransturm verschont. Also: Um größere Maya-Ruinen mal fast ganz für sich allein zu haben, ist man hier wahrscheinlich goldrichtig. Wir sind jedenfalls beeindruckt. Allerdings so allein sind wir dann doch nicht, denn rings um uns stimmen immer wieder Gruppen von Brüllaffen ihre lautstarken Konzerte an. Wenn man nicht wüsste, dass die Verursacher ungefährliche und harmlose Wesen wären, dann könnte einem schon etwas gruselig werden. Zusehen bekommt man sie kaum, höchstens mal als dunkle Schatten hoch oben im dichten Blätterwerk der Bäume.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Schon zwei Tage später steuern wir das eigentliche Maya-Highlight Guatemalas an. Nach einer Übernachtung in La Remate am Lago Petén Itzá, geht es nun nach Tikal. Diesmal bringt uns eine gut ausgebaute Asphaltstraße hinein in den Dschungel. Anders wäre der Besucheransturm wahrscheinlich auch nicht zu bewältigen. Zudem ist Sonntag, noch dazu mitten zwischen den Feiertagen, und es scheint besonders viel los zu sein. Gleich zum Anfang müssen wir einen richtig kräftigen Anstieg über 200 Höhenmeter bezwingen, er will und will kein Ende nehmen. Der Rest ist dann ein ständiges Auf und Ab mit noch ein paar kleineren Hügeln. Nach etwa 20 km erreichen wir den Eingang des Ruinengeländes. Vor dem imposanten Eingangstor stauen sich die Autos. Die Abfertigung, insbesondere der Kassenbereich, wirkt dagegen irgendwie provisorisch und nicht, als ob wir nun eines der größten Sehenswürdigkeiten des Landes betreten. Doch noch sind wir ja auch noch gar nicht da, denn der eigentliche Ausgrabungsort liegt noch mal weitere 15 km entfernt. Ab jetzt verläuft die Straße durch unberührten Wald. Viele Schilder warnen vor kreuzenden Tieren, doch zu sehen ist nichts, nicht einmal ein Rascheln ist zu hören. Bei Ankunft auf dem Parkplatz wird bei allen Autos der Zeitstempel auf den am Eingang erworbenen Tickets überprüft, um sicherzustellen, dass auf der Hinfahrt keiner die erlaubten 40 km/h überschritten hat. Uns lässt man ungeprüft durch. Herrje, sehen wir tatsächlich so langsam aus?

Die große Wiese des Campingplatzes ist total mit Autos zugeparkt, wahrscheinlich reichen heute die eigentlichen Parkplätze für den Besucheransturm nicht aus. Zelten will dagegen wohl niemand, denn die am Rand der Wiese stehenden ebenerdigen Palapas, sind unbenutzt. Wir suchen uns eine aus, die am weitesten vom laut tuckernden Stromaggregat entfernt ist. Als am Abend die Tagesbesucher den Park verlassen, kehrt Ruhe ein und nun bekommt man auch zu spüren, dass im Dickicht um uns herum doch Leben herrscht. In der Nacht erklingt das Gebrüll der Affen umso schauriger, regelrecht unheimlich.

Am nächsten Morgen stehen wir deutlich zeitiger auf, als gewohnt, um somit die Chance zu haben, in den frühen Morgenstunden, noch vor dem Besucheransturm, in den Ruinen etwas mehr Ruhe zu haben. Nachdem wir die obligatorischen Armbänder bekommen haben, ziehen dennoch schon einige weitere Besucher mit uns durch den Wald. Auch hier muss man gut zu Fuß sein, denn auch dieses Gelände ist sehr weiträumig.

Viel zu sehen gibt es erst mal nicht, denn noch liegt dichter Nebel über allem. Doch auch das hat irgendwie seinen Reiz und verleiht den Ruinen etwas Mystisches. Gerade als wir befürchten, dass womöglich der ganze Tag so trübe bleiben könnte, reißt die Wolkendecke auf und die Sonne kommt hervor. Es kommen zusehends immer mehr Besucher. Fast den ganzen Tag sind wir nun unterwegs, durchstreifen auf großen und kleinen Wegen die Anlage und steigen treppauf und treppab auf alle begehbaren Pyramiden. Auch wenn es nicht wirklich viel Neues zu entdecken gibt, ist Tikal dennoch eindeutig der Höhepunkt unserer bisherigen Maya-Ruinen-Besichtigungen. Wie die vielen gut erhaltenen und echt steilen Pyramiden durch das Blätterdach des Dschungels aufragen, hat schon etwas Einzigartiges. Am Nachmittag haben wir von dem anstrengenden Auf und Ab und von alten Gemäuern aber echt genug und kehren zum Zeltplatz zurück. Heute parken zwar deutlich weniger Besucherautos im Gelände als gestern, doch füllt sich am Abend der Campingplatz dagegen so weit, dass die Palapas nicht ausreichen. Gut, dass wir uns unsere gesichert haben, doch eigentlich nur für eine Nacht .... Wir stellen uns einfach ahnungslos und hoffen, dass es nicht auffällt. Und es fällt nicht auf. Somit ist der bezahlte Übernachtungspreis von 100 Quetzal, knapp 12 €, für zwei Nächte sogar ausgesprochen günstig.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Den letzten Abend des Jahres verbringen wir dann im Touristenort El Remate, im selben kleinen Zimmerchen, in dem wir schon eine Nacht auf dem Weg nach Tikal übernachtet haben.

Angesichts dessen, dass wir dieses Jahr in Neuseeland begonnen haben, ist 2019 ein echt langes Jahr für uns geworden. Immerhin 19 Stunden länger als normalerweise. Und trotzdem ist die Zeit mal wieder unheimlich schnell verflogen. Begonnen hat es mit den unvergesslichen Erlebnissen in Neuseeland und Australien. Der Sommeraufenthalt in Deutschland war dann zwar leider geprägt von einigen gesundheitlichen Missständen, dennoch konnten wir auch da, viele schöne Momente mit der Familie und Freunden genießen und Gott sei dank, auch weiter an unseren Reiseplänen schmieden und so, das Jahr, nun quasi am anderen Ende der Welt, in Zentralamerika und mitten in neuen Abenteuern, beenden. Wir sind gespannt, was uns in 2020 erwarten wird, und sind bereit für weitere schöne Erlebnisse.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Die Guatemalteken begrüßen das neue Jahr mit lautstarkem Geballer, wie wir es ja schon vom Weihnachtsabend gewöhnt sind. Den Neujahrstag verbummeln wir dann auf einem Campingplatz eines etwas abgelegenen Hotels am Seeufer.

oe6 3 1Dort lernen wir den jungen amerikanischer Backpacker Scott kennen, der uns um ein Interview für ein Projekt bittet. Hoffentlich ist er nicht enttäuscht, denn es ist nun mal so, dass wir nicht zu den Leuten gehören, die das Reisen mit irgendeinem philosophischen Hintergrund angehen. Wir sind unterwegs, weil uns das Reisen einfach Spaß macht, interessant ist, wir die Welt kennenlernen und etwas Abenteuer haben wollen. Nicht, weil wir in höhere geistige Bereiche aufsteigen, oder gar die Welt retten wollen - auch wenn wir nichts dagegen hätten, wenn es dennoch so wäre. Schwierig, das in wenigen Worten zu erklären und zudem nicht in der Muttersprache. Dennoch war die Bekanntschaft mit Scott eine nette und interessante Begegnung und vielleicht hören wir ja noch mal was von ihm.

Nun geht es nach Flores, dem wohl bekanntesten Anlaufpunkt für Touristen hier im Norden des Landes. Flores liegt auf einem kleinen Inselchen im See Petén Itzá, die durch einen etwa 500 m langen künstlichen Damm, über den ein schmales Sträßchen führt, mit dem Festland verbunden ist. In unserem gebuchten Gasthaus bekommen wir ein zwar einfaches und etwas abgewohntes Zimmerchen, doch der Blick von unserem eigenen kleinen Balkon über den See ist besonders am Morgen bei Sonnenaufgang toll. Leider wird es aber nicht viele Sonnenaufgänge zusehen geben, denn in den folgenden Tagen hängt der Himmel überwiegend voller Wolken und hin und wieder regnet es sogar.

oe6 3 1Die meisten Besucher kommen nach Flores, um von hier die verschiedenen nahe gelegenen Maya Ruinen, allen voran natürlich Tikal, aber auch andere Naturspots zu erkunden. Der kleine bunte Ort bietet alle Annehmlichkeiten, die man als Reisender so schätzt. Es gibt überall in den Straßen und Gassen kleine Hotels, Restaurants, Cafés, die verschiedensten Läden und natürlich ausreichend Touranbieter. Auch wir fühlen uns hier wohl und entschließen uns kurz entschlossen ein paar Tage länger im Ort zu bleiben. Petra wird nun während dieser Zeit Sprachunterricht nehmen in der Hoffnung, ihr Spanisch etwas verbessern zu können. Derweil sie nun am Vormittag fleißig mit Wendy die spanische Grammatik übt, brütet inzwischen Mathi über der weiteren Reiseplanung.

Nach drei Tagen müssen wir unser Zimmer wechseln und wohnen nunmehr im Inselinneren. Nun ist zwar der Ausblick nicht mehr so schön, dafür aber die Ausstattung tipptop: alles noch sehr neu und blitzeblank.

An den Nachmittagen durchstreifen wir die Gassen des Ortes, wobei wir schon nach kurzer Zeit fast jeden Winkel gesehen haben, denn die Insel ist wahrlich nicht groß. Es dauert höchsten 20 Minuten zu Fuß und man hat die Insel entlang ihrer äußersten Uferstraße umrundet. Diese Straße ist eine Einbahnstraße und so tuckern alle motorisierten Gefährte immer schön entgegen der Uhrzeigerrichtung um die Insel herum, egal, an welcher Inselseite, das eigentliche Ziel ist. Die kleineren Straßen im Inselinneren sind natürlich stets auch nur in einer Richtung befahrbar, zudem sehr eng, häufig auch mit holprigem Kopfstein gepflastert und oft steil. Da am Tag viele Besucher zu den umliegenden Highlights unterwegs sind, geht es dann in den Gassen recht beschaulich zu. Hier reihen sich kleine und große Häuschen dicht gedrängt aneinander und allesamt sind kunterbunt angestrichen. Am Abend wird es in den Gassen dann schon lebhafter. An die Uferpromenade kommt man den Sonnenuntergang besichtigen, soweit es denn einen gibt, und die hungrigen Touristen streben den zahlreichen Restaurants zu.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Flores liegt auf einem natürlichen Hügel, auf dessen "Gipfel" sich die örtliche Kathedrale und der zentrale Platz des Ortes befinden. Von hier hat man auch einen schönen Ausblick auf den See. Während wir in dem Städtchen weilen hat man auf dem Platz zahlreiche Buden und eine Bühne aufgebaut - es gibt mal wieder was zu feiern. Was genau, können wir nicht erfahren. Wahrscheinlich wird aber wieder mal eine Schutzheilige verehrt. Andererseits wird uns erklärt, dass Mitte Januar nach dem Ende der großen Schulferien hier in Guatemala das neue Schuljahr beginnt, was ebenfalls gefeiert wird. Tagsüber halten sich jedenfalls die Feierlichkeiten zurück, es gibt nur regelmäßig ein paar kleine Umzüge durch die Straßen, natürlich mit lauter Musik und vielen lauten Böllern. Am Abend wird es auf dem Festgelände etwas lebhafter, aber so lange wir vor Ort sind, passiert auch da nicht viel mehr. Wahrscheinlich startet das Event erst zu so später Stunde, dass wir dann schon längst im Bett liegen. Doch seltsamerweise ist in unserem Zimmer, das in der Nähe liegt, nicht viel davon zu hören, außer dem gelegentlichen Rumgeknalle. Ja, hier scheint man Feuerwerk zu lieben.

oe6 3 1An einem der sonnigeren "schulfreien" Tagen lassen wir uns von einem der kleinen Boote nach San Miguel auf die gegenüberliegende große Halbinsel übersetzen und besteigen dort einen Hügel samt hölzernem Aussichtsturm. Von hier hat man einen tollen Blick auf Flores und den See. Danach bestaunen wir in dem mondänen Museum "Die Welt der Maya" verschiedene Ausgrabungsfunde aus der Umgebung. Wir können es nicht glauben: Der Eintritt ist frei. Doch was uns allerdings noch mehr verwundert ist die Tatsache: Wer um Gottes willen ist den auf die Idee gekommen in diesen abgelegenen Winkel ein derartiges Ausstellungsprojekt zu errichten. Wir sind die einzigen Besucher in den hallenartigen Räumen, in denen die Vitrinen regelrecht verloren wirken. Da kann man nur den Kopf schütteln.

oe6 3 1 oe6 3 1Wenn man von Flores aus über den Damm hinweg das Seeufer erreicht, erwartet einen dort ein ganz anderes, das authentischere Guatemala. Der dortige Ort Santa Elena scheint so gar nicht viel gemeinsam mit seinem nahen touristischen Nachbarn zu haben. Er ist viel größer, geschäftiger und lauter. Sehenswert ist er nicht unbedingt. Wir durchstreifen den hiesigen Markt, auf dem es wiederum, mal abgesehen von dem dortigen hektischen Bushalteplatz, erstaunlich entspannt zugeht. Petras Sprachlehrerin meint, dass es nur immer Anfang Januar in dem Marktviertel so ungewöhnlich ruhig ist. Das große Feiertagsgeschäft ist vorbei und nun warten die Händler gelangweilt auf Kundschaft: "Adelante, Adelante!" (Herbei!) - "Que buscas?" (Was suchst du?) Die Menschen sind freundlich und auch nicht aufdringlich. Doch wir brauchen nichts, lassen uns nur an einem der Essensstände einen schönen kalten Erdbeer-Licuados schmecken. Diese frischgepressten mit Wasser oder Milch verdünnten Fruchtsäfte sind in diesem Teil der Welt sehr verbreitet, lecker und herrlich erfrischend. Den üblen Nebengedanken an die darin schwimmenden und von Touristen verpönten Eiswürfel schieben wir stets ganz schnell beiseite. Ohne schmeckt es einfach nicht so gut.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Leckeres gibt es auch an den, meist erst in den Abendstunden aufgebauten Straßenständen. Hier preisen lautstark die Frauen ihr vorbereitetes Essen an und wedeln dabei emsig über das Angebotene, um Fliegen und Co. zu verjagen. Neben essfertigen Burritos und Empanadas mit den unterschiedlichsten Füllungen, gibt es auch kleine knusprig frittierte Tortillascheiben, die je nach Wunsch mit Aufstrichen, wie z. B.: Guacamole oder Salaten, die in vielen Schüsseln bereitstehen, belegt werden. 3 Stück gibt es für 5 Quetzal, das sind etwa 60 Eurocent.

Nach anderthalb Wochen auf "unserem" Inselchen wird es nun aber wieder Zeit aufzubrechen. Wir haben eine Weile überlegt, ob wir noch andere Ziele in Guatemala ansteuern wollen. Es gäbe noch einige lohnende Ecken hier im Land zu sehen, doch liegen diese nun viel weiter südlich. Wir müssten dazu lange Strecken durch weniger sichere Gebiete fahren und zudem ja auch danach wieder zurück in den Norden kommen. Also verschieben wir das auf vielleicht später mal, geben uns mit den ersten hier im Norden gemachten Eindrücken vom Land zufrieden und werden nun die mexikanische Grenze ansteuern.

Gerade als wir in Santa Elena am Ortsausgang an einer Kreuzung stehen und überlegen, auf eine hier abzweigende deutlich kürzere Nebenpiste abzubiegen, hält neben uns ein Motorradfahrer und fragt, wo wir denn hin wollen. Dann rät er uns aber eindringlich, lieber auf der Hauptstraße zu bleiben, auch wenn diese weiter und auch mehr befahren ist, denn die Piste wäre viel zu einsam und nicht ungefährlich. Bisher sind unsere Anfragen, bezüglich der Sicherheit von bestimmten Orten und Straßen stets als unbedenklich beantwortet worden: No problema! (Kein Problem) - Todo seguro! (Alles sicher)). Diesen Antworten haben wir stets vertraut, also machen wir es jetzt auch und nehmen, etwas verunsichert, doch lieber den längeren Weg über die Hauptstraße.

Waren wir bisher in Guatemala ja doch meist auf mehr oder weniger von Touristen frequentierten Wegen unterwegs, wird es nun mehr durch abseits gelegenere Gebiete gehen. Viele Weideflächen und Felder säumen den Straßenrand, hin und wieder passieren wir kleine Orte. Natürlich fallen wir auf und uns werden neugierige Blicke hinterher geworfen, doch alle sind zurückhaltend und grüßen nur freundlich. Sehr angenehmes Völkchen.

oe6 3 1 oe6 3 1Wir steuern den ausschließlich von Fußgängern passierbaren Grenzübergang in Bethel an. Dazu verlassen wir nach etwa 60 km die weiter in den Süden führende Hauptstraße und wenden uns nach Westen. Nach einer Nacht in dem unerwartet recht großen Ort Las Cruzes, geht es auf den nun folgenden etwa 60 km auf einer holprigen Schotterpiste durch ein abgelegenes Gebiet weiter. Erstaunlicherweise rumpeln dennoch regelmäßig Minibusse und kleine Transporter an uns vorbei. Wo wollen denn die alle hin, die Piste endet doch als Sackgasse am Grenzfluss. Die bisher recht ebene Landschaft ist nun immer mehr durch spitze grüne Hügel geprägt und es geht auch mehr auf und ab.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Eine Polizeikontrolle stoppt uns, die sind hier nicht selten und strahlen ja eigentlich auf uns mit ihrer bloßen Anwesenheit ein gewisses Maß an Sicherheit aus. Bisher hat man nie von uns Notiz genommen, doch diesmal tut man wichtig. Aber nur kurz, denn alsbald stellt sich heraus, dass man nur neugierig ist und so werden ein paar Erinnerungsfotos geschossen. Im Normalfall hätten wir diese Begegnung niemals mit dem Fotoapparat festgehalten, aber wenn man uns so darum bittet ... Nach einem freundlichen: Buen Viaje!, können wir die Fahrt fortsetzen. Nachdem wir auf dieser Holperpiste so richtig durchgeschüttelt sind, erreichen wir endlich den guatemaltekischen Grenzort Bethel. Trist und staubig präsentiert er sich, kein Wohlfühlort. Für die letzte Nacht finden wir eine recht dürftige Unterkunft und sind dennoch froh darüber, ohne lange Sucherei einigermaßen unterzukommen, denn just in dem Moment öffnet der Himmel seine Schleusen und es schüttet wie aus Kannen.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Am nächsten Morgen müssen wir dann noch mal fast 2 km zurückfahren, denn dort, kurz vor dem Abzweig zur Grenze hat man ganz unscheinbar an der Straße den Kontrollposten eingerichtet. Obwohl von Kontrolle kann eigentlich nicht die Rede sein, denn wenn man nicht selber nach dem Stempelposten Ausschau hält und dort vorstellig wird, könnte man ihn glatt verpassen. Wir können es gar nicht glauben, dass hier so um die zwanzig "richtige" Touristen pro Tag vorstellig werden. Denn, wie schon erwähnt, kann man die Grenze hier nicht motorisiert passieren. Die meisten von ihnen kommen sicher mit den Minibussen hierher, um dann nach der Überfahrt über den Rio Usumacinta mit einem anderen Bus ihre Fahrt fortzusetzen. Wir vergewissern uns lieber noch mal, ob uns der nette Angestellte auch einen Ausreise- und nicht etwa einen Einreisestempel in die Pässe gedrückt hat, denn schließlich ist das ja auf den ersten Blick, wenn man vor ihm steht nicht ersichtlich, in welcher Richtung wir eigentlich unterwegs sind, und gefragt hat er uns nicht. Doch alles richtig, er wusste scheinbar, was wir brauchen.

Nun erwarten uns noch mal 10 km auf der hügeligen und holprigen Piste, ehe wir am Ufer des Grenzflusses stehen. Unmittelbar entlang der Zufahrt zur Bootsanlegestelle gibt es eine kleine Häuseransammlung mit kleinen Läden und mehreren Essensständen. Eine gute Möglichkeit, um die letzten Quetzal auszugeben, doch es ist noch früher Vormittag und wir haben eben erst gefrühstückt. Also vertrauen wir unser letztes Geld einem der hier lauernden Geldwechsler an und bekommen für einen akzeptablen Kurs einige hundert mexikanische Peso. Die Bootstickets bekommen wir dann aber seltsamerweise nicht am eigentlichen Ticketverkauf, sondern an einem etwas entfernten kleinen Touristenschalter. Warum so umständlich, weiß doch jeder, dass wir mehr bezahlen müssen. 20 Quetzal (2,40 €) pro Person kostet die Überfahrt in den kleinen Langbooten. Genauso viel müssen wir dann noch beim Bootsführer jeweils für die Räder bezahlen. Über eine steile betonierte Rampe geht es hinunter zum Fluss. Mühsam, aber reibungslos werden die Räder samt Gepäck hineingehievt. Dank vieler helfender Hände kein Problem. Obwohl wir die einzigen Fahrgäste sind, legt das Boot sofort ab, erst im letzten Moment steigt rasch noch eine Frau zu.

oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1 oe6 3 1Schnell entfernen wir uns vom Ufer und steuern den etwas versetzt liegenden Anlegeplatz am mexikanischen Ufer an - Adios Guatemala!

Nur etwa drei Wochen haben wir im Norden dieses Landes verbracht, viele Vorurteile gehabt und dennoch auf schöne Erlebnisse gehofft. Nun verlassen wir es mit ausschließlich guten Erinnerungen und einmaligen Erfahrungen.
So sind die hier gesehenen Mayaruinen in Tikal und Yaxha für uns eindeutig die Beeindruckendsten der bisher gesehenen Ruinenstätten in Zentralamerika.
Auch landschaftlich hat das Land viel Sehenswertes und Interessantes zu bieten, wie grüne Berglandlandschaften und dichte Regenwälder, in denen es vor Leben nur so wimmelt. Unvergesslich werden die stimmgewaltigen und schaurig anzuhörenden nächtlichen Konzerte der Brüllaffen bleiben.
Die Straßen sind zwar nicht unbedingt ein Fahrgenuss, jedoch müssten wir auch vor den guatemaltekischen Autofahrern unseren Sombrero ziehen - wenn wir einen hätten. Auch sie, wie ja schon zuvor die Fahrer in Belize und Mexiko, sind uns absolut rücksichtsvoll begegnet. Überhaupt sind wir hier nur freundlichen und herzlichen Menschen begegnet.
Natürlich scheint die Sicherheit im Lande ein unübersehbares Problem zu sein und die vielen patrouillierenden und schwer bewaffneten Polizeistreifen sind schon etwas gewöhnungsbedürftig. Wir haben schon etwas mehr Acht gegeben und versucht nicht leichtsinnig in irgendwelche Notlagen zu geraten. So haben wir zum Beispiel nicht ein einziges Mal wild gezeltet. Dennoch haben wir uns in keinem einzigen Moment wirklich richtig unwohl oder unsicher gefühlt.
Auch versorgungstechnisch sind wir gut zurechtgekommen. Selbst in kleinen Orten gibt es ausreichend Einkaufsmöglichkeiten, das Angebot ist gut und preislich auf günstigem Niveau.

Guatemala ist ganz sicher eine Reise wert und gern hätten wir auch noch die anderen Highlights des Landes, allen voran die Vulkangebiete kennengelernt. Diesmal sollte es aber nicht dazu kommen, doch vielleicht ergibt sich das ja noch ein anderes Mal.

Bis dahin - Hasta Luego - Guatemala!