10. - 12. Juni 2014
Unser nächstes Ziel soll die Königsstadt Fes sein. Doch wir haben keine Lust auf die etwa dreihundert Kilometer auf der verkehrsreichen Nationalstraße. Da es keine Alternative gibt, kaufen wir zwei Tickets und verladen nach einer lauten Nacht in unserem nicht gerade billigen Hotelzimmer in Beni Melal die Räder in einen Bus.
Als pünktlich zur Abfahrtszeit alle drin sitzen und auch die Fahrräder ohne Komplikationen verstaut sind, geschieht erst mal nichts. Dagegen Betriebsamkeit am Heck des Busses.
Mathias geht mal nach dem Rechten sehen und verkündet, dass man dabei ist einen neuen Anlasser in den Motor einzubauen. Eigentlich erstaunlich wie fix die auf den Schaden reagieren, denn nur eine Stunde später können wir dann endlich losfahren. Können …., aber jetzt stellt man Unstimmigkeiten bei der Passagieranzahl fest und kontrolliert nochmals die Tickets. Eine Frau genau in der Reihe hinter uns wird schließlich als Übeltäterin ermittelt. Daraufhin beginnt ein langdauernder und sehr lautstarker Disput. Wir verstehen natürlich nichts, ziehen aber vorsichtshalber etwas die Köpfe ein, denn die Beteiligten scheinen sehr aufgebracht zu sein. Doch irgendwann beginnt man sich zu beruhigen und endlich können wir nun mit 1,5 Stunden Verspätung losfahren.
Stunden später - Fes schon fast in Sichtweite, sollen wir auch noch den Bus wechseln. Alles in total untypischer Hektik um unsere Verspätung aufzuholen und um ein Haar hätten wir beinahe eine Radtasche vergessen. Doch letztendlich erreichen wir und unser Gepäck wohlbehalten unser Ziel.
Wir schieben unsere Räder in die Gassen der Altstadt und werden sofort von den aufmerksamen Guides als Beute ausgemacht. Man führt uns zu einem sehr versteckten Guesthouse, wo wir ohne lange zu zögern eincheckten.
Die nächsten Tage wohnen wir nun in einem typischen Altstadthaus - einem Dar. Es ist mehrstöckig und hat einen überdachten Innenhof zu dem alle Fenster der Zimmer führen. So kann man jederzeit Anteil am Leben der Anderen nehmen.
Viele der Gäste schlafen in Dorm´s (Mehrbettzimmern). Doch wir bevorzugen lieber die Ruhe unseres Zweibettzimmers im Erdgeschoss. Für 350 Dirham mit Frühstück und AC, aber auch etwas teurer.
Fès die drittgrößte Stadt Marokkos, mit knapp über einer Million Einwohnern, ist die älteste der vier Königsstädte des Landes.
Die Altstadt wird von einer Stadtmauer eingeschlossen und fasziniert durch ihre labyrinthartigen engen Gassen. Im ersten Moment ist man erst mal überwältigt von dem Getümmel.
Das ganze Viertel scheint ein riesiger Marktplatz zu sein. Auf den Ständen türmen sich Obst und Gemüse, Feigen und Datteln zu Pyramiden.
Es gibt Gewürze in allen Farben und allerhand Souvenirs, Schmuck, Taschen, Schuhe, Kleidung, Tücher usw.. Die Luft ist erfüllt von den aufgeregten Stimmen der Händler und Käufer.
Auf Grund der vielen Besucher und gewinnbringenden Touristen gibt es eine große Auswahl an Restaurants, in denen auch wir für wenig Geld gut essen können.
Wir haben Mühe, die Orientierung nicht zu verlieren und weiten erst mal zaghaft unsere Kreise um unser Quartier herum immer weiter aus und lernen vor allem wieder zurückzufinden.
Wir ziehen mit unserem GPS-Gerät bewaffnet los und hoffen so sicher das größte und bekannteste Gerberviertel Chouwaraeine zu finden. Als wir uns dem Viertel nähern, bemerken wir das unweigerlich an der zunehmenden Anmache der Guides. Jeder will uns in seinen Laden lotsen.
Wir suchen uns den vielversprechendsten aus. Die Aussicht von der Terrasse auf die Arbeit der Gerber ist ganz o.k. und wir machen viele Fotos.
Um unsere Vorräte wieder etwas aufzufüllen laufen wir in die Neustadt. Obwohl touristisch total uninteressant brauchen wir eine Abwechslung von dem Gewirr der Altstadt. Die engen Gassen der Medina boten uns Schutz vor der Hitze des Tages. Doch auf dem Weg in die Neustadt kommen wir ganz schön ins schwitzen. Um den Bahnhof herum bekommen wir in verschiedenen kleinen Läden alles was wir brauchen. Auf dem Rückweg kommen wir dann doch tatsächlich an einem riesengroßen Carrefour-Supermarkt vorbei, welchen wir natürlich sofort aufsuchen. Dem Angebot von eiskaltem Bier können wir nicht widerstehen. Doch genießen können wir es erst ungesehen auf der ruhigen Dachterrasse unseres Gasthauses.
Am späten Nachmittag gehen wir auf die Hügel nördlich der Medina. Von hier hat man einen wunderbaren Überblick über Fes. Es weht ein heftiger Wind, der uns fast von den Füßen reißt. Über die Stadt ziehen dunkle Wolken und hin und wieder zucken Blitze. Eine seltsame Stimmung, aber tolles Fotolicht.
Nach drei Tagen verlassen wir die Hektik der "Großstadt" und begeben uns wieder in unser „beschauliches“ Radlerleben.