14. November - 8. Dezember 2019
Cancun - Tulum - Valladolid - Merida - Bacalar - Chetumal
Geradelte Strecke: 895 km
Ja, es ist uns gelungen, wir konnten dem Winter entfliehen. Doch der Weg war mühsam.
Nach der Fahrt durch eine eiskalte Nacht mit einem Mietwagen zum Frankfurter Flughafen, können wir dort diesmal fast reibungslos unser Gepäck samt Rädern auf die Reise schicken. Aber nur fast - denn was zu bemängeln gibt es scheinbar immer. Dabei haben wir uns aber echt Mühe gegeben, versucht, alles vorschriftsmäßig vorzubereiten und unsere Räder vorbildlich in Kartons verpackt. Am Check-in werden wir jedoch augenblicklich genötigt, unsere eben erst mit viel Klebeband verschlossenen Kartons wieder zu öffnen. Schon dieses Ansinnen kratzt schon sehr an unserer Stimmung. Doch dann war es der Luftdruck in den Reifen, der uns in Bedrängnis bringt. Mehrmals hieven wir die Räder aus den Kartons und wieder hinein, ehe endlich dann alles nach dem Geschmack der Angestellten ist und die Kartons abermals zugepflastert sind. Es wird scheinbar zur Gewohnheit, dass wir Check-in Schalter fluchtartig verlassen müssen, um ja nicht noch mehr Unannehmlichkeiten anzuziehen, und längere langweilige Wartezeiten auf Flughäfen umgehen, indem wir diese im Beisein und unter der vollen Aufmerksamkeit des Abfertigungspersonals verbringen. In den Medien konnte man in letzter Zeit viele gleichartige Befindlichkeiten von anderen Radreisenden nachlesen. So viel falsch machen können wir also nicht. Fliegen mit Fahrrad ist und bleibt einfach stressig (und es wird scheinbar von Mal zu Mal mehr)!
Im Flugzeug von Condor ist dann nichts zu spüren von der aktuellen großen Pleite des Mutterkonzerns Thomas Cook, denn der Flieger ist rammelvoll. 13 Stunden sind wir nun in der "Sardinenbüchse" eingequetscht, ehe wir endlich total zerknautscht und übermüdet wieder herausgelassen werden.
Der Zielflughafen in Cancún auf der mexikanischen Yucatan-Halbinsel empfängt uns im Sonnenuntergang und mit Regen. Vor der Passkontrolle stauen sich unübersehbare Menschenmassen und es dauert eine gefühlte Ewigkeit, ehe wir endlich unsere Stempel haben und die Erlaubnis uns nun ein halbes Jahr im Land aufhalten zu dürfen. Mexiko macht das Reisen diesbezüglich einfach: Kein Visum und Ähnliches ist notwendig. Nichtmal ein Ausreisenachweis z. B. in Form eines Rückreisetickets will man sehen. Sehr sympathisch! Unsere Fahrradkartons finden wir schon mitten auf dem Gang liegend noch vor dem Bereich mit den Gepäckbändern. Sie sehen sehr mitgenommen aus, total zerfleddert und durchweicht. Soweit zum Thema: Der Transport im Karton wäre sicherer und besser! Der Zoll tut sich auch noch wichtig und lässt uns alle Taschen und Kisten öffnen. Die eigentliche Kontrolle ist dann aber nur sehr halbherzig und mehr Schein als Sein.
Vorm Flughafengebäude empfängt uns eine extrem schwülwarme Hitze. Knapp 30°C und über 90% Luftfeuchtigkeit lässt uns den Schweiß aus allen Poren spritzen. Wir reißen uns umgehend unsere warme Winterkleidung vom Leib. Wer braucht denn hier auch so was? Schnell sind Räder und Gepäck ausgepackt und wir startklar. Wir schwingen uns auf die Räder und schämen uns ein bissel über den großen Berg Müll, den wir hinterlassen - nun, wir hätten es auch gern anders, aber das ist eben nicht gewollt. Es ist schon nach 19:00 Uhr und stockdunkel, als wir uns auf den Weg in die 20 km entfernte Stadt machen. Eigentlich vermeiden wir es ja weltweit vehemend, im Dunkeln mit den Rädern auf der Straße zu sein. Doch diesmal ließ es sich nicht verhindern. Und das ausgerechnet in Mexiko, wo ja sowieso davor gewarnt wird überhaupt im Dunkeln vor die Tür zu treten. Doch alles läuft gut. Eine mehrspurige Straße führt uns hinein ins Zentrum. Meist können wir auf dem breiten Seitenstreifen unbehelligt fahren, stellenweise gibt es sogar einen Radweg - wer hätte das gedacht. Zudem stellen sich die mexikanischen Autofahrer unerwartet als ausgesprochen rücksichtsvoll vor. Besser könnte es nicht laufen.
Der Regen bei unserer Ankunft hat aufgehört und wir kommen trocken durch, jedoch muss es zuvor einen heftigen Wolkenbruch gegeben haben, denn es stehen allerorts riesige, fast seenartige Pfützen, die umkurvt werden müssen und wir letztendlich ziemlich schlammverschmiert bei unserer gebuchten Unterkunft ankommen. Der Vermieter staunt nicht schlecht über seine seltsamen Gäste und begrüßt uns sehr freundlich und hilfsbereit. Wir haben aber nur noch einen Gedanken: Schlafen! In Deutschland hat inzwischen schon längst die zweite Nacht seit unserem Aufbruch begonnen und umgehend fallen wir in das bequeme Bett und machen uns daran den vielen versäumten Schlaf nachzuholen.
Am nächsten Morgen scheint der Jetlag überwunden und die 6 Stunden Zeitunterschied ausgeglichen, doch wir lassen es langsam angehen. Zwei Tage verbringen wir in der Stadt, machen uns einen ersten Eindruck vom Land und erledigen ein paar Besorgungen. Cancún gilt als Touristenhochburg Mexikos. Davon bekommt man im Zentrum nicht allzu viel mit, mal abgesehen, dass es in der Stadt wahrscheinlich einige große moderne Shoppingzentren mehr gibt, als anderswo im Lande, aber dazu fehlt uns noch der wirkliche Vergleich. Wir sind jedenfalls erstaunt wie geordnet und sauber es in der Stadt, die immerhin eine knappe Millionen Einwohner hat, zugeht. Wir vermuten, dass diese erst in den letzten reichlich 30 Jahren aus dem Urwaldboden gestampfte Stadt wenig mit dem richtigen Mexiko gemeinsam hat. Wir werden es ja sehen.
Um die große Touristenzone an einem langen Strandabschnitt, mit riesigen Hotels und Ressortanlagen, Nachtklubs, Geschäften und Restaurants, machen wir einen großen Bogen, auch wenn diese sehr eindrucksvoll auf einer Sandbank zwischen Karibischem Meer und einer großen Lagune liegen soll.
Unsere Unterkunft liegt im Zentrum mitten in einem Wohngebiet und ist trotz günstigen Preis absolut komfortabel: Ein kleines Zimmerchen, mit eigenem Bad und kleiner Küchenecke - wir fühlen uns wohl und können erst mal in Ruhe ankommen.
Nach zwei Tagen wagen wir uns dann auf die Räder und fahren hinein ins Land, aber nur bis zum etwa 70 km südlich gelegenen nächsten großen Touristenhotspot an der Küste, nach Playa del Carmen. Die große Hauptstraße ist mehrspurig, mit einem Grünstreifen in der Mitte und fast immer mit einem schönen breiten Randstreifen für uns. Die Autofahrer halten brav Abstand. Es rollt super, fast eben, doch der Verkehrslärm nervt natürlich. Nach nur 10 km ein erster großer Schreck: Ein riesengroßer Nagel steckt in Petras Hinterrad - na, das geht ja gut los. Doch dann Entwarnung, denn nach dem vorsichtigen Entfernen desselben, scheint keine Luft zu entweichen. Sollten unsere dicken pannengeschützten Mäntel dem Ungetüm standgehalten haben? Zaghaft trauen wir uns an die Weiterfahrt und tatsächlich: wir kommen noch mal ungeschoren davon. Obwohl die Straße parallel zur Küste verläuft, ist von dieser nichts zu sehen. Nur dichter Busch und in regelmäßigen Abständen gibt es Abfahrten zu großen Ferienresorts mit eindrucksvollen überdimensionalen Einfahrten. Viele Hinweisschilder weisen zu irgendwelchen touristischen Brennpunkten - hier ein riesiger Vergnügungspark, da ein Delfinarium usw.
In Playa del Carmen sind wir dem Touristenrummel viel näher, als noch zuvor in Cancún, obwohl unsere Unterkunft auch hier etwas abseits in einem kleinen Wohngebiet liegt. Doch nicht weit entfernt befindet sich nahe am Strand eine große eindrucksvolle Flaniermeile mit einer Vielzahl von Geschäften und Restaurants. Hier brummt das Geschäft, denn zahlungswillige Kundschaft ist reichlich vor Ort.
Zum ersten Mal stehen wir an der Karibik. Der bevölkerte Strand verlockt uns jedoch nicht zum Baden. Große Strandabschnitte sind zudem von großen Hotelanlagen in Beschlag genommen. Idyllschen Strandurlaub kann man das nicht unbedingt nennen. Hier macht man Urlaub, um Spaß zu haben. Vor allem aus dem nahen USA zieht es viele dazu hierher.
Auch wir nutzen die guten Einkaufsmöglichkeiten noch mal, um noch ein paar Dinge zu besorgen. Unter anderem braucht Petra dringend noch einen neuen Fahrradhelm. Ihrer hatte kurz vor der Abreise beschlossen, nicht mit auf diesen Tripp gehen zu wollen und stattdessen begonnen sich aufzulösen. Nun ja, der Jüngste war er ja nicht mehr. Als wir vor nun schon mehr als 4 Jahren auf Reisen gegangen sind, hatten wir die Helme eigentlich nur mitgenommen, da wir sie nun einmal da hatten und gedacht, sie über kurz oder lang, irgendwo am Straßenrand zu hinterlassen. Inzwischen haben wir uns aber so an sie gewöhnt, dass ohne etwas fehlt. Einen neuen Helm zu besorgen, wäre in der Heimat sicher einfacher gewesen, doch fehlte dazu damals die Zeit. Hier trägt Otto Normalverbraucher so was nicht und die wenigen Hobbyradler können sich natürlich die angebotenen teuren Markenhelme leisten. Wir halten aber nach etwas günstigeren Modellen Ausschau und werden dann tatsächlich in einem kleineren Fahrradladen fündig.
Dermaßen gut ausgerüstet können wir nun endlich durchstarten, um Mexiko zu erforschen. Vamos - Los gehts!
Nachdem wir uns in Cancún und danach in Playa del Carmen ausgiebig Zeit genommen haben, um uns in Ruhe auf Land und Leute einzustellen, sind wir nun bereit unsere Mexikotour auf dem Fahrrad zu starten. Zunächst soll die Halbinsel Yucatán erforscht werden. Sie ist geradezu gepflastert mit Sehenswertem aus der Natur und der Kultur. Es ist schlichtweg unmöglich, alles in Augenschein zu nehmen. Wir müssen eine Auswahl treffen und das ist gar nicht so einfach. Es sieht also so aus, als erwarte uns erst mal ein Besichtigungsmarathon.
Siebzig Kilometer, auf der schon von unserer Fahrt von Cancún nach Playa del Carmen gewohnten breit ausgebauten Hauptstraße, sind es bis zum ersten Ziel in Tulum. In der Nähe der dortigen Ruinenstätte der Mayas und entlang der Zufahrtsstraße zum Ort befindet sich ein kleiner Nationalpark, ein Küstengebiet mit Mangroven. Hier gibt es entlang des Strandes ein paar einfache Unterkunftsmöglichkeiten. Wir bauen das erste Mal unser Zelt auf, und zwar auf einen kleinen Campingplatz, der direkt an den Strandbereich grenzt. Er liegt schön schattig unter Palmen und anderen Gewächsen und das Rauschen der Karibik gibts als Hintergrundmusik. Nur ein weiteres Zelt steht auf dem Areal. Mobilisierte Camper müssen am Eingangsbereich bleiben, denn der Platz ist für sie viel zu sandig. Idyllisch - aber! sehr einfach: Kein Strom und das Wasser tröpfelt nur spärlich aus den Hähnen. Und dafür bezahlen wir fast genauso viel, wie an den Tagen zuvor für ein nettes kleines Zimmer (100 Peso = 5 € pro Person!).
Im Gegensatz zu den etwas komfortableren Anwesen am Strand außerhalb des Naturreservats bzw. direkt im Ort, müssen wir dafür nur wenige Minuten gehen, um am folgenden Tag schon kurz nach Sonnenaufgang die Maya Ruinen aufzusuchen. Noch herrscht gemächliche Ruhe auf dem Areal. Die Ruinenstätte liegt direkt am Meer und das Gelände ist überschaubar. Hier und da verstreut die Überreste des ehemaligen Hafenortes. Das "Castillo" dominiert die Anlage und ragt von den Steilklippen über Strand und Meer hinauf. Vom alten Hafen ist nicht viel übrig außer einem traumhaften schmalen Sandstrand flankiert von steilen Felsen. Eine ideale Badestelle, doch leider ist das Meer, wie auch schon in den vergangenen Tagen, sehr stürmisch und aufgewühlt. Nach etwa 2 Stunden haben wir alles ausgiebig begutachtet. Wahrscheinlich ist es ein für mexikanische Verhältnisse eher bescheidenes archäologisches Erlebnis, aber die Lage ist eindeutig fantastisch und sehr fotogen. Ein schöner Einstieg in die Maya Kultur des Landes. Als die Anlage von den nun inzwischen angereisten größeren Touristentruppen in Beschlag genommen wird, ziehen wir uns auf unseren zwar bescheidenen aber schönen ruhigen Zeltplatz zurück.
Etwa 50 Kilometer von der karibischen Küste entfernt weiter im Inland, wartet schon das nächste Highlight: die Maya Ruinen von Cobá. Die Straße ist nun viel kleiner als die zuvor befahrene, nur noch zweispurig, aber noch immer mit einem schönen breiten Randstreifen für uns. Auf halber Strecke kommt uns ein Gepäckradler entgegen, der erste auf dieser Tour. Da hier viele Einheimische mit vollen Rädern unterwegs sind, bemerken wir ihn erst, als wir schon fast an ihm vorbei sind, zumal er ohne Vorderradtaschen unterwegs ist. Der Franzose Harve ist schon seit zwei Jahren unterwegs, radelte kreuz und quer durch die Welt, mit nur kleinen Pausen zwischendurch in der Heimat. Doch jetzt ist er erst mal des Herumreisens müde und wird in den nächsten Tagen vorerst endgültig zurück nach Hause fliegen. Er beneidet uns, dass wir zu zweit reisen können, denn das würde nach seiner Meinung vieles einfacher machen. Da können wir nur zustimmen.
Dann erreichen wir Cobá, ein bescheidenes Dorf, das von zwei Lagunen umgeben ist, mit etwas touristischer Infrastruktur. Da es noch zeitig am Tag ist, wenden wir uns sogleich den angrenzenden Ruinen zu. Die Anlage ist sehr weitläufig und man kann diese auch mit dem Fahrrad erkunden. Die unsrigen müssen wir jedoch am Eingang zurücklassen, wohl ist uns dabei nicht, unser ganzes Hab und Gut da stehen zu lassen. Gleich hinter dem Einlass warten dann unzählige mehr oder weniger klapprige Mieträder auf Kundschaft und wer es bequemer haben will, kann sich auch mit einer Fahrradrikscha chauffieren lassen. Das Angebot wird rege genutzt, doch wir denken nicht daran, uns auf fremde Räder zu setzen, und absolvieren das Besichtigungsprogramm stattdessen zu Fuß. Das ist auch gut machbar.
Nur ein geringer Teil der ehemaligen Maya Siedlung ist bis jetzt freigelegt und man kann drei Gebäudegruppen mit den Überresten von Stelen, Altären und anderen Heiligtümern besichtigen. Bei den etwas Abgelegeneren ist nicht viel los, aber auf der Lichtung bei der Hauptpyramide herrscht ein buntes Gewimmel. Diese darf man, im Gegensatz zu vielen anderen hier in Mexiko, nämlich besteigen. Natürlich lassen auch wir uns das nicht entgehen. Der Aufstieg ist nicht schwer, aber extrem steil. Und wenn man währenddessen mal einen Blick zurück wirft, kann einem schon etwas mulmig werden. Über unterschiedlich hohe, unebene oder brüchige Treppenstufen gelangt man hinauf. Auf der Spitze der Pyramide befinden sich ein kleiner Ritualraum und ein steinerner Altar. Es geht hier aber so eng zu, dass man befürchten muss, bei dem Gerangel um einen schönen Fotostandplatz aus Versehen heruntergestoßen zu werden. Doch der Blick über die Baumkronen des umgebenden dichten Dschungels hinaus, mit den darin hervorlugenden Seen ist beeindruckend. Lange verweilen will man jedoch in dem Getümmel hier oben nicht, zudem brennt die Sonne einem unbarmherzig auf die Rübe. Also geht es wieder runter, was trotz eines gespannten Seils, nicht ungefährlich ist, nein, ins stolpern sollte man nicht geraten. Und wenn man sieht, wie sich hier mancher herunter zittert, kann man sich schon denken, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, wann man auch diesen Zugang sperrt.
Unsere Räder erwarten uns unversehrt am Eingang und wir ziehen uns für die Nacht zum ersten Mal in den Busch zurück. Dank Internet wurden wir auf einen abgelegenen Steinbruch in der Nähe der Straße aufmerksam gemacht, ohne wäre die Suche nach einem passenden Plätzchen sicher schwieriger geworden, denn dies- und jenseits der Straßen herrscht eigentlich fast immer undurchdringbares Gestrüpp, außer die Stellen sind bewohnt. Schon sehr zeitig, noch vor 18:00 Uhr wird es dunkel, Zeit für die Glühwürmchen, die um uns herumschwirren und auch Zeit für uns ins Zelt zu kriechen.
Am nächsten Tag geht es weiter hinein ins Innere der Halbinsel. Mit Valladolid erreichen wir das erste Mal einen Ort mit einem typischen südamerikanischen Flair, einer großen Plaza und der dazugehörigen Hauptkathedrale und den schmalen rechtwinklig verlaufenden Nebenstraßen. Erinnerungen an unsere Südamerikatour vor nun schon 10 Jahren werden wieder wach.
Ganz Yucatán ist gespickt mit vielen Cenoten. So werden hier die unterirdischen Seen genannt, die durch den Einbruch von Kalksteinhöhlen entstehen und die durch versickerndes Regenwasser gefüllt werden. Einige besonders Sehenswerte sind zu touristischen Hotspots hergerichtet worden, unzählig viele andere befinden sich aber auch auf Privatland. Bei Temperaturen von über 30 °C locken sie uns natürlich mit der gebotenen Möglichkeit zur Abkühlung, denn man darf in ihnen auch baden. Nach vielen Überlegungen, welche von den vielen wir besuchen wollen, entscheiden wir uns für X´Kekén und Samula, die beide auf demselben Areal liegen und bei gleichzeitigem Besuch auch noch günstig im Eintrittspreis sind. Wieder müssen wir unsere Räder schweren Herzens am Eingang zurücklassen. Diesmal hat aber der Parkplatzwächter ein Einsehen mit unseren Ängsten und lässt uns diese etwas näher am Einlassbereich abstellen.
Es ist noch früher Vormittag und wir sind fast allein, als wir zunächst in die Samula-Grotte hinabsteigen. Glasklar liegt der See in der düsteren Tiefe. Eine Treppe führt über mehrere Plattformen hinunter. Die Höhle wird von ein paar Strahlern erleuchtet und zudem fallen durch ein Loch in der Decke Sonnenstrahlen herein. Dennoch liegt alles nur in einem Dämmerlicht. Das Wasser ist kühl, aber sehr angenehm. Kleine Fische schwimmen um einen herum. Gleich unmittelbar im Uferbereich geht es tief hinunter, an auf der Wasseroberfläche gespannten Seilen findet man etwas Halt. Alles wirkt etwas unheimlich. Erst recht, wenn man darüber nachdenkt, dass in den Cenoten die Maya den Göttern der Unterwelt Opfer (auch Menschenopfer) dargebracht haben sollen, damit sie ihre einzigen Frischwasserquellen im Dschungel bewachten, denn richtige oberirdische Flüsse gibt es in ganz Yucatán nicht.
Wir wechseln zur benachbarten X´Kekén-Grotte. Diese ist etwas größer und weiträumiger und es gibt am Rand des Beckens auch mehr Platz, um dort unten etwas länger zu verweilen. Inzwischen erreichen die ersten Busreisegruppen das Areal. Die meisten machen aber nur ein paar Fotos und ziehen schon bald weiter. Zwischendurch wird es sogar mal himmlisch ruhig. Als zur Mittagszeit, dann auch größere Gruppen mit Schwimmwesten ausgerüstet und viel Spektakel hinunter kommen, steigen wir wieder ans Tageslicht hinauf und bahnen uns unseren Weg an den vielen Verkaufsbuden vorbei zurück zu unseren Rädern.
Nun wartet eine der größten und am besten erhaltenen Ruinenstätten Yucatáns auf uns: Chichén Itzá. Diesmal lassen wir die Räder am Zelt zurück, das wir im Garten eines nahen Hotels am Swimmingpool aufgestellt haben, welches sich ganz stilgerecht mit dem Namen "Piramid Hotel" ziert. Dass Chichén Itzá wahrscheinlich auch die meist besuchte Ausgrabungsstätte weit und breit ist, sehen wir schon am Eingang. Die Anlage ist gerade erst geöffnet worden und eine lange Menschenschlange steht davor und wartet auf Einlass. Händler mit Sombreros in allen möglichen Varianten nutzen die Gunst der Stunde und versuchen ihre Hüte an den Mann bzw. die Frau zu kriegen. Mit Erfolg, denn die Sonne scheint schon jetzt mit aller Kraft. Beim Berappen des Eintrittspreises müssen wir etwas schlucken: 481 Peso = knapp 23 € pro Person, kostet das Vergnügen. Und zum ersten Mal werden hier im Lande ausländische Besucher gegenüber den Einheimischen mehr zur Kasse gebeten. Mexikaner müssen nicht mal halb so viel bezahlen und Yucatáner noch weniger. Würde man dergleichen auch mal bei den Eintrittspreisen in Dresden anwenden und uns den Einwohnern der Stadt etwas Rabatt geben, dann hätten vielleicht auch wir die wertvollen Juwelen im Grünen Gewölbe uns noch mal genauer angeguckt, ehe sich nun erfolgreiche Räuber damit aus dem Staub gemacht haben.
Das Highlight des Geländes, die große Pyramide Kukulkan kommt gleich am Anfang des Rundgangs. Eindrucksvoll und majestätisch ragt sie sich auf einer weiten Lichtung in die Höhe, getoppt mit einem Tempelhaus. Zwei der vier Seiten sind restauriert, die beiden anderen sehen etwas bröckeliger aus. Hinauf darf man leider nicht. Die vielen Führer annimieren ihre Zuhörer zum Klatschen in die Hände, um einen markanten Widerhall zu demonstrieren. Dieses Geräusch begleitet einen auch beim weiteren Erkunden der Anlage.
Von den vielen weiteren Sehenswürdigkeiten hebt sich noch der Palast der tausend Säulen hervor, von denen natürlich nur noch die Säulen existieren und wahrscheinlich auch keine tausend - gezählt haben wir sie nicht. Dann gibt es noch ein Observatorium und der große Ballspielplatz, dessen Ausmaße schon gewaltig sind. Auch hier herrscht ein beeindruckendes Echo, welches immer wieder fleißig hervorgerufen wird.
Die Wege zwischen den verschiedenen Ausgrabungsstellen sind gesäumt von unzähligen Verkaufsständen, an denen alle erdenklichen für Mexiko typischen Souvenirs angeboten werden. Dies wirkt aber irgendwie unpassend an einem so hoch dotierten Weltkulturerbe Ort. Es macht eher den Eindruck, als wäre man auf einem Touristenbasar oder einem Volksfest. Verschwitzt und mit müden Füßen ziehen wir uns am Nachmittag wieder zu unserem Zelt am Hotelpool zurück. Es ist erstaunlich wenig los in dem kleinen Ort mit der angrenzenden Berühmtheit. Wahrscheinlich werden die meisten der vielen Besucher überwiegend von den großen Urlauberresorts an der Küste nur zu Tagesausflügen hierher ins Landesinnere angekarrt.
Einen Tag später rollen wir 70 km auf einer kleinen Landstraße nach Izamal weiter. Dichter Busch um uns her, kaum Verkehr und fast schnurgerade. Nur hin und wieder bringen unterwegs kleine einfache Orte etwas Abwechslung.
Izamal hat den Beinamen: Gelbe Stadt. Die Bedeutung dessen ist unübersehbar, sobald man in die Stadt einrollt. Fast alle Häuser leuchten in den Farben gelb und sind mit weiß verziert . Als vor etwa 25 Jahren der damalige Papst die Stadt besuchte, hatte man zu diesem Ereignis den Ort umfangreich mit den Farben des Vatikans geschmückt und es seitdem so beibehalten. Ein großer Klosterkomplex erhebt sich recht eindrucksvoll auf den ehemaligen Überresten einer Pyramidenpattform mitten im Zentrum. Noch eine Besonderheit hat das Städtchen zu bieten, denn schon zu Zeiten der Mayas war dies ein bedeutendes Fleckchen und so liegen im ganzen Stadtgebiet verstreut, zahlreiche Überreste von den damals erschaffenen Tempeln. Viele verborgen in privaten Gärten, aber einige auch frei zugänglich, die wir erklimmen und somit von oben einen Blick auf den Ort und den umgebenden Dschungel genießen können.
Izamal wird gerade fleißig dekoriert und für eine Festivität herausgeputzt. Sogar die Fliesen in den Arkaden der Plaza werden geschrubbt und Buden und Karussells aufgebaut. Wir erfahren, dass während der ersten zwei Dezemberwochen jeden Jahres man hier die Jungfrau von Izamal, die Schutzheilige der Stadt, mit Prozessionen und einem Jahrmarkt feiert. Am Morgen unserer Weiterfahrt beginnen die Festtage, indem die Kinder der Stadt, schick herausgeputzt in bunten Paraden und mit viel Tamtam durch die Stadt ziehen.
Von den weiteren Feierlichkeiten bekommen wir dann aber nichts mehr mit, denn nun geht es für uns nach Mérida, in die Hauptstadt des mexikanischen Bundesstaates Yucatán. Zum ersten Mal testen wir die "warmshower"-Gastgeber von Mexiko und machen sogleich eine überaus positive und angenehme Erfahrung. Ken und Erin antworten uns umgehend auf unsere Anfrage und laden uns zu sich ein.
Als wir uns dem etwa 1 Millionen Einwohner großen Ballungsraum nähern, wird natürlich der Verkehr zunehmend dichter, viel Busse rattern durch die Straßen. Doch zeitweise gibt es, trotz der Enge in den Straßen, für die Busse und auch für uns Radler eigene Spuren. Und auch sonst geht es erfreulicherweise ziemlich diszipliniert und geordnet zu. So erreichen wir ungeschoren und glücklich das Zentrum, indem sich auch das Haus unserer Gastgeber befindet. Herzlich werden wir von ihnen in Empfang genommen und wir können unser Erstaunen kaum verbergen, als sich hinter der eher unscheinbaren Häuserfront an der Straße ein eindrucksvolles Anwesen im Kolonialstil offenbart. Die zweistöckige Stadtvilla ist zum kleinen Innenhof hin offen und sehr liebevoll ausgestattet. Eine wahrhafte Oase im hektischen mexikanischen Großstadtgewimmel. Ken und Erin sind Amerikaner, die seit 10 Jahren schon hier im warmen Mexiko ihren Ruhestand verbringen. Ken ist auch gern mit dem Fahrrad auf kleineren Touren unterwegs und möchte mit dieser Unterkunftsmöglichkeit andere Radler kennenlernen und ihnen was Gutes tun. Wir bekommen ein eigenes großes Zimmer mit einem riesigen gemütlichen Bett und fühlen uns pudelwohl.
Wir bleiben einen Tag in der quirligen Stadt. Obwohl sie eigentlich recht groß ist, ist das für die Touristen interessante Areal überschaubar. Rings um die große Plaza mitten im Zentrum befinden sich die wichtigsten Touristenattraktionen der Stadt: Die festungsartige Kathedrale und vis a vis eine weitere kleinere schmucke Kirche. An einer anderen Seite des Platzes die Casa de Montejo, ein koloniales Herrenhaus aus dem 16. Jahrhundert mit einer charmant maroden Fassade und an einer Ecke der Palacio del Gobierno, der prunkvolle Gouverneurspalast.
Der Platz selber ist eine große grüne Insel mitten in den belebten Straßen ringsherum. Bänke unter den vielen großen Bäumen laden Touristen, als auch Einwohner zum Verweilen ein. Kinder spielen und Schuhputzer warten auf Kundschaft. Momentan ist eine große menschengroße weihnachtliche Krippendekoration Anziehungspunkt für viele Familien mit Kindern, auch wenn das Jesuskind noch nicht in seinem Bett aus Stroh liegt. Am Abend erstrahlt der parkartige Platz in weihnachtlichem Lichterblinkblink.
Die schmalen Bürgersteige in den engen Straßen der Stadt bieten kaum Platz für die vielen Passanten. Viele kleine Läden und Restaurants reihen sich aneinander. Dazwischen immer wieder mal die Fassaden von imposanten alten Stadtvillen. Diese sind zum Teil hübsch restauriert, aber einige warten auch noch dringend auf Besitzer mit dem nötigen großen Geldbeutel, um sie vor dem weiteren Verfall zu retten. Schnell sind wir erschöpft von dem hektischen Treiben, das rings um uns herrscht und wir sind froh, am Abend in unsere beschauliche Unterkunft zurückkehren zu können.
Der Abschied von Ken und seiner Frau am nächsten Morgen fällt schwer. Wieder einmal sind wir beeindruckt von so viel herzlicher Gastfreundschaft, wie wir sie nun schon oft auf unseren Reisen erleben konnten. Werden wir jemals etwas davon zurückgeben können?
Schnell haben wir das hektische Mérida hinter uns gelassen und radeln in den südöstlich gelegenen etwa 50 km entfernten Ort Homún. Etwas abseits der großen Hauptstraßen soll es hier eine große Anzahl von weiteren sehenswerten Cenoten geben. Schon entlang der Zufahrtsstraße winken Leute mit laminierten Informationskarten und fordern die Vorbeikommenden zu einem Besuch der einen oder anderen Höhle auf. Homún selber ist eigentlich nur ein kleines Dorf mit einer gewaltigen und klobigen Kathedrale im Zentrum. Wir steuern eine Zeltmöglichkeit am Ortsrand an. Die kleine Anlage wird von seinem Besitzer liebevoll umhegt und bietet außer einer kleinen Cenote auch noch mehrere Swimmingpools mit ebenso klarem Wasser. Die Cenote selber ist etwas unheimlich und so genießen wir stattdessen ein erfrischendes und entspannendes Bad in einem der Pools. Das ist ein Luxus, wie wir ihn nicht oft auf unseren Touren haben. Wir fühlen uns so wohl, dass wir gleich noch einen weiteren Tag verweilen, die restlichen Cenoten in der Umgebung ignorieren und stattdessen den ersten Advent ganz geruhsam bei Sonnenschein und kühlen Bier verbringen. Von den nahen Wohnhäusern klingt dazu Weihnachtsmusik zu uns herüber. Doch irgendwie passt das aber alles gefühlsmäßig nicht zusammen ....!?
Am nächsten Tag kommen wir dann auch nicht viel weiter, denn auf unserer Fahrt kommen wir an einer herrlich idyllischen Lagune vorbei und verbringen dort einen weiteren faulen Tag, auch wenn sich von der eigentlich dort herrschenden interessanten Tierwelt nichts blicken lässt.
Nun wird es aber Zeit, dass wir auch mal Kilometer machen, um weiter durchs Land zu kommen. Die folgenden 4 Tage rasen wir förmlich die reichlich 300 km nach Bacalar nahe der Grenze zu Belize. Eine große Herausforderung ist dies jedoch auch nicht, denn auf der fast eben verlaufenden Hauptstraße rollt es gut. Hin und wieder zweigen wir mal zu einem Ort ab, um uns zu verpflegen. Wir lechzen vor allem nach kalten Getränken, denn die Temperaturen sind schon recht schweißtreibend. Abend für Abend ziehen wir uns abseits der Straße zum Übernachten zurück. Doch geeignete Plätze zu finden stellt sich wider Erwarten gar nicht als sehr schwierig heraus. Oft finden sich Zufahrten zu ehemaligen kleinen Steinbrüchen und glücklicherweise sinken die Temperaturen in der Nacht auf ein erträgliches Maß und lassen einen erholsamen Schlaf zu.
So erreichen wir etwas verstaubt aber ohne Probleme Bacalar und beziehen in dem kleinen Touristenort an der gleichnamigen großen Lagune ein Zimmerchen, welches uns zugleich auch die längst überfällige Dusche bietet. Die Unterkunft befindet sich in einem wenig ansprechenden kleinen Wohngebiet mit den typischen oft provisorisch aussehenden Häuschen. Doch die Besitzer sind sehr aufmerksam um uns besorgt und lassen es sich nicht nehmen, unsere Räder mit einer schützenden Plane vor irgendwelchem Unbill abzudecken. Zudem haben sie versucht den winzigen Innenhof für die Gäste etwas gemütlich herzurichten - doch, hier lässt es sich aushalten.
Der Ort Bacalar hat nicht wirklich viel Aufregendes zu bieten, die wahrscheinlich einzige Sehenswürdigkeit im Zentrum ist eine kleine Burganlage, von deren Mauern man einen schönen Blick über den See hat. Von Massentourismus ist hier noch nichts zu spüren, doch nicht wenige Individualtouristen werden scheinbar von dem beschaulichen Ort in seinen Bann gezogen.
Die meisten Unterkünfte sind entlang der Lagune angesiedelt. Der lang gestreckte Süßwassersee wird auch als See der sieben Farben bezeichnet - wir sehen aber eigentlich nur blau, in seinen unterschiedlichsten Farbnuancen. Die Zugänge zum Wasser sind nicht leicht zu finden. Oft sind sie durch kleine Hotelanlagen versperrt, öffentliche Badeplätze muss man erst suchen und diese bestehen dann aus einem langen Holzsteg, der weit hinaus auf das Wasser reicht, da es in Ufernähe doch meist sehr sumpfig zugeht. Das blauschimmernde klare Wasser lädt natürlich zu einem Sprung ins kühle Nass ein, dem auch wir nicht widerstehen können. Es ist Wochenende und auch viele Einheimische haben sich zum Baden und Picknicken am Ufer eingefunden oder lassen es sich in den aufgestellten Schaukeln und Hängematten draußen im Wasser gut gehen.
Am Abend wird dann in die zahlreichen kleinen einfachen Restaurants eingekehrt oder an den vielzähligen Straßenimbisswagen gefuttert. Ein sehr populäres mexikanisches Abenddessert scheinen die Marquesitas zu sein. Eine crépeartige Teigmischung wird in einem riesengroßen Waffeleisen knusprig ausgebacken und dann mit einer Füllung nach Wahl - herzhaft mit Käse oder süß mit Nutella und Früchten - zusammengerollt. Das Endresultat ist sehr knusprig, krümelig und klebrig - und lecker!
Auffällig im Ort sind die vielen Graffitis an Hauswänden und Mauern, die häufig die etwas weniger schöne Architektur, ob nun gewollt oder zufällig, gekonnt übertünchen. Nahezu in jeder Straße oder Gasse gibt es neue zu sehen, selbst in unserem kleinen Innenhof. Auf alle Fälle sind hier Künstler am Werk gewesen.
Nach Bacalar werden wir dem kleinen Nachbarland Belize einen Besuch abstatten. Wir sind schon gespannt, was uns dort erwarten wird. Doch von Mexiko verabschieden wir uns noch nicht endgültig, denn wir werden wieder zurückkommen - Hasta Luego, Mexico!