10. - 23. April 2017
Fes - Chefchaouen - Tanger
Geradelte Strecke: 348 km (Insgesamt 2118 km)
Wir haben uns auf die Tage in Fes gefreut. Noch gut ist uns die älteste der vier Königsstädte Marokkos von unserer Reise hier vor drei Jahren in Erinnerung. Da wir damals schon alles für uns Interessante begutachtet haben, verbringen wir in der vertrauten Umgebung diesmal die Zeit mit Müßiggang. Wir schlendern durch die engen und verwinkelten Gassen. Die Gefahr, hier die Orientierung zu verlieren oder sich gar zu verirren ist groß, doch dank der Erfindung des Navis gut zu umgehen.
Die Altstadt von Fes ist keine reine Touristenattraktion, hier leben und arbeiten immerhin über 100.000 Einwohnern. Innerhalb der Mauern würde man sich um tausende Jahre zurückversetzt fühlen, wäre da nicht das Warenangebot, die Handys und die Satellitenschüsseln auf den brüchigen Dächern. Dennoch bleibt ein gewisser Zauber, der uns auch diesmal in seinen Bann zieht.
Die "Hauptgasse" der sogenannten Medina ist ein einziger riesiger Marktplatz, ein wahrhaft lebhafter Souk. Man weiß gar nicht wohin zuerst schauen. Auf den Ständen türmen sich Obst, Oliven, Feigen, Datteln, bunte Gewürze und vieles mehr zu Pyramiden. Metzger stellen, für europäische Augen ungewohnt, ihre Ware sehr naturalistisch zur Schau, gackernde Hühner warten auf ... eben auf Käufer. In anderen Bereichen werden Holz-, Keramik-, Metallwaren, Stoffe und Schmuck angeboten und an den Ständen stapeln sich, die in den Gerbereien der Stadt verarbeiteten Taschen, Sitzkissen und Schuhen. Man kann in die kleinen düsteren Werkstätten der Handwerker lunschen und den Messingschmieden beim Fertigen von riesigen Pfannen und Kesseln zuschauen. Ihr Hämmern hallt weit durch die Gassen ebenso das Klopfen der Steinmetze, die filigrane Schriftzüge in Marmortafeln gravieren. In den Gassen herrscht ein dichtes Gedränge. Autos passen hier natürlich nicht hindurch, der Transport erfolgt mit Eseln, Handkarren oder Trägern.
Im Labyrinth der Nebengassen ist es ruhiger, aber auch noch enger. Manchmal nur so breit, dass gerade noch ein Erwachsener hindurchpasst. Man mag sich gar nicht einen Notfall vorstellen. Rettungswagen oder gar Feuerwehren passen hier nicht hindurch.
Die Gebäude, die sich in den beige-graufarbenen Mauern verbergen, wirken häufig baufällig und nicht selten müssen sie mit Stützbalken gesichert werden. Kaum eines der feuchten, alten Häuser hat eine Heizung. Den Winter möchten wir hier lieber nicht verbringen. Dennoch verbergen sich hier auch zahlreiche sanierte Kleinode und man kann sich kaum vorstellen, dass hinter den dicken unscheinbaren Fassaden und Türen sich prachtvolle Stadthäuser befinden können, die häufig als Gasthäuser und Restaurants benutzt werden. Hinter anderen Türen verbergen sich Schulen, Moscheen und weiteres – alles was zu einer Stadt eben gehört.
Am Nachmittag und am Abend tummeln sich vor den Türen die Kinder. Angst vor Verkehrsunfällen muss hier niemand haben und auch, dass ein Fußball Schaden anrichtet ist eher unwahrscheinlich, denn die wenigen Fenster in den hohen Mauern sind vergittert.
Die zahllosen Garküchen und Restaurants locken nicht nur uns an und wir schlemmen uns durch das Angebot der marokkanischen Küche und sehr zum Entsetzen anderer Reisender, verzichten wir auch nicht auf die frischen Salate und das leckere Obst. Ja, wir können es uns erlauben, denn unsere Mägen sind von dem vielen Herumgereise schon einiges gewöhnt und offensichtlich abgehärtet. Doch soll das nicht zum Nachmachen anregen. Wir wollen nicht Schuld sein, wenn sich einer der Leser, in seinem ohnehin viel zu kurzen Jahresurlaub, den Magen verdirbt.
Vor den Mauern der Altstadt gibt es da noch das andere, das modernere Fes mit überschaubaren baumbestandene Straßenzügen, kleinen Parkanlagen, den Amtsgebäuden und neuen Wohnblocks. Weniger spannend für Touristen, doch für uns mit einem wichtigem Highlight – einem der seltenen richtigen großen Supermärkte im Land. Hier versorgen wir uns ausgiebig für die Weiterfahrt Richtung Norden.
Chefchaouen ist die nächste Stadt, die uns anlockt. Dazu müssen wir das Rifgebirge durchqueren. Wir wählen eine andere Route, als vor drei Jahren und glauben so ein paar Berge umfahren zu können, doch es wird mühsamer als gedacht.
Mit Fes überschreiten wir eine unscheinbare Grenze im Land. Zum einen ändert sich die Landschaft. Es ist jetzt viel grüner, die Felder größer. Das feuchtere Klima nördlich der hohen Atlasregion bietet idealere Voraussetzung für die Pflanzenwelt und beschert uns dichten feuchten Nebel am Morgen, der sich erst kurz vorm Mittag auflöst. Noch herrscht Frühling und herrliche Blumenwiesen überziehen das Land. Doch sicher wird es auch hier bald wärmer und trockener sein und all diese Pracht vertrocknen. Wir umfahren den riesigen al-Wahda-Stausee, der zusätzlich einen großen Beitrag zur landwirtschaftlichen Nutzung der Gegend leistet.
Zunehmend macht sich auch der spanische Einfluss bemerkbar. Die Häuser haben nun nicht mehr den vertrauten dunkel ockerfarbenen Lehmputz, sondern sind hell oder bunt getüncht. Statt "Bonjour"- Rufen, tönt nun immer häufiger ein "Hola" uns entgegen. Auch die Mentalität der Bevölkerung hat sich verändert. Die Begrüßungen sind weniger zurückhaltend, häufig arten sie in Grölen und Geschrei aus. Sicher meist gut gemeint, doch nach einer Weile nervt es. Die Häuser liegen oft sehr verstreut und machen die Lagerplatzsuche schwierig. Wenn wir denken endlich ein ruhiges Plätzchen gefunden zu haben, kommt unter Garantie doch jemand durch den Busch. Erwachsene sind eher harmlose Besucher und gehen bald weiter, schwieriger wird es wenn Kinder oder Jugendliche in Gruppen auftauchen.
4 Tage durchfahren wir mit vielen steilen langen kurvigen Anstiegen das Rif-Gebirge und mittendrin taucht schließlich Chefchauoen auf, in rund 600 Metern Höhe idyllisch mitten in den Bergen gelegen. Bei unserer letzten Reise hatten wir hier leider nur einen halben Tag Zeit. Diesmal wollen wir unbedingt länger bleiben und haben uns bereits im Voraus für ein paar Tage ein Zimmer gebucht. Dummerweise hat die Unterkunft nicht die korrekten GPS-Daten im Internet angegeben und so irren wir nach der ohnehin anstrengenden Anfahrt noch eine Ewigkeit genervt auf und ab durch die Straßen. Keiner kann uns genaue Auskunft geben und wir haben keine Lust unnötig die schweren Räder weiter durch die unwegsame Gegend zu bugsieren. Erst ein angesprochener Taxifahrer scheint Bescheid zu wissen. Kurzer Hand setzt sich Mathias auf den Beifahrersitz und lässt sich zum gesuchten Haus bringen. 5 min später ist er zurück und wir können nun zielgerichtet das kleine Hotel mitten in der Stadt ansteuern. Dort verspricht man uns dann auch reumütig den Fehler mit den GPS-Daten zu beheben. Das Zimmer ist nicht ganz billig, aber eine gemütliche Basis für unseren Aufenthalt in der Stadt, denn es liegt unmittelbar vor den Toren der Altstadt.
Und die ist eine Perle unter Marokkos Sehenswürdigkeiten. Die blaue Stadt im Rif-Gebirge überzeugt nicht nur durch ihr farbliches Erscheinungsbild, sondern auch durch ihre Umgebung. Die Farbe der Häuser reicht von Weiss über alle Farbnuancen von Blau. Manchmal sind sogar der Boden der Gassen und die Treppen so bemalt. Warum das so ist, weiß niemand ganz genau, doch wir vermuten, dass es heutzutage sicher ganz einfach aus Tradition so fortgesetzt wird und außerdem ist es ja das Aushängeschild der Stadt und lockt viele Touristen an. Sogar der Friedhof ist weiß und blau. Warum also etwas ändern? Keine Ahnung, was einem Häuslebauern wohl blühen würde, wenn er auf die Idee käme seine Hütte knallpink oder quietschgelb zu bemalen!?
Die Medina ist kleiner und überschaubarer, als z. B. die in Fes und erstreckt sich terrassenförmig über einen Hang. Dadurch ist man beim Herumstromern ständig auf Treppen auf- und abwärts unterwegs. In den engen Gassen gibt es viele kleine Läden mit all möglichem Touristenkram, aber auch mit Dingen für den Bedarf der Bewohner. Dazu gehören auch die Strohhüte mit den bunten Bommeln, die keineswegs ein Touristengeck sind, sondern von den Menschen der Umgebung im Alltag getragen werden und eine typische, traditionelle Kopfbedeckung sind.
Auch hier spielen die Kinder unbeschwert zwischen den Mauern. Es herrscht eine ziemlich gemütliche und entspannte Atmosphäre im Ort und an jeder Ecke wartet ein neues Fotomotiv, das erst richtig perfekt wird, wenn dann noch ein Bewohner um die Ecke gebogen kommt, in einer Djellaba, dem traditionellen marokkanischen Gewand mit der zipfelmützenartigen Kapuze. Es gibt wunderschön verzierte Türen und Fenster. Häufig sind die Gassen mit hübschen Laternen versehen und mit Blumentöpfen u. ä. dekoriert. Doch ein Blick auf die Frauen am zentralen Wäschewaschplatz verrät, dass das Leben wahrscheinlich nicht ganz so idyllisch ist, wie es einen auf dem ersten Blick vermuten lässt.
Im Herzen der Stadt, befindet sich ein Platz, auf den von allen Seiten die Gassen zulaufen. Hier gibt es eine – nein, keine blaue, sondern aus rotbraunem Stampflehm erbaute und restaurierte Kasbah zu besichtigen, in deren Innenhof ein – nein, kein blauer, sondern begrünter Garten angelegt ist. Wir steigen auf einen der Türme und werfen einen Blick hinunter auf das Treiben. Vor den zahlreichen Restaurants wird um Touristen geworben. In den einfachen Cafés beobachten die Männer gelassen das Treiben, während die Frauen auf Bänken und Steinsockeln am Rande auf die Kinder aufpassen.
Auf die umgebenden Hügel führen mehrere Wanderwege und man kann schon nach kurzer Laufzeit eine tolle Aussicht über die ganze Stadt und das umliegende grüne Tal genießen. Ja, hier fühlen wir uns absolut wohl und es fällt uns schwer die charmante kleine Stadt zu verlassen, erst recht, als der Wetterbericht eine Verschlechterung voraussagt. Nach mehr als 7 Wochen konstant schönstem Sonnenwetter, spricht die Wettervorhersage plötzlich eine ganz andere Sprache. Die grauen Wölkchensymbole sind schon mal nicht erheiternd, doch die angezeigten Windfahnen warnen vor starken Sturmböen und das schlägt einem Radfahrer natürlich absolut aufs Gemüt. Dummerweise behält der Wetterdienst Recht.
Unser Aufenthalt in Marokko nähert sich seinem Ende. In zwei Tagen wollen wir den Fährhafen von Tanger erreichen und nach Europa übersetzen. Doch schon bei der Ausfahrt aus Chefchaouen bläst es uns stürmisch entgegen. Es scheint so, als ob Marokko uns nicht ziehen lassen will. Eine Weile bleiben wir noch trocken, doch das Fahren macht so gar kein Spaß, nicht nur, weil man nur mühsam vorwärts kommt, sondern auch, weil man ständig auf der Hut sein muss, nicht von einer Böe vor ein Auto geblasen zu werden. Das wird uns zu blöd und so suchen wir schon kurz nach dem Mittag den Schutz eines in einem Tal liegenden Wäldchens auf. Der Wind lässt die Baumwipfel über uns tüchtig schaukeln und unsere ganze Hoffnung setzen wir in Allah, dass er uns keinen der Bäume auf das festgezurrte Zelt krachen lässt. Unsere Bitte wird erhört und alles geht gut. Doch der nächste Morgen ist genauso stürmisch und nun kommt noch ein fieser Nieselregen hinzu. Obwohl wir eigentlich nicht geplant hatten, die auf halben Wege zur Küste liegende Stadt Tetouan aufzusuchen, steuern wir sie nun schnurstracks an und retten uns in ein Hotelzimmer – Europa kann warten. Zwei weitere Nächte bläst der Wind um das Hotel und treibt dunkle Regenwolken vorbei. Nur der Hunger treibt uns hin und wieder hinaus. In Tetouan bekommt man schon etwas Vorgeschmack auf das nahe Spanien. Die Architektur der Häuser passt so gar nicht in unser gewohntes Bild von Marokko und siehe da, mitten im Zentrum bimmeln die Glocken einer unübersehbaren Kirche im Einklang mit dem Ruf des nahen Muezzin.
Am dritten Morgen klappern die Jalousien vorm Hotelzimmer nicht mehr, der Wind hat aufgegeben. Der Himmel sieht zwar noch immer düster aus, doch der Wetterbericht verspricht Besserung, also holen wir die Räder aus der Tiefgarage des Hotels und versuchen es erneut. Tatsächlich lugt später hin und wieder die Sonne zwischen den Wolken hervor und begleitet uns auf den letzten 60 km bis zur Fähre. Nun, da kann man Marokko für das kleine Wetterfiasko zum Abschied nicht mehr böse sein. Unterwegs begegnet uns noch ein englischer Radfahrer, der berichtet, dass die Fähren auf Grund des Wetters in den letzten Tagen gar nicht gefahren sind – also haben wir mit unserem Abwarten alles richtig gemacht.
Der Fährhafen von Tanger Med ist ziemlich neu (und im übrigen mindestens 50 km entfernt von der eigentlichen Stadt Tanger). Wir kaufen uns Tickets bei einer der vielen Fährgesellschaften für eine Verbindung in zwei Stunden. Das weitläufige Hafengelände ähnelt einem Hochsicherheitstrakt und ist von riesigen hohen gut gesicherten Zäunen umgeben. Trotz der ziemlich modernen Erscheinung des Hafens wirkt für uns das Geschehen dann doch etwas unorganisiert. Die Autos warten in Zickzackschlangen vor den Anlegern und man hat Mühe die richtige zu finden. Wir mogeln uns natürlich an den Wartenden vorbei nach vorn und stehen am Ende dann doch in der falschen Reihe. Doch kein Problem, wir haben genug Zeit uns zurechtzufinden, denn unsere Fähre legt erst weit nach der eigentlichen Abfahrtszeit an und beginnt denn erst den ebenfalls für uns unübersichtlichen Ausladeprozess. Dann können wir als eine der ersten aufs Schiff, die Fahrräder werden ordentlich auf dem Fahrzeugdeck festgezurrt und es dauert noch eine Ewigkeit, ehe das Schiff abfahrbereit ist. Mit mehr als zwei Stunden Verspätung legen wir ab. Das gegenüberliegende Europa schon in Sichtweite, entfernen wir uns ziemlich schnell von Afrika.
Radfahren in MarokkoGenau 55 Tage und über 2000 km waren wir auf unserer zweiten Radreise in Marokko unterwegs. Wir sind von den sonnigen Atlantikstränden hinein in die trockene steinige und sandige Wüstengegend gefahren, haben hohe karge Bergpässe bezwungen, waren schneebedeckten Gipfeln zum Greifen nah und rollten durch palmenbestandene üppig grüne Oasentäler. Wir haben in einsamen Bergdörfern den Menschen zugewunken, uns auf den Märkten durch das bunte Gewimmel gedrängt, im Café am Straßenrand „Thé de menthe“ oder „Café au lait“ getrunken und uns in den Touristenorten unauffällig unter die anderen Herbeigereisten gemischt. Marokko hat wirklich viel zu bieten. Die viel gerühmte islamische Gastfreundschaft begegnet einem hier aber leider sehr, sehr selten. Wird man zu einem Tee eingeladen, kann man fast sicher sein, das irgendein Ansinnen dahinter steht. Aber nur wegen eines kostenlosen Tees fahren wir ja auch nicht durch das Land. Überhaupt ist es unmöglich, mit den hiesigen Trinkgewohnheiten – kleine Gläschen ganz, ganz langsam trinken – dem Flüssigkeitsbedarf eines schwitzenden Radfahrers nachzukommen. Der Reisezeitpunkt war nahezu perfekt. Noch kühl genug, um die heiße Wüstengegend zu befahren, aber schon ausreichend warm, um die hohen Pässe im Atlas schneefrei zu meistern. Dass wir so konstant schönes Sonnenwetter über fast die ganze Zeit hatten, war sicher auch ein bissel Glückssache. Wir können dieses nordafrikanische Land als Reiseziel nur empfehlen, es ist so interessant und landschaftlich schön. Eines sollte man aber beachten: bringt genug Zeit mit und den Willen, sich auf eine andere Kultur einzulassen – doch dann wird die Reise, wie auch für uns, ganz gewiss ein bleibendes Erlebnis. Ein dermaßen exotisches Land, so nah an Europa und gut und günstig zu erreichen, gibt es kein zweites Mal. Straßen und VerkehrNun noch ein großes Lob an die marokkanischen Autofahrer: sie waren wirklich sehr rücksichtsvoll uns gegenüber. Sie sind an langsam fahrende Störenfriede, wie Esel und Radfahrer sicher gewöhnt und im Umkurven derselben sehr geübt. Wir haben uns, wenn es nur irgendwie ging, auf kleinen Nebenstraßen aufgehalten, auch, wenn dadurch Umwege oder zusätzliche Anstiege zu bewältigen waren. Auf den Hauptverkehrsstraßen fühlten wir uns nie wohl. Fast immer gab es keinerlei Randstreifen und man musste mit Bussen und LKW um Platz kämpfen. Wem das nichts macht – o.k. – aber wir wollen beim Radeln lieber unsere Ruhe haben. Auf dieser Reise haben wir zum ersten Mal von der herkömmlichen Navigation mit Karten auf die elektronische Art umgestellt. Und das ist keine wirklich neue Erkenntnis, das funzt richtig gut. Früher radelten wir mit einer Landeskarte den großen Straßen nach, es gab ja nichts anderes. Jetzt hat man, je nach Land, fast jeden Feldweg auf dem Display. Da kann man natürlich seine Route viel besser variieren. Wir nutzten eine Offline-Karte von OpenStreetMap und können deren Genauigkeit nur loben. Einen Nachteil gibt es leider, oft kann man schlecht erkennen, ob sich auf der geplanten Route Ortschaften befinden oder deren Namen. Besonders bei der Abschätzung, wo es Verpflegung oder Wasser geben könnte, ist das von Nachteil. UnterkunftFür unser Zelt fanden sich tolle Plätze in der Wildnis, richtige Campingplätze sind aber eher auf Wohnmobile eingerichtet und auch relativ selten anzutreffen. Im Süden und den Bergen gab es wenig Probleme einen Übernachtungsplatz zu finden. Die größte Schwierigkeit dort ist oft ein Schutz vor dem Wind. Im Norden, besonders im Rifgebirge, mussten wir oft lange nach einem Platz suchen. Alle ebenen Flächen sind landwirtschaftlich genutzt oder besiedelt, sonst gibt es nur steile Hänge. Vermeiden sollte man die Nähe eines Dorfes, entdecken Kinder die fremde Attraktion, ist es mit der Ruhe vorbei. Mit Erwachsenen hatten wir nie Probleme, meist grüßt man freundlich und geht weiter. In den größeren Orten haben wir auch hin und wieder den Luxus eines Bettes und einer Dusche zu erschwinglichen Preisen genießen können. Da sollte man jedoch sehr flexibel sein, was den Zimmerstandard betrifft. Alles kann vorkommen und wenn es mal doch etwas „ungewohnt“ ist, sollte man es eben unter authentisch oder „back to the roots“ annehmen. Soweit es ging, haben wir unsere Übernachtungen im Internet vorgebucht. Da entfällt das Gefeilsche um den Preis, was uns überhaupt nicht liegt, und die quälende Sucherei in größeren Orten. Kostenloses WiFi gibt es fast immer in einer ausreichenden Qualität. VersorgungVersorgen kann man sich in fast jedem Ort. Einen kleinen Tante-Emma-Laden (in dem aber fast immer ein Onkel Achmed hinter der Theke steht) gibt es fast überall, auch wenn das Warenangebot meist extrem übersichtlich ist. Größere Märkte finden sich aber nur in wirklich richtig großen Städten. Die Preisgestaltung in den kleinen Dorfläden ist oft verwirrend. Mit einiger Erfahrung erkannten wir jedoch, dass dies meist an Problemen der Verkäufer mit der einfachen Addition liegt. Da fast immer geöffnet ist, wird wahrscheinlich oft ein älteres Familienmitglied zum Verkaufen abkommandiert und der kommt dann selbst mit dem immer vorhandenen Taschenrechner nicht weiter. Niemals jedoch hatten wir den Eindruck, dass man uns bewusst übers Ohr hauen wollte. Aber wir haben ja auch keinen Teppich gekauft. Alkohol in islamischen Ländern sind ja für Reisende ein ewiges Thema. Bei unserer Reise durch den Iran, Dubai und den Oman vor einem Jahr waren wir für zweieinhalb Monate wirklich absolut trocken. Das muss einem in Marokko nicht unbedingt passieren, aber Radreisenden beinahe. Alles Alkoholhaltige gibt es hier nur in speziellen Shops und die gibt es nur in großen Orten – das ist man ja eigentlich von Skandinavien her gewöhnt. Die Schwierigkeit ist, die zu finden, denn nichts darf von der Straße einsehbar sein und Schilder wird man vergebens suchen. Bei den großen Supermärkten gibt es nebenan oder im Keller immer einen separaten Shop. Wenn in einem Nebeneingang nur Männer hinein und viele mit Kisten wieder heraus kommen, ist man meist auf der richtigen Spur. Das Angebot ist oft reichhaltiger, als von Deutschland gewohnt, die Preise natürlich höher. Aber, was für uns wichtig ist, es gibt immer gekühltes Bier. Und dann schnell, schnell ab ins Guesthouse oder an einen Ort, wo man es in Ruhe (und vor allem ungesehen) genießen kann, noch bevor es warm wird. In den Cafés und Restaurants kann man schon für wenig Geld richtig satt werden. Aber die große Vielfalt sollte man nicht erwarten. Das Angebot von unserem ersten Abend in Agadir, im Süden, und dem letzten in Tetouan, im Norden, unterschied sich kaum – Tajine, Couscous, Omelett und Brouchette in verschiedenen Variationen. In jedem Ort haben fast alle Restaurants dasselbe auf der Karte oder dem Aushang stehen, mit einem Preisunterschied von 0,50 € bis 1 €. Wohlgemerkt, das gilt irgendwo im Land abseits des touristischen Mainstream für einfache Straßenrestaurants. SicherheitMarokko lässt sich leicht bereisen. Die vorherrschende islamische Religion macht Touristen keinerlei Vorschriften und auch die Bevölkerung scheint es nicht so verbissen zu sehen. Auf dem Lande tragen fast alle Frauen zwar ein Kopftuch, das Gesicht wird aber nur ganz, ganz selten verhüllt. Wir haben uns den Sitten angepasst und sind stets mit bedeckten Armen und Beinen unterwegs gewesen. Da hat man auch gleich das Problem mit der Sonne gelöst und es geht, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, selbst bei warmen Wetter, erstaunlich gut. Überall wurden wir freundlich, aber meist zurückhaltend begrüßt. Bei Fragen u. ä. war man stets hilfsbereit. Wir hatten nie das Gefühl, dass unsere Unwissenheit ausgenutzt wurde. Sprachliche Barrieren hinderten uns natürlich näheren Kontakt aufzunehmen. Trotzdem ist es überhaupt kein Problem ohne Französischkenntnisse unterwegs zu sein. Mit Englisch oder Händen und Füssen ist immer die grundlegendste Verständigung möglich. Ein immer wieder angesprochenes Problem ist Bettelei oder aufdringliche Händler o. ä. Unserer Meinung nach, klingt das oft schlimmer, als es wirklich ist. Aber es kommt natürlich vor. Einem nervenden Teppich- oder Souvenirhändler kann man mit einem entschiedenen Nein einfach entgehen. Das passiert ohnehin ausschließlich in Touristenzentren. Nervend ist die landesweite Angewohnheit vieler Kinder nach „Stylos“ (Kugelschreiber), Bonbons oder natürlich Geld zu betteln. Warum alle marokkanischen Kinder ausgerechnet Kugelschreiber brauchen, bleibt wohl ein ewiges Rätsel. Anders sieht es aus, steht man in einem entlegenen Dorf einer Horde aufdringlicher Kinder gegenüber, die auch noch versuchen, beim Weiterfahren Sachen vom Gepäck zu zerren. Ja, das ist uns passiert, aber nur in der Gegend um Agoudal, oberhalb von Dades- und Todraschlucht im Hohen Atlas. Wir benennen den Ort so explizit, weil uns dort schon drei Jahre vorher genau das Gleiche passiert ist. Wenige Dörfer weiter sind alle wieder friedlich und Marokko wieder schön, warum das so ist, weiß nur Allah. Auf Wiedersehen Marokko, vielleicht sehen wir uns ja noch ein weiteres Mal wieder - Inschallah! |