9. - 24. Dezember 2019
Corozal - Orange Walk Town - Belize Zoo - Hopkins - Belmopan - San Ignacio
Geradelte Strecke: 534 km (Insgesamt 1469 km)
Knapp vier Wochen sind wir auf einem Zick-zack-Kurs über die mexikanische Yucatan-Halbinsel geradelt und haben unsere ersten Erfahrungen mit Land und Leuten sowie der alten Mayakultur gemacht. Nun wollen wir uns als Nächstes in Belize umschauen, dem kleinen Nachbarland im Südosten der Halbinsel.
Im mexikanischen Bacalar haben wir zwei Ruhetage eingelegt, bevor wir nun die nur noch etwa 40 km entfernte Grenze ansteuern. Wir nehmen aber noch einen kleinen Umweg, um in Chetumal, der letzten großen Stadt diesseits der Grenze, unsere Vorräte aufzufüllen, denn es heißt, dass das Preisniveau in Belize - verglichen mit den Nachbarländern - höher sein soll und wir ohnehin Nachschub brauchen.
Mit vollen Taschen geht es dann zur Grenze. Es ist nicht viel los. Bei der Ausreisekontrolle gibt es dann einen unerwarteten Konflikt: Wir werden genötigt die Ausreisesteuer zu bezahlen, obwohl wir diese, laut offiziellen Informationen nicht erbringen müssen, da wir nachweisbar auf dem Luftweg in das Land gekommen sind und diese Gebühren mit dem Flugticket bereits erbracht haben. Doch was will man machen? Hier sind wir eindeutig nicht in der richtigen Position, um uns stur zu stellen. 558 Peso (27 €) pro Person in bar will man haben, sonst gibt es keinen Ausreisestempel und sicher dazu noch jede Menge weiteren Ärger. Zum Glück haben wir noch ein paar Peso in der Tasche, da wir ja beabsichtigen nach Mexiko zurückzukehren. Ansonsten hätten wir erst noch mal zurück in die Stadt gemusst, um die Gebühr auf einer Bank zu begleichen. Nun werden also auch wir wahrscheinlich ein Opfer der allseits bekannten Korruption im Lande und nicht gerade glücklich fällt somit der vorläufige Abschied von Mexiko aus.
Die Einreise nach Belize ist dann weniger nervig. Zunächst geht es eine Weile durch eine Art Niemandsland: links und rechts Zäune und Buschwerk. Wir passieren den Grenzfluss und lassen eine große zollfreie Zone mit diversen Läden links liegen, denn unsere Taschen sind ja eh schon voll. Erst dann erreichen wir das Grenzgebäude von Belize. Das Ausfüllen eines ellenlangen Formulars, mit mehr oder weniger wichtigen Angaben, nimmt einige Zeit in Anspruch. Wie oft haben wir zum Beispiel auf derartigen Papieren schon eine Adresse in einem Land angeben müssen, meist die irgendeines Hotels, wo wir am Ende dann doch nie in Wirklichkeit waren und das auch absolut keinen gestört hat. Was man nicht alles erfindet, um sich wichtig zu machen. Letztendlich erhalten wir dann jedoch unkompliziert den Einreisestempel und dürfen einen Monat bleiben. Das ist für das kleine Land erst mal auch absolut ausreichend. Der Zoll, wie auch schon zuvor die Hygienekontrolle, winkt uns gelangweilt durch. Darüber sind wir sehr erleichtert, denn es ist verboten ungekochte Lebensmittel, Obst und Gemüse ins Land zu bringen und wer weiß, was sie in unseren Taschen zu beanstanden gehabt hätten - ganz gewiss wären wir zumindest unsere frisch gekauften Schnitzel losgeworden. Wenigstens hier haben wir Glück gehabt!
Wir rollen hinein nach Belize. Schlagartig wird aus der zuvor gut ausgebauten breiten Hauptstraße eine kleine bescheidene Landstraße. Nach zehn Kilometern erreichen wir Corozal, die Hauptstadt der gleichnamigen und nördlichsten Provinz in Belize. Wobei die Bedeutung "Stadt" etwas übertrieben scheint, sagen wir mal "Ort" wäre vielleicht angemessener. Ja, in Belize scheint alles etwas kleiner auszufallen. Also: Der etwa 1000 Einwohner große Ort liegt direkt an der Küste und entlang des Ufers erstreckt sich eine mit Palmen bestandene Parkanlage. An einer fotogenen Stelle befinden sich auch hier die, aus Mexiko schon gewohnten, großen bunten Buchstaben mit dem Namen des Ortes. Überhaupt scheint man hier noch eine enge Verbindung zum Nachbarstaat zu haben, denn obwohl wir uns jetzt im einzigen englischsprachigen Land von Zentralamerika befinden, ist vieles spanisch ausgeschildert und die Menschen sprechen eine eigenartige Mischung aus beiden Sprachen. Der Ort selber ist nicht unbedingt sehenswert. Die Häuser sehen hier zwar etwas farbenfroher aus, als zuvor in Mexiko, wobei die Bausubstanz dagegen jedoch maroder wirkt. Bis auf ein paar Ausnahmen, die hervorstechen. Denn es gibt hier und da auch kleine villenartigere Gebäude. Es gibt auch eine typisch spanische Plaza mit Kirche. Wir besorgen uns an einem Automaten die einheimische Währung und checken kurz das Angebot in den kleinen Läden: Na ja, auf den ersten Blick ist es nicht besonders erbaulich und die Preise sind tatsächlich sehr gehoben.
Unsere erste Nacht im Land verbringen wir nur wenig weiter, direkt an der Küste in einer großen Bucht, von wo aus wir in der Nacht noch die Lichter von Corozal blinken sehen.
Im Land gibt es gerade mal 4 asphaltierte Landstraßen, die sich Highway nennen. Eine verbindet den Norden mit dem Zentrum des Landes und eine den Süden. Zwei weitere queren das Land mittig und alle verknüpfen so die Handvoll wichtigsten Städte miteinander. Weicht man von diesen Straßen ab, landet man sofort auf Pisten, die, mal mehr oder weniger holprig, zu den etwas abgelegeneren Orten führen. Belize ist nur knapp so groß wie ganz Sachsen und im gesamten Land leben etwas weniger Einwohner, als in der Stadt Dresden. Dementsprechend ist die Bevölkerungsdichte sehr spärlich.
Um dem Verkehr auf den Hauptstraßen entgehen zu können, weichen wir, wenn möglich, auf die Nebenpisten aus und so geht es nun Richtung Süden. Sogleich kommen wir an einen Fluss, der mit einer kleinen Autofähre passiert werden muss. Mit Muskelkraft wird sie ans andere Ufer geleiert und das, man staune, 24 Stunden am Tag und unentgeltlich. Zwei, maximal drei Autos passen darauf und es sieht nicht danach aus, als ob sich die Fährleute langweilen würden, zumindest tagsüber nicht. Man erzählt uns, dass es in einem Jahr hier eine Brücke geben soll und die gesamte Straße neu gemacht wird. Und tatsächlich stehen etwas weiter ein paar Vermesser am Wegesrand herum. Die haben aber noch jede Menge zu tun, wenn sie wirklich mit ihrem Projekt in einem Jahr fertig werden wollen. Vielleicht ist es aber auch nicht so schlimm, wenn es noch ein wenig dauert, denn somit hätten die netten Fährleute noch etwas länger ihren Job, denn es sieht nicht so aus, als gebe es ansonsten noch viele andere Arbeitsmöglichkeiten hier in dieser einsamen Gegend. Hin und wieder passieren wir eine Ansammlung von Häusern, dann kommt wieder lange, lange nichts. Für die Nacht schlagen wir unser Zelt am Ufer einer großen Lagune auf.
Am nächsten Tag erreichen wir Orange Walk Town, immerhin die drittgrößte Stadt des Landes und etwa halb so groß, wie Pirna. Bei der Einfahrt in den Ort gibt es erst mal den ersten Platten auf dieser Tour zu flicken. Danach erst können wir uns umsehen. Es gibt keinen "Weg mit Orangen" zu entdecken, was der Name der Stadt ja eigentlich aussagt, doch einen kleinen zentralen Platz, der voller bunter Weihnachtsdeko ist.
In Belize herrscht eine große bunte Bevölkerungsvielfalt, wobei die verschiedenen Gruppen oft Mischungen von unterschiedlichen Vorfahren und mal mehr oder weniger dunkelhäutig sind. Etwa ein Drittel der Bevölkerung hat afrikanische Vorfahren. Für uns ist die Unterscheidung der Volksgruppen kaum ausmachbar. Auffällig sind aber die hellhäutigen, hier im Land lebenden Mennoniten, mit ihren typischen Latzhosen und großen Hüten bzw. weiten Röcken und Kleidern und sie scheinen irgendwie so gar nicht ins karibische Bild zu passen. Sie richten sich streng nach den Gesetzen der Bibel und leben zurückgezogen in Kolonien. Besonders Konservative lehnen jegliche moderne Technik ab. Doch einige scheinen ihre Ansichten gelockert zu haben und so sieht man sie statt mit Pferdekutschen auch mal auf Mopeds und in Autos sitzen oder bei der Tierzucht oder dem Feldanbau auf fortschrittlichere Hilfsmittel zurückgreifen. Ist es doch kein Wunder, wenn die vielen Verlockungen der modernen Zeit so nahe sind. Hier in Orange Walk sehen wir auffällig viele Familien und Gruppen von ihnen bei ihrem "Stadtausflug".
Wir radeln weiter auf Nebenpisten durch dicht bewaldetes Gebiet und steuern eine erste hiesige Maya Ruinenstätte an. Altun Ha ist nur auf einer löchrigen Piste erreichbar. Eine kleine Ansammlung von einfachen Häusern entlang des Weges. Viele der Holzhütten stehen hierzulande auf Stelzen. Vielleicht, um sich während der Regenzeit, keine nassen Füße im Heim zu holen? Manche der Konstruktionen sehen allerdings auch sehr gebrechlich und nicht vertrauensvoll aus. Kurz vorm Eingang ein paar einfache Lokalitäten. Eine Besitzerin wittert bei unserem Erscheinen mögliche Kunden und bietet uns großzügig an, die Räder bei ihr abzustellen und auf sie aufzupassen. Na gut, dann machen wir das eben. Vorbei an ein paar Souvenirverkäufern und Händlern mit Erfrischungen geht es zur Anlage. Gleich mehrere Pyramiden, bzw. deren Überreste sowie ein paar andere Gemäuer gruppieren sich um eine Lichtung. Alle Tempel darf man, meist über Seitentreppe besteigen. Von oben hat man dann einen schönen Überblick auf die Anlage und den umgebenden Dschungel aus den unterschiedlichsten Blickrichtungen. Es geht ruhig zu auf dem Gelände. Nur kleine Gruppen werden durch die Ruinen geführt. Leider stören hartnäckige Mücken die Idylle.
Zurück bei den Rädern, machen wir der Lokalbesitzerin die Freude und lassen uns zwei schöne kalte Bierchen bringen, allerdings mit dem Hintergedanken, somit auch gleich noch den angebotenen Internetzugang zu nutzen, denn in Belize haben wir auf den Kauf einer SIM-Karte verzichtet.
Zwei Tage lang geht es nun auf den asphaltierten Hauptstraßen dahin. Es gibt keinen Randstreifen und der Verkehr ist nervig. Doch auch hierzulande sind die Autofahrer sehr rücksichtsvoll, wir können uns eigentlich nicht über sie beklagen. Um Belize City, der mit Abstand größten Stadt des Landes, machen wir jedoch einen großen Bogen. Sie ist uns, nachdem wir uns über sie informiert haben, nicht ganz geheuer, was die Sicherheit betrifft und uns den ohnehin nötigen Umweg somit nicht wert.
Fast mitten im Lande befindet sich, direkt am Georg Price Highway, der Belize Zoo. Wir sind zunächst skeptisch, ob uns dieses Zurschaustellen von Tieren gefallen wird. Doch wir haben zuvor viel Gutes darüber gehört oder gelesen und werden nun doch den kleinen Tierpark aufsuchen - und: wir sollen tatsächlich nicht enttäuscht werden. Der Zoo ist nicht groß, doch liebevoll angelegt. Das kleine Dschungelgebiet ist einfach mit mehr oder weniger hohen Zäunen unterteilt, um somit jeder hier angesiedelten Tierart ein eigenes Refugium zu gegeben. Auf dem Gelände befinden sich ausschließlich einheimische Tiere, die verwaist oder verletzt aufgefunden wurden, bzw. besonders schützenswerte Tierarten, die in der freien Natur nur wenig Überlebenschancen haben würden - was für ein gutes Ansinnen. Auf vielen kleinen Wegen geht es nun vorbei unter anderem an Tapir, Jaguar und dergleichen. Brüllaffen schwingen sich, natürlich laut brüllend, durch die Äste, Vögel beäugen einen skeptisch. Einige Bewohner sind im dichten Dschungelgrün kaum zu entdecken, doch anderen kommt man echt ganz nah. Manchmal fast zu nah. So liegt zum Beispiel ein riesiges Krokodil zum Greifen nah mit weitaufgerissenem Maul am Ufer seines Pfuhls und von uns nur durch ein kleines niedriges Mäuerchen getrennt. An anderer Stelle streift ein Jaguar ganz dicht jenseits des löchrigen Zaunes entlang. Ist denn das zu fassen. Wäre ja mal interessant, was die Unfallstatistik des Zoos so aussagt: Wie viele Finger hat man hier schon durch Unvorsichtigkeit eingebüßt? Auf lustigen Schildern wird zumindest davor gewarnt und wir halten lieber etwas Abstand. Auf anderen Schildern werden die Geschichten einzelner Tiere geschildert. Wirklich - eine nette und interessante Anlage - toll gemacht. Wir können ihren Besuch nur empfehlen und das nicht unerhebliche Eintrittsgeld von immerhin 30 Belize $ (fast 14 €) pro Person ist es am Ende auch wert, denn schließlich lebt der kleine Zoo davon. Staatliche Zuschüsse gibt es scheinbar nicht und dabei hat er auch einen großen Stellenwert für die Bildung im Land, um auch der einheimischen Bevölkerung die Tierwelt ihres Landes näherzubringen.
Als wir am Abend abseits einer Piste in der Einsamkeit in unserem Zelt liegen, hören wir aus der Ferne Brüllaffen. Nun haben wir sie auch sehen können und das in einer fast natürlichen Umgebung.
Die Landschaft um uns herum hat sich allmählich verändert. Aus dem dichten Wald ist eine Grassavanne mit vereinzelten Palmen und Sträuchern geworden. Grüne Hügel erheben sich ringsum. Das ist mal eine Abwechslung im Geschehen, denn bisher ging es ja auf unserer Tour hier ziemlich platt zu.
In dem kleinen Fischerdorf Hopkins nehmen wir uns nach einer Woche mal wieder ein kleines Zimmerchen. Eine sumpfige Schwemmebene erstreckt sich entlang der Zufahrt zur Küste. Der Ort ist an sich nicht wirklich hübsch, sehr ursprünglich und dennoch reisen nicht wenige Touristen, überwiegend Backpacker, an, die sich von dem langen Sandstrand angezogen fühlen. Das Leben spielt sich zum einen entlang der einzigen Dorfstraße ab. Hier finden sich zwischen den einfachen Behausungen der Ortsansässigen und den etwas schmuckeren Unterkünften für die Dahergereisten, kleine Souvenirläden und einfache Restaurants und Cafés. Oder man relaxt am nahen langen Strand, unmittelbar vor den locker aneinandergereihten Touristenbungalows, in den unterschiedlichsten Baustilen. Schön ist, dass der Strand überall zugänglich und naturbelassen ist. Doch außer Sand und Palmen hat er nichts Spannendes zu bieten. Einfach nur ein Ort zum Abhängen, was auch wir tun, wenn wir nicht gerade in einem der erstaunlich gut ausgestatteten kleinen Supermärkten nach Essbaren suchen.
An die höheren Preise haben wir uns nun ja inzwischen etwas gewöhnt, doch die hohen Bierpreise lassen uns noch immer schlucken - allerdings nicht das ersehnte kühle Hopfengebräu. 285 ml einheimisches Belikin Bier bekommt man für satte 3 Belize $ (etwa 1,40 €) und das ist wirklich das günstigste derartige, was es im ganzen Land zu bekommen gibt. Die kleine Glasflasche ist mit ein paar Schlucken geleert. Nein, also das ist was zum Abgewöhnen. Leider sind auch die Softdrinks und auch das simple Trinkwasser in Flaschen nicht günstig. Leitungswasser trinken selbst die Einheimischen nicht. Sie holen sich riesige Kanister Trinkwasser ins Haus, was für uns jedoch nicht machbar ist.
Angesichts all dessen, könnte man ja fast von Glück sprechen, als an dem bisher gewohnten sonnigen Himmel, nun nach und nach mehr Wolken übers Meer gezogen kommen und die Temperaturen unter die 30°C Marke fallen. Regen ist in Belize nichts Ungewöhnliches. Die Hälfte des Jahres ist hier Regenzeit, mit zum Teil ergiebigen Regenmengen und die sorgen schließlich für die hier herrschende üppige Regenwaldflora. Wir hatten jedoch gehofft, in der derzeitigen Trockenperiode davor verschont zu bleiben, doch leider bringen die Wolken nun auch Regen mit und sie bleiben dunkel und bedrohlich in den Bergen hinter der Küste hängen. Genau dort, wo unsere weitere Route verlaufen soll. So erwischt uns in den folgenden Tagen, nach über fünf Wochen mit strahlendem Sonnenschein, mal wieder richtiges Regenwetter. Meist ist es nur ein feiner Nieselregen. Doch irgendwann ist man trotzdem durchnässt. Regenkleidung anzuziehen ist sinnlos, denn bei den noch immer recht warmen Temperaturen ist man sofort durchschwitzt - also ebenfalls klatschnass.
Es geht nun ins Landesinnere und endgültig weg von der Karibikküste. Eine kleine Piste bietet sich an, um noch mal der Hauptstraße entweichen zu können. Doch sie ist sehr unwegsam, geht auf und ab und führt durch eine total einsame Gegend. Nur ein, zwei kleine Farmhäuser unterwegs. Sonst nur dichter Busch. Nach 15 km kommen wir an einen Fluss, durch den es eine Furt geben soll, doch nach den aktuellen Regenfällen ist das Wasser sehr angestiegen und die Strömung sieht auch nicht gerade friedlich aus. Als wir uns gerade damit abfinden, diese unwirtliche Passage irgendwie meistern zu müssen, um die angestrebte nahe Hauptstraße zu erreichen, nähert sich eine kleine Gruppe Einheimischer, um ebenfalls den Fluss zu passieren. Sie sind alle mit Gummistiefel ausgerüstet. Doch die helfen hier auch nicht wirklich weiter, denn wir beobachten, wie die vorausgehenden Männer, bis zu den Knien im Wasser stehend, sich durch die starke Strömung in der Flussmitte durchkämpfen müssen. Als sie zurückkommen, um die kleineren Kinder der Gruppe hinüberzutragen, bieten sie jedoch zunächst an, uns zu helfen. Wir trauen uns gar nicht, das Angebot anzunehmen, doch sie lassen es sich nicht ausreden und schneller als erhofft ist unsere Ausrüstung am anderen Flussufer. Alle fassen mit an, auch die Frauen schnappen sich Taschen und Gepäckteile, dass uns kaum selber etwas zum Tragen bleibt. Die Männer passieren mehrmals das Wasser und tragen zu guter Letzt noch unsere Räder auf den Schultern hinüber, damit sie auch ja nicht nass werden. Uns bleibt kaum Zeit, um schnell noch ein Foto von der fleißigen Truppe zu machen und uns zu bedanken - und weg sind sie. Wir sind überwältigt von so viel Hilfsbereitschaft.
Am folgenden Tag haben wir keine Lust auf eine weitere grau, trübe Regenfahrt und sitzen ihn einfach in unserem Zelt in dem nächsten Flusstal aus. Mathi versucht, uns von einer Staude aus dem nahen Dickicht, ein paar Bananen zur Vitaminversorgung zu holen. Es gelingt ihm. Doch müssen wir erstaunt feststellen, dass ihr Inneres mit vielen harten Kernen gespickt ist. Äußerlich ist ihnen kein Unterschied, zu den von uns allgemein bekannten Früchten, anzusehen und auch das Fruchtfleisch schmeckt ähnlich. Jedoch sind sie durch die vielen Kerne aber nicht wirklich essbar. Spätere Recherchen ergeben, dass dies Ur-Bananen waren, von denen die uns bekannten Zuchtbananen abstammen. Man lernt eben nie aus.
Der bei unserer Ankunft noch klare Fluss, hat sich bereits in der ersten Nacht in eine schlammig braune Brühe verwandelt. Als unsere Wasserreserven zu Ende sind und wir auch keine Möglichkeit haben, an Wassernachschub zu kommen, brechen wir, obwohl auch der nächste Tag nicht viel freundlicher ist, wieder auf.
Es geht nun auf dem Hummingbird Highway weiter, der die Küste mit Belmopan, der Hauptstadt des Landes verbindet. Er schlängelt sich durch grüne Landschaft, vorbei an einfachen kleinen Orten, mit palmengesäumten Straßenrändern und üppig blühenden bunten Sträuchern, während links der Straße die grünen Hänge des Maya-Gebirges sichtbar werden. Dort hinten steigt das Land immerhin auf um die tausend Meter an. Auch auf der Straße sind nun ein paar Höhenmeter zu bezwingen. Etwas ungewohnt nach den vielen Flachlandetappen, doch kein wirkliches Problem. Wir passieren viele Plantagen mit Zitrusfrüchten. Sehr lecker sieht das Zeug, das dort an den Ästen hängt nicht aus. Manche, der größeren Früchte erinnern uns sehr an die Kubaorangen, die wir zu DDR-Zeiten zu kaufen bekommen haben und schon damals, trotz Mangels an Alternativen nicht sehr gemocht haben. Auf weiteren Plantagen werden Zuckerrohr, Bananen, Kakao und Kokosnüsse angebaut. Dazu musste natürlich auch viel Urwald weichen. Aber von irgendwas muss das Land ja auch leben. Außer dem Tourismus gibt es nur wenig andere Ressourcen.
Direkt am Highway befindet sich der Blue Hole Nationalpark mit der St. Herman´s Cave. Im Einlassbereich darf man campen und so bauen wir zunächst unser Zelt in einer Ecke auf, ehe wir auf Erkundungstour gehen. Unterhalb des hier herrschenden dichten Dschungelgebietes befindet sich ein großes unterirdisches Höhlensystem, zu dem man an einigen Stellen Zugang hat. Ohne Führer darf man jedoch nur in die St. Herman´s Cave und das auch nur etwa 200 m weit. Mit Taschenlampen bewaffnet folgen wir dem mit kleinen Reflektoren markierten Weg. Ohne unsere Lichtquelle wäre es schon wenige Meter nach dem Eingang stockdunkel und man würde die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Wehe, wenn jetzt die Batterien ihren Geist aufgeben. Doch, das tun sie zum Glück nicht und so geht es vorbei an eindrucksvollen Stalaktiten und Stalagmiten, die auch vom durchfließenden Wasser bizarr geformt wurden, welches meist verborgen im Dunkeln vor sich hin rauscht und plätschert. Schnell ist das Ende des freizugänglichen Weges erreicht und wir müssen umkehren und wieder ins trübe Tageslicht hinaufsteigen. Wir folgen einem, vom immer noch herabfallenden Nieselregen durchweichten, Pfad, der sich scheinbar endlos durch den Dschungel windet. Viele Schilder informieren über die hiesige Vogelwelt. Zusehen bekommen wir nicht einen. Kein Wunder, bei dem Wetter. Da bleibt jeder lieber daheim. Endlich erreichen wir The Blue Hole - das Blaue Loch, dass dem Nationalpark seinen Namen gegeben hat. Das runde Loch mitten im Regenwald, das durch den Einsturz einer Höhle entstanden ist, ist Teil des unterirdischen Höhlensystem und wird von dessen Wasser gespeist. Es soll an heißen Tagen eine herrliche Möglichkeit für ein erfrischendes Bad sein. Da wir heute aber ohnehin schon reichlich durchnässt sind, ist uns nicht nach einem Bad. Und außerdem ist das Loch gar nicht blau, sondern grün. Beleidigt machen wir uns wieder auf dem Weg zurück zum Zelt - dort drin ist es wenigstens trocken.
Am nächsten Tag erreichen wir die Hauptstadt Belmopan, etwa im Mittelpunkt des Landes. Sie ist allerdings nur die fünftgrößte Stadt von Belize und wurde erst vor 50 Jahren auf Urwaldrodungen gegründet. Das anhaltende miese Wetter verleitet uns nicht zu näheren Erkundungen der Stadt und so bekommen wir auf der Suche nach einer trockenen Unterkunft nur die ländlichen Vororte zusehen. Die gefundene Übernachtungsstätte ist dann aber ein ganz besonders hübsches Fleckchen. Eine Handvoll kleiner Hütten auf Stelzen in einer liebevoll angelegten kleinen Anlage. Wir beziehen unser kleines Häuschen und können ganz entspannt dem Geprassel des Regens auf dem Dach zuhöre.
Unsere Runde durch Belize geht seinem Ende zu und nun streben wir gen Osten zum Grenzübergang nach Guatemala. Auf dem Weg nach San Ignacio, zu unserem letzten Zwischenstopp im Lande, begegnen wir mal wieder einem Gleichgesinnten. Jason aus den USA ist total aus dem Häuschen, sind wir doch die ersten Reiseradler, denen er begegnet, seit er vor fast drei Monaten in New York gestartet ist. Er genießt den Plausch mit seinesgleichen und wir stehen lange zusammen am Straßenrand, um Erfahrungen auszutauschen. Gott sei Dank, hat nun auch das Wetter mal ein Einsehen und lässt den Regen innehalten. Als sich jedoch unsere Wege wieder trennen - Jason hat noch viel vor, denn er will in den nächsten vier Monaten es noch bis nach Feuerland schaffen - ziehen die nächsten dunklen Wolken heran. Wir kommen noch gerade so nahezu ungeschoren in San Ignacio an, ehe auch diese Wolken ihr Nass entladen. Auch hier beziehen wir ein trockenes Zimmerchen und hoffen inbrünstig, dass der Wetterbericht hält, was er verspricht, denn es ist nun absehbar wieder Besserung angesagt.
San Ignacio ist ein erstaunlich lebhaftes Örtchen. Viele Touristen sind im Straßenbild zu sehen und dementsprechend viele Unterkünfte, Travellerkneipen und Touranbieter säumen die Straßen. Viele nutzen die Stadt, als Ausgangspunkt zu den vielen besuchenswerten Stellen im Lande. Am Abend erstrahlt der Ort an allen Ecken im weihnachtlichen Lichterglanz.
Pünktlich am Weihnachtstag ist endlich, nach 5 hartnäckigen Regentagen, auch die erhoffte Sonne wieder da. Richtiges Feiertagswetter. Wir fahren noch eine letzte Maya-Ruinenstätte hier im Lande an. Sie liegt auf dem Weg zur Grenze, nur reichlich 10 km von San Ignacio entfernt. Schon bei der Anfahrt kann man die höchsten Pyramiden von Xunantunich erblicken, denn die Anlage liegt auf einer Anhöhe weit über der Ebene. Nach dem Passieren des Mopan River mittels einer handbetriebenen Fähre, geht es über knapp 2 km, zum Teil sehr steil, hinauf zur Anlage. Die meisten Besucher lassen sich motorisiert in Kleinbussen hinauf kutschieren. Wir schaffen es mit eigener Kraft.
Der schwer einprägsame Name Xunantunich bedeutet Steinerne Frau. Das Gelände ist weitläufig und in verschiedene Plazas unterteilt. Die vielen verschiedenen, mal mehr oder weniger hohen Gemäuer werden von der großen Hauptpyramide überragt, die an beiden Seiten jeweils einen bemerkenswerten Stuckfries aufzuweisen hat. Von oben hat man einen fantastischen Blick auf die Anlage und die Umgebung und wir werfen einen ersten Blick auf das nahe Guatemala. Die Ausgrabungsstätte ist ziemlich frequentiert, obwohl es erst zeitiger Vormittag ist. Nachdem wir uns überall umgeschaut und alle zugänglichen Aussichtstellen erklommen haben, machen wir uns nun endgültig auf den Weg zur Grenze. Schnell sind wir wieder unten am Fluss und zurück auf der Straße Richtung Grenzübergang.
Nach 16 Tagen verlassen wir das kleine Belize, den zweitkleinsten Staat auf dem amerikanischen Kontinent. Auch die Sehenswürdigkeiten und Highlights des Landes sind nicht riesig, doch seine Landschaft und Natur bietet viel Abwechslungsreiches und seine Bevölkerung ist nicht nur bunt gemischt, sondern auch unglaublich nett. Wir haben uns wohlgefühlt, freuen uns nun aber auf das nächste Land.
Good bye, Belize!