5. April - 6. Mai 2018
Hampi - Chennai - Andamanen
Geradelte Strecke: 589 km (Insgesamt 5185 km)
In Hampi zerbrechen wir uns, neben dem dortigen schönen und interessanten Besichtigungsprogramm, auch weiterhin den Kopf, was wir mit der uns nun noch verbleibenden Zeit, bis zum Rückflug nach Deutschland, anstellen wollen. Außer den Tagen, die wir noch bis Chennai auf den Straßen verbringen müssen, und einigen Besuchstagen, dort bei unserer Tochter, bleiben uns noch ungefähr zwei Wochen unverplante Zeit. Interessante Abstecher auf dem Weg zu unserem Ziel lassen sich einfach nicht finden und ehrlich gesagt haben wir auch keinen Bock mehr auf weiteres Kilometerschinden auf den indischen Straßen. Was also machen???
Dann haben wir eine Idee: Da gibt es doch noch ein paar indische Inseln, weit abgelegen, draußen vor der Ostküste - die Andamanen .... Nach einigem Abwägen von Für und Wider, machen wir dann Nägel mit Köpfen, bzw.: buchen einen Flug, der uns von Chennai dorthin bringen soll.
Und nun haben wir es plötzlich ganz eilig und machen uns voll motiviert an die letzten Radelkilometer durch Indien Richtung Ostküste. Knapp 600 Kilometer sind es noch bis Chennai. Die folgenden 7 Tage fahren wir im Durchschnitt täglich mehr als 80 km - an zwei Tagen sogar über 100. Dagegen ähnelte ja unser bisheriges Vorwärtskommen eher gemütlichem "Dahinschlendern".
Die vor uns liegende Strecke lädt auch kein bisschen zum längeren Verweilen ein. Schon bald nach unserem Aufbruch in Hampi endet die schöne Felslandschaft und wenig später wird es auch wieder zunehmend trockener und öder. Die Straße ist 2-spurig, ohne Randstreifen und nicht die beste. Doch es kommt noch schlimmer. Immer wieder quälen wir uns über lange, nicht endenwollende Straßenbaustellen und wechseln hin und her zwischen der alten ramponierten Fahrbahn und provisorischer Schotterpiste voller Huckel und Löcher, umfahren im Bau befindliche Brücken und dürfen zur Abwechslung auch mal eine halbwegs fertiggestellte Richtungsfahrbahn nutzen, die man sich natürlich mit dem Gegenverkehr teilen muss. Der Verkehr ist nicht gerade wenig, auch wenn die Strecke, offensichtlich vom ganz großen Durchgangsverkehr verschont wird. Wer hier nicht unbedingt lang muss, sucht sich wahrscheinlich was besseres, auch wenn es einen Umweg bedeutet.
Die spinnen die Inder, hunderte Kilometer auf einmal bauen und nichts geht scheinbar vorwärts. Viele Abschnitte liegen halb fertig im Dornröschenschlaf und eine Fertigstellung scheint fast utopisch. Wir schlucken jede Menge Dreck und sind total genervt. Und so geht es fast drei! Tage. Währendessen verlassen wir völlig ahnungslos den Bundesstaat Karnataka und fahren nun durch Andhra Pradesh.
Die kleinen und großen Ortschaften wechseln zwischen ganz o. k. - mit einigermaßen ordentlichen Unterkünften und Einkaufsmöglichkeiten, oder ganz übel - mit viel Dreck und nervigen Bewohnern. Trist und laut sind sie irgendwie alle. In dieser Region grüßen vielerorts übergroße und etwas gruselig aussehende Hanuman (Affengott)-statuen und wenn nicht, winkt eine in Gold gegossener wichtige Persönlichkeit zu uns herab.
Es finden sich unterwegs mehr oder weniger gute Zimmer, um sich unter der Dusche den Tagesdreck abspülen zu können und um sich in der Nacht unterm Ventilator von der Hitze zu entspannen.
Was das betrifft, ähnelt diese Indientour nun schon fast einem Luxustrip. Noch nie haben wir auf unseren Reisen so regelmäßig eine Dusche genießen oder unsere erschöpften Glieder in ein richtiges Bett legen können. Und das zu durchaus erschwinglichen Preisen von +/- 1000 Rupien (etwa 13 €) für ein Doppelzimmer.
Ehe hier aber ein falscher Eindruck entsteht, sei noch erwähnt: Viele dieser Zimmer sind weit entfernt von einem europäischen Standard. Dabei kommt es auch gar nicht so sehr darauf an, welchen Preis wir bezahlen. Einmal bekommen wir schon für 500 R ein recht ordentliches Zimmer und ein anderes Mal für 1500 R nur ein Dreckloch. Gut, wenn man dann die Möglichkeit hat weiterzuziehen.
Auch den Buchungsseiten im Internet kann man hierzulande, bezüglich der gemachten Angaben, nicht wirklich trauen. Doch wir sind schon froh, wenn die Bettwäsche sauber ist und im Bad das Wasser dort raus kommt und wieder abläuft, wo man es normalerweise erwartet. Aufgrund der inzwischen hohen Lufttemperaturen ist es uns mittlerweile wurscht, ob das Wasser warm ist. Auch mit dem überall vorhandenem Eimer samt Schöpfgefäß zum Duschen können wir uns abfinden (vorausgesetzt: er ist nicht total verkeimt), zumal sich in diesem wunderbar die Wäsche spülen lässt.
Die regelmäßigen Stromausfälle gehören mittlerweile zu unserem Alltag dazu und wir nehmen es genauso gelassen hin, wie die Inder, in der Gewissheit: irgendwann ist der Strom schon wieder da. Die Uhr danach stellen kann man allerdings nicht, es ist zu jeder Tages- und Nachtzeit damit zu rechnen.
Dass man hier meist unaufgefordert und manchmal schneller, als man gucken kann, das Gepäck durchs Haus transportiert bekommt, genießen wir nach einem harten Radeltag inzwischen ganz selbstverständlich. Diesen Komfort gibt es auch schon in unserem niedrigen Budget. Gegen Trinkgeld natürlich, doch das haben die sich angesichts unseres Gepäckberges wirklich verdient. Wenn nötig, trägt man sogar unsere Räder durchs Haus. Nur das Abladen bleibt für uns zu tun, denn mit der Technik kommen sie so schnell nicht zurecht - das ist auch besser so.
Selbstverständlich gibt es auch Unterkünfte mit einem höheren Standard und natürlich für mehr Geld, als die von uns gewählten. Doch diese sind noch weniger flächendeckend verfügbar, wie die von uns benutzten, nämlich nur in wirklich großen oder wichtigen Städten.
So bleibt es uns, mangels Alternativen, auch nicht erspart noch ein paar Zeltübernachtungen einzuschieben. Mit etwas Suchen und guter Vorausplanung ist das aber weiterhin in Südindien kein großes Problem. Stellenweise haben wir jedoch Mühe schattige Plätze zu finden und die dornigen Büsche überall bereiten uns nach wie vor Schwierigkeiten - weitere Plattfüße bleiben nicht aus.
Die Gegend ist langweilig und meist trostlos und karg. Einzige Abwechslung ist eigentlich nur, der sich ständig ändernde Straßenzustand. Trotz der Straßenwidrigkeiten, kommen wir aber gut vorwärts, denn zum Glück geht es nur wenig Auf und Ab. Und wir können es zunächst gar nicht glauben, als endlich Schluss mit dem ununterbrochenen Straßenneubauunwesen ist. Die Straße wird besser und ist sogar manchmal mit einem Randstreifen ausgebaut.
Wir erreichen den letzten Ort in Andhra Pradesh. Nur wenige hundert Meter weiter wechseln wir hinüber nach Tamil Nadu, dem für uns letzten indischen Bundesstaat auf dem Festland. Wir wissen, dass dort eine deutlich schlechtere Alkoholgesetzgebung herrscht, als hier im Nachbarstaat. Das bedeutet uns erwartet wieder ein viel begrenzteres Angebot und höhere Preise. Da liegt es für uns nahe, vor der "Grenz"überfahrt schnell noch einmal einzukaufen. Und wir finden auch einen der unscheinbaren Bottlestores. So heruntergekommen, wie der jedoch ist, so gut besucht ist er auch. Hoffentlich machen wir nicht auch so einen verwahrlosten Eindruck, wie die meisten, der anderen Kunden!? ... nein, wir denken nicht, immerhin können wir noch ohne viel Mühe unser Räder händeln und geradeaus fahren - sie haben dagegen nicht mal mehr ihre zwei Beine, geschweige denn ihre Zunge richtig im Griff. Jedenfalls sind wir nun gut ausgerüstet für eine letzte Nacht im Zelt vor unserer großen Zielankunft.
Nach 7 Tagen kommen wir in den Ballungsraum rund um die Großstadt Chennai und die Zivilisation wird deutlich mehr. Die Vororte gehen ineinander über und man merkt gar nicht, wo Chennai eigentlich beginnt. Das erhöhte Verkehrsaufkommen wird durch breitere Straßen etwas ausgeglichen. Dennoch wird es eine letzte schweißtreibende Quälerei, sich durch das hupende Verkehrsgewimmel zu wühlen und man muss höllisch aufpassen, um den anderen Fahrzeugen nicht ins Gehege zu kommen.
So sind wir erleichtert, endlich das Wohngebiet unserer Tochter zu erreichen. Nun geht es kreuz und quer auf Nebenstraßen weiter. Mit den letzten Kurven wird es deutlich grüner und ruhiger. Wir kommen in ein anderes, moderneres Indien, wie wir es in den zurückliegenden Wochen so nie kennengelernt haben. Aber welches der schmucken Häuser ist es? Wir finden das Richtige und -
wir haben unser Tourziel erreicht - nach 5200 geradelten Kilometern!
Unsere Tochter Michaela arbeitet zurzeit in Chennai und erwartet hier nun schon seit Längerem unseren Besuch. Das war unter anderem auch unser Beweggrund zu dieser Reise. Dass ihre Eltern für die Anreise dazu das Fahrrad benutzen, ist für sie gewiss nichts Außergewöhnliches, ist sie doch inzwischen an unser Rumtreiberleben gewöhnt und macht es uns ja in gewisser Weise auf ihre Art nach. Die Fahrt durch Indien mit dem Rad hat sie allerdings versucht uns auszureden. Doch soweit kommt es noch, dass die Eltern auf die Kinder hören!
Nun werden wir jedoch von Michi aufs Beste empfangen, genießen Brot mit deutscher Wurst, die sie, als Vegetarierin, extra hat aus Deutschland für uns einfliegen lassen und feiern unser Wiedersehen mit deutschem Bier und Wein auf der lauschigen Dachterrasse. So schön kann Indien sein - nur aus der Ferne dringt die vertraute Hupmusik zu uns herauf.
Wir genießen das "luxuriöse" indische Leben in Michis Heim. Ihre Vermieter möchten gern die seltsamen Eltern ihrer Hausbewohnerin kennenlernen und laden uns ein. Die unterhaltsamen Abende sind für beide Seiten interessant. So bekommen wir einen Einblick in das Leben einer indischen Familie, die in einer höheren Gesellschaftsschicht angesiedelt ist. Das sind schon krasse Gegensätze zu dem einfachen Leben, dass wir unterwegs beobachtet haben. Auch haben die Gastgeber zudem viel Freude daran, uns kulinarisch zu verwöhnen.
Nach 5 herrlich entspannten Tagen im Familienkreis packen wir das Nötigste in einen geborgten Rucksack, lassen Räder und Ausrüstung vorübergehend in unserem Basislager zurück und besteigen ein Flugzeug Richtung Osten. Auch Michi muss zurückbleiben, die Arme muss arbeiten, denn wenigstens einer in der Familie muss ja das Geld verdienen.
Die Andamanen liegen mehr als 1000 km entfernt vor der Ostküste. Fast in Reichweite der südostasiatischen Länder jenseits des Ozeans, gehören sie dennoch zu Indien. Reichlich 2 Stunden Flug und wir erreichen als Backpacker getarnt die Inselgruppe.
Unser indisches Visum hat auch hier seine Gültigkeit, dennoch lässt man Ausländer nicht so einfach rein. Bei der Einreisekontrolle müssen wir eine Aufenthaltserlaubnis beantragen: Zunächst füllen wir einen umfangreichen A4 Fragebogen aus, der von einer Beamtin genau kontrolliert wird - ups, da haben sich doch tatsächlich Ungenauigkeiten eingeschlichen - dann gibt ein weiterer Beamter das Wichtigste in den Computer ein und - ja, wir sind immer noch im fotografierwütigen Indien - lichtet uns ab. Dann ein letzter Stempel von einem weiteren wichtigen Mitarbeiter und wir haben das wichtige Zettelchen in der Hand. Ein Wunder, dass man sich das nicht mit einer saftigen Gebühr bezahlen lässt - vielleicht ist man nur noch nicht darauf gekommen. Da in unserem Flieger nicht viele unseresgleichen saßen, geht die Prozedur glücklicherweise ohne längere Wartezeit vonstatten.
Ohne diese Genehmigung geht hier auf den Inseln gar nichts. Man braucht es zum Buchen der Fähren und zum Einchecken in den Unterkünften. Verlieren möchte man das Ding nicht, dann gibt es bestimmt Ärger. Vielleicht wird man gar in die Verbannung auf eine der unbewohnten Inseln geschickt, einige der über 200 sollen noch frei sein!?
Port Blair, die Provinzhauptstadt der Andamanen, mit dem wichtigsten Flug- und Schiffereihafen der Gegend, ist für die meisten Reisenden nur Durchgangsstation. Fast alle zieht es weiter an die Strände auf eine der touristischen Inseln. Die beliebteste ist Havelock und dort wollen auch wir so bald wie möglich hin.
Also schnell ein Zimmer belegt und schon flitzen wir in der sengenden Nachmittagshitze zum Hafen, um eines der begehrten Fährtickets an den nächsten Tagen zu ergattern. Wir bekommen welche, allerdings erst für den übernächsten Tag. Dass diese Aktion jedoch ein Kinderspiel war, im Gegensatz zu dem, was uns bei unserer Rückfahrt erwarten wird, ahnen wir nicht.
So vertreiben wir uns am folgenden Wartetag, die Zeit in der Hafenstadt. Port Blair ist sehr überschaubar und wider Erwarten ein recht nettes Städtchen. Indisch halt, aber gemäßigt. Wir besuchen ein Marinemuseum, um uns auf die uns umgebende Wasserwelt einzustimmen. Das Museum ist nicht groß. Um einen teilweise etwas kitschig angelegten Garten gibt es eine handvoll, Gott sei Dank - klimatisierte, kleine Ausstellungsräume zu verschiedenen Themen, wie Fische, Korallen, Muschel usw.
Am nächsten Nachmittag schleppen wir (bzw. Mathias) unseren großen Rucksack zum Fährhafen. Wieder fast nur Inder an Bord, meist im Familienverbund. Groß ist der Kahn nicht und auch nicht besonders komfortabel, doch die reichlich 2 Stunden lässt es sich aushalten. Die Reisenden vertreiben sich die Zeit mit Plätzetauschen und setzen sich mal hier und mal da hin. Stillhalten können sie scheinbar nur schlafend oder mit dem Handy in der Hand, aus dem dann, für alle gut hörbar, ein Mix aus allen möglichen Musikrichtungen oder eintönigen Begleitgeräuschen zu Spielen erschallt. Die See vor den verdreckten Bullaugen ist ruhig, keiner hat einen Grund seekrank zu werden - alles gut. Genauso pünktlich, wie wir abgelegt haben, legen wir auch im Fährhafen von Havelock an.
Anders, als erwartet, drängen sich keine nervigen Schlepper auf die Ankommenden. Haben die das hier nicht nötig oder sind sie einfach nicht geschäftstüchtig genug?
Wir haben uns schon zu Fuß aufgemacht, den Hafen zu verlassen, ehe ein Tuktukfahrer uns anspricht. Na endlich? Nun kommen wir hier in Indien das erste Mal in den Genuss einer Fahrt mit einer Motorrikscha. In den vergangenen Wochen sind nur unzählige an uns vorbeigeknattert. Der Fahrer macht einen guten Job und bringt uns, wie gewünscht zu einer, unseren Vorstellungen und der Geldbörse gemäßen, Strandhüttenanlage.
Gleich die erste Hütte, die wir begutachten, beziehen wir und richten uns für die nächsten Tage hier ein. Die Anlage erstreckt sich unter einem dichten Blätterdach von Palmen, aus deren Wipfeln hin und wieder reife Kokosnüsse hinunterdonnern. Daran müssen wir uns erst mal gewöhnen, um nicht mehr bei jedem Krachen auf eines der Hüttendächer zusammenzufahren. Eigentlich verwunderlich, dass man noch nie was von Kokosnusserschlagenen gehört hat - aber auch beruhigend.
Die folgenden 10 Tage verbringen wir überwiegend mit faulenzen, lesen, baden, essen und schlafen. Havelock ist dafür geschaffen, um ein paar Tage Ruhe und Entspannung zu finden. Alles sehr dörflich hier. Nur an der einzigen Kreuzung, wo sich die zwei Hauptstraßen der Insel Richtung Hafen vereinen, gibt es ein kleines Ortszentrum und die Möglichkeit in einem Laden oder auf dem nahen Markt sich etwas zu versorgen.
Wenige Schritte von unserer Türschwelle entfernt erstreckt sich einer der Strände der Insel. Beach Nummer 5 - hier sind die Strände durchnummeriert - ist gesäumt von großen Palmen oder von knorrigen Mangroven überwuchert. Bei Flut plätschert das Wasser bis fast an den Rand des Strandes, sonst muss man eine Ewigkeit laufen, um beim Schwimmen nicht mehr mit dem Bauch über den Boden zu schrammen. Denn bei Ebbe zieht sich das Wasser einige hundert Meter zurück und hinterlässt ein paar abgestorbene Korallen und vereinzelte kleine Felsen. Hier und da ein paar einsame Bader aus den anliegenden Urlauberanlagen, ansonsten recht idyllisch und aufgrund der weit über den Strand ragenden Bäume angenehm schattig.
Das Baden ähnelt eher einem gut temperierten Vollbad in einer riesigen Badewanne. Nur den Panoramapostkartenanblick, auf die üppig grüne Insel, hat wohl kein Badezimmer zu bieten. Das Wasser ist herrlich klar, leuchtet unwirklich kitschig türkisblau (die Fotos benötigen keine Nachbearbeitung) und dürfte eine Temperatur von über 30 °C haben. Erfrischend ist es daher kaum.
Von der hier viel gerühmten bunten Unterwasserwelt bekommen wir allerdings leider nichts mit und unser extra in Chennai erworbenes Schnorchelset kommt nicht zum Einsatz - schade. Dazu müsste man sich mit einem Boot weiter hinausfahren lassen und an einem der hier angebotenen Tauchgänge teilnehmen. Das ist aber nur was für Könner, also nichts für uns - man kann ja schließlich nicht alles können. Doch bloß gut, dass wir uns wenigstens im Museum von Port Blair über das Meeresleben informiert haben, so wissen wir wenigstens, was uns erwartet hätte, wenn ...
Wir besuchen auch andere Strände, u. a. den, in Reiseführern hochgelobten - warum auch immer, ungewöhnlich bevölkerten Beach 7. Der scheint ein richtiger Pilgerort der indischen Urlauber hier zu sein. Doch diese begnügen sich damit, sich in unmittelbarer Nähe des recht aufwendig gestalteten Zugangs zum Strand aufzuhalten und evtl., gleich davor am Ufer, mit den Füßen im Wasser, meist komplett bekleidet, sich zu erfrischen. Schwimmen sieht man kaum einen Inder. Insbesondere im Sari müsste das ja auch schlecht möglich sein. Ansonsten ist auch dieser lange Strand fast leer. Kein Wunder, denn im Gegensatz zu "unserem" Strand, liegt er zudem den ganzen Tag in der prallen Sonne.
Einen Vormittag machen wir eine ziellose kleine Wanderung durch das zugewachsene dschungelähnliche Inselinnere und genießen ein bisschen Urwaldfeeling. Und das war es auch schon an Aktivitäten.
Die größte Herausforderung stellt vielleicht das abendliche Essensuchen dar. Kleine typisch indische Straßenrestaurants gibt es genug, doch wir müssen erst ein paar Enttäuschungen hinnehmen, ehe wir zwei von ihnen zu unseren Stammkneipen erklärt haben. Nun ja, was das betrifft, sind wir aber auch sehr wählerisch geworden.
Erstaunlicherweise vergeht die Zeit, trotz Müßiggangs, wie im Fluge. Das einzig Aufregende in den Tagen auf Havelock, ist die Beschaffung eines Tickets für die Fähre zurück nach Port Blair.
Drei! Mal pilgern wir dazu in den 5 km entfernten Hafen. Das erste Mal sagt man uns, dass Tickets nur 3 Tage im voraus verkauft werden, das zweite Mal heißt es dann: 2 Tage vorher. Ja, was denn nun!? Der Frustpegel steigt langsam und wir ahnen nichts Gutes, als wir uns ein drittes Mal auf den Weg machen:
Schon ungewohnt früh am Morgen sind wir unterwegs, denn wir wollen nun kein Risiko mehr eingehen und bei Öffnung der Schalter um 9:00 Uhr bereitstehen. Doch an diesem Tag ist die Anzahl der Wartenden groß, viel mehr als bei den beiden vorhergehenden Versuchen. Wir reihen uns brav ein, jeder in seiner Reihe: Frauen hier und Männer da.
Dann folgt eine wahre Odyssee. 2 1/2 Stunden verbringen wir in dem stickigen Gedränge. Nichts geht vorwärts. Irgendwie vermehren sich die vor uns Stehenden auf wundersame Weise, denn die Schlange wird nicht kürzer. Manche scheinen gleich für das ganze Dorf Tickets haben zu wollen und die Bürokratie, mit der das Ausstellen geschieht: hier ein Formular, da ein Formular ..., könnten glatt Deutsche erfunden haben, allerdings wahrscheinlich etwas organisierter.
Es würde ja auch reichen, wenn sich abwechelnd nur einer von uns anstellt, doch da es nicht absehbar ist, welche der Reihen nun die bessere ist, harren wir eben beide geduldig aus. Vor uns in der Reihe eine handvoll Ausländer. Einige müssen unverrichteter Dinge abziehen oder ihre Reisepläne ändern, weil die gewünschten Fähren voll oder gar gecancelt sind. Hoffentlich haben wir mehr Glück.
Wir bangen immer mehr und die Beine werden immer schwächer und dann endlich - Mathi gewinnt den Anstehmarathon, während Petra gegen die immer mehr hinzudrängende Frauenschar nur wenig Chancen hat und sich geschlagen geben muss.
Noch ein kurzer Schreck durchfährt unsere erschöpften Glieder: man will eine Kopie der Einreiserlaubnis haben. Während Mathi am Schalter seine Position verteidigt, flitzt Petra in eine nahe kleine Kopierbude und eilt mit dem geforderten zurück. Die "wichtigen" Zettel landen mit Schwung in einem großen, schon reichlich gefüllten Pappkarton - bestimmt auf Nimmerwiedersehen, doch was sein muss, muss sein.
Total erleichtert, mit dem gewünschten Ticket in der Hand und fix und fertig, aufgrund der überstandenen ungewohnten Strapazen, kehren wir unverzüglich in unser Hüttchen zurück und müssen uns den Rest des Tages dort vom Abenteuer Indien erholen.
Angemerkt sei: Wie schon sehr häufig in Indien erlebt, auch bei diesen Fährfahrten genießen Ausländer ein besonderes Privileg - sie bezahlen fast das 10-Fache des Ticketpreises der Inder, für die gleichen Plätze und den gleichen Komfort, inklusive dem Gedränge am Fahrkartenschalter. Ein bequemerer Ausweg wäre vielleicht die Benutzung einer der noch teureren Privatfähren - wir haben es nicht probiert.
Nach 10 herrlich relaxten Tagen verlassen wir wehmütig wieder Havelock. Doch einen kleinen Makel hat das idyllische Inselchen: Es ist uns hier nicht gelungen den Badeurlaub mit Bier zu krönen - wir haben keines auftreiben können. Auch das Internetnetz war sehr dürftig und eigentlich so gut, wie nicht verfügbar. Doch, siehe da, es geht auch ohne. Für ein paar schöne Tage im Paradies kann man schon mal auf digitale Welt und Alkohol verzichten.
Auf einen Besuch von weiteren Inseln der Andamanen verzichteten wir schon im Vorfeld aufgrund der mühsam zu organisierenden Fährfahrten. Unerwartet wieder nicht indientypisch schippern wir pünktlich und unspektakulär zurück nach Port Blair und huch, wir hatten es schon fast vergessen, wie es ist, sind wir wieder umgeben von nervigem Verkehrsgewusel. Eigentlich ein Wahnsinn, wie viele Fahrzeuge sich auf diesem kleinen Eiland drängen, wo es kaum Strassen gibt. Da war es doch auf Havelock entschieden beschaulicher.
In Port Blair vertreiben wir uns die restlichen 2 Tage bis zum Rückflug unter anderem mit der Besichtigung einer eher unrühmlichen Hinterlassenschaft der ehemaligen britischen Besatzer. Diese haben zur Zeit der Kolonialherrschaft die weitabgelegenen Andamanen als Strafkolonie für politische Strafgefangene genutzt und ein gewaltiges Gefängnis errichten lassen. Nichts von wegen Urlaubsparadies damals. Aus dem riesigen Bau für fast 700 Insassen hat man ein Museum und eine Gedenkstätte gemacht. Es gibt einen Inforaum über die Geschichte, im Innenhof hat man ein paar Szenen aus dem Gefängnisalltag nachgebildet und den Galgenraum kann man auch sehen. Drei von ehemals 7 sternförmig angeordneten dreistöckigen Zellenblocks stehen noch und sind auch recht gut erhalten. Lauter kleine Einzelzellen, alle leer und eine wie die andere, sodass man sich eine Besichtigung jeder einzelnen sparen kann. Vom zentralen Hauptturm aus hat man einen Überblick über den erhaltenen Teil der Anlage und von den begehbaren Dächern einen schönen Ausblick auf die Umgebung. Bis nach Havelock kann man gucken. Doch schon bald ist man mit dem Besichtigungsprogramm durch.
Der April geht zu Ende und nach monatelanger Trockenzeit und nichts als eitel Sonnenschein ziehen nun immer öfter vereinzelte Wolken über den Himmel. Auch wenn die meiste Zeit es Tages noch immer unverdrossen die Sonne auf uns herabknallt und von Abkühlung keine Spur ist, werden die kurzen Regenschauer so nach und nach immer intensiver.
Mit dem Mai beginnt nun endgültig die Monsunzeit - Zeit zum Abreisen. So besteigen wir genau zum richtigen Zeitpunkt wieder einen Flieger, der uns zurück nach Chennai bringt.
Unser Fazit des Andamanentrips: Ein schöner und vor allem entspannter Abschluss unserer Indienreise. Wir haben das faule Inselleben genossen. Viel Spannendes zu erleben gibt es hier nicht, doch das haben wir auch nicht erwartet. Erfreulicherweise war trotz der zu Ende gehenden Saison, die touristische Infrastruktur vorhanden. Viel erwarten sollte man jedoch auch diesbezüglich nicht. Da hat das touristische Goa an der Westküste schon etwas mehr zu bieten. Zudem hat sich dieser Aus-"Flug", aufgrund unseres vorteilhaft liegenden Basislagers in Chennai, regelrecht angeboten. Für einen ganz normalen Jahresurlaub extra um die halbe Welt hier her zu fliegen (man kann die Inseln nur von Indien aus erreichen), scheint sich nicht so anzubieten. So waren auch unerwartet wenige ausländische Touristen hier unterwegs. Die Inseln sind eindeutig ein Domizil für gut betuchte indische Urlauber.
Zurück in Chennai machen wir uns daran unseren Heimflug nach Deutschland vorzubereiten.
Ein bisschen komisch wird es uns nun aber schon, nach so langer Zeit, Indien wieder zu verlassen. Fast 4 Monate, so lange, wie noch nie, haben wir uns außerhalb Deutschlands ununterbrochen in ein und dem selben Land, aufgehalten.
Was bleibt in unseren Gedanken am Nachhaltigsten zurück? Was haben wir in dem Land nun tatsächlich erfahren, vor dem wir im Vorfeld einen so großen Respekt hatten?
Wir lassen diese Reise ausklingen, indem wir versuchen in aller Ruhe die vielen Eindrücke erstmal zu verarbeiten und zu entwirren - wir werden Euch von dem Ergebnis berichten.
- und ja, wir freuen uns auf die vertraute Heimat, auf all die in den letzten Wochen entbehrten und gewohnten Annehmlichkeiten und natürlich auf alle, die dort auf uns warten.