18. März - 4. April 2018
Goa - Gokarna - Jog Falls - Hampi
Geradelte Strecke: 544 km (Insgesamt 4596 km)
Wir hatten eine herrlich entspannte Zeit an den Stränden von Goa - eben wie ein wohlverdienter Urlaub so sein sollte. Doch nach zwei Wochen Faulenzerei geht es, so wie im wirklichen Leben, auch für uns schweren Herzens wieder an die Arbeit, in unserem Fall, zurück auf die Räder.
So ganz müssen wir uns aber noch nicht vom Meer trennen, denn zunächst folgen wir weiterhin der Küste südwärts. Unser nächstes Ziel, der Pilgerort Gokarna, liegt knappe 100 km entfernt. Aber ist das als Tagesetappe nach so vielen Ruhetagen machbar? Wir sind etwas skeptisch. Doch die Unterkunft haben wir bereits gebucht, also müssen wir da durch.
Nach 25 km erreichen wir auf einer ruhigen Nebenstraße die Grenze zum nächsten Bundesstaat, Karnataka. Hier findet sich in der Gegenrichtung so ein schönes Willkommensschild nach Goa, wie wir es uns aus fototechnischen Gründen bei unserer Einfahrt aus Norden gern gewünscht hätten. Doch nun bleibt uns nur ein sehnsüchtiger Blick zurück.
Auf der Seite Goas warten eifrige Polizisten auf ahnungslose Motorradfahrer, welche die hier herrschende Vorschrift, die das Tragen von Helmen außerhalb von Ortschaften vorschreibt, nicht kennen, um diese abzustrafen. Wie gemein! Die Pflicht besteht zwar landesweit, doch in diesem Bundesstaat scheint man, sicher aufgrund der vielen zahlungsfähigen Touristen, die hier mit ihren Mietkarren herumdüsen, viel mehr Wert auf die Einhaltung zu legen. In den vorherigen Bundesstaaten knatterten fast alle barhäuptig herum und wir haben bisher nie solche Kontrollen gesehen, in Goa jedoch mehrere.
In Karnataka hingegen werden wir stattdessen mit einer mehrspurigen nagelneuen Straße empfangen, auf der es die nächsten Kilometer super rollt. Das haben wir nun schon mehrmals erlebt, dass sich der nächste Bundesstaat mit solcherlei präsentiert, wie um den Nachbarn zu zeigen, wie toll sie sind. Doch nach nur wenigen Kilometern ist der Spaß vorbei und man ist wieder auf ganz normalen Landstraßen unterwegs, während der daneben befindliche weitere Straßenausbau einen recht verschlafenen Anblick bietet und nicht selten die eigentliche Straße durch Umfahrungen in Mitleidenschaft zieht.
Die Sonne brennt unbarmherzig auf uns herab, die Luftfeuchtigkeit ist hoch und es ist eigentlich nur mit Fahrwind auszuhalten. Dennoch kommen wir ganz gut vorwärts, abgesehen von einigen wenigen kurzen Anstiegen.
Kurz nach Mittag haben wir schon etwa 70 km geschafft. Nun können wir auf einer Nebenstraße ein paar Kilometer abkürzen. Laut Karte führt sie zu einer Bucht, die mit einer Fähre passierbar sein soll. Hoffentlich wissen die das dort auch. Doch alles gut. Wir kommen mal wieder genau richtig, um ohne lange Warterei hinüberzusetzen. 5 Rupien (etwa 7 Eurocent) kostet das pro Nase, Fahrräder sind umsonst. Wie finanzieren die den Kahn nur? Doch er wird rege genutzt und wir sind nicht allein. Am anderen Ufer erwartet uns jedoch mal wieder ein Plattfuß, der uns, so nah am Ziel, zu einer Pause im Palmenschatten zwingt.
Nur wenige Kilometer später ist Gokarna erreicht. Der kleine Ort direkt am Meer hat nicht nur einen kilometerlangen Sandstrand zu bieten, sondern auch mehrere Tempel und heilige Quellen. So ist er Anziehungspunkt für Touristen als auch für Pilger.
Diesmal haben wir uns in einer Hütte in Strandnähe und umgeben von Gemüsegärten eingemietet und eine gute Wahl getroffen. Sie ist zwar schwer erreichbar, denn nur ein schmaler sandiger Weg führt dahin, gespickt mit kleinen Hindernissen in Form von Stufen und eingebauten Engstellen, um den Kühen den Zugang zu den nahen Gärten zu verwehren, doch dafür haben wir eine himmlische Ruhe. Die einzigen Lärmquellen sind hier die Natur und der Ventilator in unserem Zimmer, denn ohne ihn wird der Aufenthalt in unserem kleinen bescheidenen Heim sonst sehr schweißtreibend. Unser Zeitplan erlaubt es uns hier noch mal ein paar faule Tage einzulegen und schnell sind wir wieder in unserem nun schon gewohntem Ruhemodus.
So, wie auch unsere Bleibe reihen sich entlang des Strandes, versteckt hinter Palmen und Büschen, viele Strandunterkünfte und kleine einfache Restaurants. Ohne entsprechende Hinweisschilder wären sie teilweise kaum auszumachen. In einem von ihnen kann man gar in dicht nebeneinanderstehenden kleinen Zelten, ähnlich dem unseren, übernachten und das für nicht wenig Geld. Aber wer will denn so was? Vielleicht ja jemand der sonst nie campt und sich so eine Nacht am Meer besonders idyllisch vorstellt. Wir ziehen uns da lieber ein bequemes Bett und den Windmacherventilator vor. Vielleicht würde sich ja indessen ein gut zahlender Mieter für unser Zelt finden? - prima Idee, aber wir probieren es nicht.
Der Strand in Gokarna ist eher langweilig, 6 km nichts als Sand und in der Hitze des Tages fast menschenleer. Erst bei Sonnenuntergang kommen einige hinzu, um sich das allabendliche Naturspektakel anzusehen. Wir wandern einen Tag zum südlicher gelegenen Kudle Beach. Der liegt in einer kleinen Bucht und hat zumindest ein paar nette Felsen zu bieten. Obwohl die Bucht nur zu Fuß erreichbar ist, finden sich auch hier ein paar einfache Unterkünfte und Freiluftkneipen.
Mit ausgedehntem Baden wird während unseres Aufenthaltes jedoch nichts, denn das Meer ist sehr stürmisch. Große Wellen tauchen einen schneller ins Wasser, als einem lieb ist. So statten wir dem badewannenwarmen Nass nur regelmäßige kleine Kurzbesuche ab. Ist ja nicht weit - liegt doch fast vor der Haustür.
Gokarna hat sich zwar gut auf die vielen Besucher eingestellt, dennoch ist es im Vergleich zu den zuvor besuchten Urlaubsorten an der Küste viel weniger touristisch. Der Ort gleicht eher einem Dorf. Kleine Hütten stehen verstreut im Schatten hoher Palmen. Im überschaubaren Zentrum befinden sich mehrere kleine Tempel. Hier gibt es auch die üblichen Souvenirbuden, ein paar kleine und größere Hotels, meist einfache Einkehrmöglichkeiten, ein Busabfahrtsplatz, hier und da ein Minilädchen und das war es auch schon.
Viele Sadhus oder hippieartige Aussteiger sind unterwegs. Gut zu erkennen an ihrer auffallenden Kleidung, wenn man die spärlichen Tücher überhaupt als Kleidung benennen kann. Doch auch die Bevölkerung hat in diesen Breiten scheinbar ein anderes Modebewusstsein. Hier wickeln sich viele Männer Lunghis, meist kurze Tücher, um die Hüften. Und die Frauen haben hin und wieder Hosen an, kombiniert mit hüftlangen Oberteilen.
Schulterfrei und mit unbedeckten Beinen wird man nie eine indische Frau sehen. In den Touristengebieten in Goa, oder wie hier in Gokarna, kann man sich als Ausländerin auch mal mit einem Top und einer kürzeren Hose auf die Straße trauen, doch unterwegs im Land ist das unangebracht. Auch das Tragen von Bikinis u. Ä. zum Baden ist nicht landestypisch - man (Frau) badet in Tücher gehüllt - und so verwundert es nicht, wenn man den einen oder anderen Inder mit großen Augen durch den Sand stolpern sieht.
Die Standardkleidung der indischen Frau ist jedoch nach wie vor der Sari. Geschickt ist ein großes Tuch um die Hüften gewickelt, welches danach locker über der Schulter auf den Rücken hängt. Darunter trägt man ein, meist zum Tuch passendes sehr enges Bustier, das seltsamerweise viel Bauch freilässt, welcher auch vom Tuch nur spärlich bedeckt wird. Weiter im Norden wurde mit dem Tuch auch noch der Kopf bedeckt. Eigentlich eine praktische Angelegenheit, gerade wenn es um die Wäsche geht, denn so ein Stück Stoff ist schnell gewaschen, braucht nur viel Platz zum Trocknen. Zudem kann der Stoff, wenn er nicht mehr getragen werden will, auch noch als Tischdecke, Betttuch, Gardine o. Ä. Verwendung finden. Ob diese Kleidung bequem ist, kann man sich als Europäerin eher nicht vorstellen. Die Inderinnen beherrschen das Tragen jedenfall perfekt, ob nun im Alltag, bei Feld- und Hausarbeit oder bei Festlichkeiten.
Als dann eines Tages auf dem schmalen Weg durch die Gärten, wie auf einer Ameisenstraße, Frauen emsig auf ihren Köpfen große Ziegel für den Bau einer weiteren Strandhütte an uns vorbeitragen, beginnen wir uns langsam für unsere Faulheit zu schämen. Wir beschließen unsere Tour nun fortzusetzen und beladen wieder die Räder.
Bye, bye Strand und Meer - nun geht es wieder hinein ins Land.
Bis zu unserem Abflug in Chennai haben wir noch einen reichlichen Monat Zeit. Zu wenig, um noch ein paar lohnende Gebiete im Süden anzusteuern, aber zu viel, um geradewegs durch das Land zu unserem Ziel an der Ostküste zu fahren. Also müssen wir noch ein paar Umwege einlegen.
Der Erste führt uns zu den Jog Falls, zwei Tagesetappen entfernt. Nicht unbedingt, weil uns diese Wasserfälle so sehr interessieren, sondern weil wir so mehr Zeit in den gebirgigen und dicht bewaldeten Western Ghats verbringen können. Dieser Gebirgszug erstreckt sich parallel zur Küste und trennt den schmalen Küstenstreifen von dem dahinterliegenden trockenen Hochplateau.
Unvermittelt haben wir den touristischen Einflussbereich der Küste verlassen und sind wieder mittendrin im echten Indien. Es geht durch kleine Dörfer, in denen wir nun wieder die landestypische Aufmerksamkeit erhalten und auch die Versorgung wird mühsamer.
Noch bleibt die Strecke weitgehend flach, doch je weiter wir in die Berge hinein radeln, desto dichter und dschungelähnlicher werden die Waldgebiete. Außer Affen, seltsamen Vögeln und kleinen Krabbeltieren sehen wir zwar keine größeren wilden Tiere, aber die Bäume werden immer gewaltiger und die Geräusche erinnern uns an den Zoo daheim.
Bevor es in die Berge richtig hineingeht, schlagen wir noch mal unser Zelt in einem Flusstal auf. Ein netter Platz zwischen Straße und steinigem Flussbett. Jedoch ist es im Zelt ungemütlich warm, denn da wir es in diesen Breiten besser geschlossen halten, fehlt jeglicher Luftzug. Die aufgestaute Tageshitze im Erdboden wirkt wie eine Fußbodenheizung. Dass dieser Komfort allerdings momentan völlig überflüssig ist, scherrt jedoch die Natur nicht. Wir wollen uns aber nicht beklagen, denn wir haben schon schlimmere Hitzenächte im Zelt erlebt, wenn wir da nur an unseren Aufenthalt im Oman, vor zwei Jahren denken ...
Immerhin kühlt es sich im Laufe der Nacht doch etwas ab und so verbringen wir sie gut bewacht von einem wilden Hund, der unsere Nähe aufsucht und jedes Krabbeltier (vielleicht war auch das eine oder andere etwas größer?) mit einem Knurren verwarnt. Zum Dank bekommt er von uns am Morgen etwas von unserem Frühstücksgebäck ab, ehe wir uns schnell aus dem Staub machen, denn weitere hungrige Reisegruppenmitglieder können wir uns nicht leisten.
Nun beginnt die Steigung den Abhang der Ghats hinauf. Etwa 500 Höhenmeter müssen wir in vielen Serpentinen hier überwinden. Doch die Straße ist meist gut und wenig Verkehr stört uns. Natürlich läuft auch schon am Vormittag der Schweiß in Strömen.
Hier an den steilen und deshalb unbewohnten Berghängen sieht der Busch neben der Straße noch wie echter unberührter Primärurwald aus. Wenn man bedenkt, dass nun schon seit Monaten hier kein Regen gefallen ist, kann man sich über den üppig dichten und undurchdringlicher Bewuchs nur wundern. Der Name: "Regen"wald scheint hier so gar nicht zuzutreffen. Scheinbar reicht jedoch dem ausgiebigen Pflanzenwuchs das reichliche Nass aus der Monsunzeit völlig aus.
Nirgendwo sieht man die sonst in Indien alltäglichen Trampelpfade, die von der Straße in den Wald führen. Doch oben dann ist die Gegend schnell wieder besiedelt und die Talgründe sind für die Landwirtschaft gerodet.
Den großen Anstieg haben wir zwar geschafft, doch unsere Route besteht weiterhin aus einem dauernden Auf und Ab und wir kommen nicht sehr schnell vorwärts. Doch die Gegend ist schön: viel Grün, Palmenplantagen, ab und zu ein kleiner Tempel, kleine Orte oder vereinzelte Häuser.
An vielen steilen, wenn auch nur kurzen, Anstiegen muss man kräftig in die Pedalen treten. Weiterhin lassen sich nur ganz wenige und winzige Shops in den Dörfern finden. Erst als wir uns den Wasserfällen nähern, können wir wieder ein paar erfrischende Getränke ergattern.
Unsere Unterkunft steht direkt am Abgrund neben dem Fluss, doch massive Absperrungen lassen hier nicht viel von dem sich in die Tiefe stürzenden Wasser erkennen.
Erst vom gegenüberliegenden Touristenareal kann man den Wasserfall bewundern, welcher mehr als 250 m hoch ist und immerhin einer der höchsten Indiens sein soll. Die Aussicht ist schön, aber wie erwartet, läuft jetzt zur Trockenzeit nicht viel Wasser hinunter. Es sind nur wenig Besucher in der großen aufwendig gestalteten Parkanlage unterwegs und zu unserem Bedauern gibt es auch kaum gescheite Einkehrmöglichkeiten. Zu guter Letzt müssen wir sogar als Ergänzung zum spärlichen Abendbrot unseren Keksvorrat benutzen. Nein, dick kann man in dem Land wirklich nicht werden.
Am folgenden Tag machen wir uns die Mühe und steigen hinunter ins Flussbett, wobei die richtige Mühe erst beim Aufstieg zurück nötig wird, denn mehr als 1000 Stufen schlängeln sich am steilen Berghang hinunter. Damit man unterwegs auch nicht verloren geht, muss man sich zuvor in einem großen Buch registrieren. Unten sind wir jedoch enttäuscht. Eine aus übermannshohen Gittern und mit Stacheldraht eingezäunte Plattform beendet den Ausflug. Zusätzlich wachen zwei schlafende Wachmänner darüber, dass ja niemand auf die Idee kommt, den Rest des Tales besichtigen zu wollen. Überall in Indien ist Sicherheit absolut kein Thema, doch hier übertreibt man damit gewaltig. Doch der herumliegende Müll beweist uns, dass wir uns noch immer im selben Land aufhalten. Umgeben von dichtem Busch bleibt nur ein Ausblick in die Höhe und das erhoffte und erfrischende Bad im Fluss fällt aus. Wenigstens sind wir somit rechtzeitig wieder oben, um diesmal noch etwas Gescheites zum Essen ergattern zu können.
Mit einem kleinen Muskelkater in den Waden von der ungewohnten Bergtour geht es am nächsten Morgen weiter. In den folgenden 5 Tagen steuern wir den Touristenort Hampi an.
Es wird wieder ebener und die Anstiege zwischendurch sind kurz und weniger steil. Das hier herrschende viel trockenere Klima lässt uns die Hitze zwar besser ertragen, aber auch die Landschaft ringsum vertrocknen. Doch die Bauern scheinen sich, bzw. ihre Felder schon auf die baldige Monsunzeit und den so dringend benötigten Regen vorzubereiten. Überall wird gepflügt. Meist mit Traktoren, doch oft auch mit Ochsengespannen.
Die Orte entlang der Strecke sind wenig einladend, bieten aber zumindest hin und wieder die Möglichkeiten, um Kleinkram zu kaufen. Nur an gescheiten Einkehrmöglichkeiten fehlt es. Die finden sich nur nach etwas Suchen in den größeren Städten, welche wir auch für Übernachtungen nutzen.
Wir hatten zwar gehofft, dass wir hier im Süden weiterhin wenig im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stehen werden, doch hatten wir uns dabei geirrt. Die Bevölkerung ist zwar nach wie vor nicht ganz so anstrengend, wie im Norden, doch seit wir die touristische Küstenregion hinter uns gelassen haben stehen wir wieder zunehmend unter Beobachtung. Ständig werden wir angesprochen: woher, wohin - und dies in den verschiedensten englischen Varianten. Bei den Stopps in den Orten bleiben gewaltige Menschenansammlungen nicht aus, sodass man klaustrophobe Ängste bekommen könnte. Doch immerhin passiert es sogar mehrmals, dass man uns fragt, ob wir etwas brauchen, vielleicht etwas trinken oder essen wollen?
Zum Glück ist es aber viel weniger besiedelt, als im Norden und so finden sich für Pausen oder Zeltmöglichkeiten mit etwas Suche schöne ungestörte Plätze. Doch wegen der vielen Dornen müssen wir vorsichtig sein, denn Dank der Trockenheit gibt es hier viele Bäume und Büsche, ähnlich Akazien, mit extrem wirksamen Dornen. Dennoch passiert es und nach 3 Plattfüßen in 5 Tagen (dabei 2 an einem Tag), haben wir ein bissel die Nase voll von diesem Dilemma.
Unser Gasvorrat geht zur Neige. Nur in Nepal war es uns überhaupt möglich diesen zu erwerben und nun wird das Kochen während unserer Zeltübernachtungen problematisch. Hatten wir doch auch nicht damit gerechnet, überhaupt so häufig in diesem Land zelten zu können. Daher greifen wir zum ersten Mal auf ein kleines Lagerfeuer zurück. In Europa würde man uns steinigen, bei solcher Trockenheit mit Feuer zu hantieren. Doch hier sieht man oft Reste von Lagerfeuern oder sogar brennende an Straßenränder, ohne dass irgendeiner besorgt scheint. Wohl fühlen wir uns dabei dennoch nicht, sind aber ganz vorsichtig.
Am Osterwochenende erreichen wir Hampi, das wichtigste touristische Reiseziel aller Südindienreisenden. Schon bei der Anfahrt geschieht eine eindrucksvolle Wandlung der Umgebung. Das weite Flusstal ist herrlich grün, Palmen und Bananenstauden säumen die Reisfelder und alles ist mit vielen großen und kleinen Felsen gespickt. Ein schönes Plätzchen haben sich die alten Könige für ihren Wohnsitz vor mehr als 600 Jahren ausgesucht.
Auch im hinduistischen Indien sind Ostern Feiertage - tja, die Inder lassen eben keine Möglichkeit zum Feiern aus. Doch dadurch ist der Ort von Besuchern überschwemmt. Wir schauen uns am gegenüberliegenden Nordufer nach einer Bleibe um und finden dann doch recht schnell eine ruhige Hütte für uns. Auf dieser Flusseite ist man etwas abseits des Touristenrummels und es geht sehr beschaulich zu. Nur eine schmale Piste führt vorbei an ein paar Trödelständen und Miniläden. Die Unterkünfte haben überwiegend Beachflair. Kleine mit Palmenblättern gedeckte Hütten gruppieren sich um Freiluftkneipen mit Lümmelecken. Sehr idyllisch.
Doch um auf die andere Flussseite zu kommen, ist man auf den guten Willen einer Fährbesatzung auf einem kleinen Motorboot angewiesen. Die fahren nach Lust und Laune und zocken auch mal die Touristen ab. Was will man machen? Wir hatten gehofft evtl. den Fluss durchwaten zu können, schließlich hat er zur Zeit Niedrigwasser, doch als wir ein paar Verwegene dabei beobachten, müssen wir feststellen, dass dies fast einem Vollbad gleichkommt, denn man steht bis zum Bauch im Wasser.
Hampi selber ist heute nur noch ein kleines Dorf, das vom Tourismus lebt. Nachdem die Feiertage vorbei und etwas mehr Ruhe eingezogen ist, erforschen auch wir das weiträumige Gebiet, denn die Ruinen der einst großen Stadt liegen über viele, viele Quadratkilometer verstreut und das in einer absolut reizvollen Landschaft.
Umgeben von zum Teil waghalsig übereinander getürmten Granitfelsen finden sich überall ausgegrabene Reste von Palästen und Wohnhäusern. Einige der unzähligen kleinen und großen Tempel haben Zerstörung und Zeit etwas besser überstanden und sind teilweise restauriert. Verwunderlich, dass vieles einfach so begangen werden darf, ohne dass jedwede Sicherung zum Erhalt gegeben ist. Erfreulicherweise ist vieles ohne Eintrittsgebühr, sodass wir auf diejenigen Objekte mit zum Teil überhöhten Preisen gern verzichten können.
In manchen Gebieten sind wir nahezu allein unterwegs, andere hingegen sind mehr besucht. Hier werden wir mal wieder auf die vielen verschiedenen Gesichter Indiens aufmerksam gemacht. Wir haben ja zuvor schon mal erwähnt, dass Inder so gut wie nie grüßen. Hier treffen wir auf das andere Extrem. Man schreit uns Grußworte regelrecht entgegen, teils so schrill, dass man glaubt, die Ohren fliegen einem weg. Und als Nächstes folgt meist die Aufforderung: "Foto!" Nicht dass man uns, wie gewohnt, ablichten will, nein, schnell wird die Familie gruppiert und lächelt in unsere Kamera. Die Inder sind wirklich schwer zu verstehen. Uns hingegen nerven die Bitten nach Selfies zunehmend und vor allem Petra lehnt diese, wenn die Betreffenden ausschließlich Männer sind, grundsätzlich ab. Das wird uns auch gar nicht übel genommen, sondern akzeptiert, auch wenn der eine oder andere es dann doch nicht lassen kann und heimlich knipst.
Doch - Hampi ist absolut einen Besuch wert. Noch viele Touren durch die Felsenlandschaft könnte man unternehmen und die schönen Ausblicke genießen. Scheinbar geht aber nun hier die Hauptsaison zu Ende, denn viele Unterkünfte und Kneipen schließen. Auch unsere Zeit wird knapp, denn wir müssen nun doch schneller nach Chennai, als zuvor gedacht, denn wir haben vor unserem Rückflug nach Deutschland noch was vor.
Tja, das Ändern von Plänen ist unsere Spezialität!