Es ist schon Ende Juli, als wir endlich, endlich zu unserer großen Sommertour mit dem Camper starten können. Unser Trotti, wie wir unser neues vierrädriges Weltentrottermitglied nennen, ist schon seit Wochen reisefertig und nun sind wir es schließlich auch. Die nächsten drei Monate, quasi den Rest des Sommers, soll es in den Süden Osteuropas gehen. Rumänien und Albanien schweben uns als große Wunschziele vor. Wir freuen uns so sehr, dass wir wieder richtig unterwegs sein können und hoffen sehnlichst, dass uns bei dieser Tour keine Grenzen verschlossen sein mögen. Mit Sicherheit planen ist zurzeit ja nur schlecht möglich, doch wir gehen es mit einer großen Portion Optimismus an.
Auf gehts!
Zielstrebig verlassen wir Dresden und bald darauf auch schon Deutschland Richtung Süden. In Tschechien halten wir uns nicht lange auf. So schön es hier auch ist, doch so nah vor der Haustür wollen wir nicht erst verweilen, wir haben fernere Ziele vor Augen. Zwei kleine Zwischenstopps gibt es dann aber doch. Mathias kann zwei uns bisher noch unbekannten Klettersteigen am Wegesrand nicht widerstehen.
Der Erste befindet sich in dem kleinen Stadtwald von Slany, einem böhmischen Städtchen nordwestlich von Prag. An einer kleinen Felsgruppe hat man hier sechs Klettersteige mit zwei Seilbrücken eingerichtet und die werden an diesem schönen sonnigen Sonntag schon recht eifrig von einigen Kletterwütigen bestiegen. Mathias mischt sich unter sie, doch die zwei schwierigsten Steige traut er sich dann doch nicht zu. Muss ja auch nicht sein, denn zudem knallt auch noch die Sonne recht unbarmherzig auf den Fels.
Zur ersten Übernachtung stoppen wir in Karlstejn. Auf dem uns sehr vertrauten Campingplatz an der Berounka ist es trotz Saison verhältnismäßig recht ruhig. Scheinbar sind nach wie vor kaum Ausländer im Land unterwegs. Nun, uns solls recht sein.
Der nächste anvisierte Klettersteig in Bechyne soll einer der schwersten von Tschechien sein. Der Steig verläuft entlang steiler Felsen direkt über dem Flussbett der Luznice und ungewöhnlich ist, dass man diesen auch wieder zurückklettern muss, also mit Gegenverkehr zu rechnen ist. Tatsächlich muss Mathias, an dem sehr kraftraubenden Weg, dann auch noch einer zurückkehrenden kleinen Gruppe Platz machen. Doch nun ist erstmal genug geklettert. Schnell wird noch ein letztes böhmisches Bier getrunken und lecker Knödel gegessen und schwups, sind wir schon ein Land weiter.
Der Sommer hat sich in diesem Jahr bisher etwas zurückhaltend gezeigt, doch jetzt scheint er zur Hochform aufzulaufen. Strahlender Sonnenschein und Temperaturen von über 30°C erwärmen nicht nur unser Herz. Schwitzend durchfahren wir die Slowakei und auch Ungarn auf kürzestem Wege und am 4. Reisetag stehen wir nahe Szeged am Grenzposten von Rumänien. Da wir nun hier den Schengen-Raum verlassen, erfolgt die erste Grenzkontrolle auf unserem Weg. Viel los ist an der Abfertigung nicht, doch etwas verunsichert uns, dass die Niederländer im Auto vor uns wieder zurückgeschickt werden. Wir dürfen jedoch nach nur kurzer Kontrolle passieren. Puh, wir sind erleichtert. Sofort steuern wir die erste Tankstelle an, um eine „Rovinieta“ zu kaufen.
Normalerweise umgehen wir in anderen Ländern solcherlei Straßengebühren, indem wir auf Nebenstraßen ausweichen - Zeit haben wir ja genug. In Rumänien ist dies kaum möglich, denn die Gebühren zählen nicht nur für Autobahnen u.Ä., sondern auch für viele andere kleinere Straßen und die könnte man nur sehr umständlich umgehen. Jedoch sind die fälligen 7 € für 30 Tage durchaus erträglich. Wohnmobile, egal wie groß, werden normalen PKWs gleichgestellt. Dass Rumänien ein camperfreundliches Land ist, zeigt sich also gleich von der ersten Minute an. Die Vignette ist rein elektronisch, d.h.: nichts muss auf die Windschutzscheibe aufgeklebt werden. Für weiterhin gute Sicht ist also auch gesorgt.
An der Tankstelle können wir auch gleich noch an einem Automaten uns mit rumänischen Währungsmitteln eindecken. Lei heißen die, bzw Leu in der Einzahl. Jedoch wird es sich beim Bezahlen dann eher um die Mehrzahl handeln, denn 1 Leu entspricht nur um die 20 Eurocent. Dennoch gibt es den 1 Leu schon als Schein. Die Scheine wirken irgendwie unverwüstlich, sind so Kunststoffartig. Zerknüllen oder zerreißen ist fast unmöglich. Mit denen können wir bestimmt baden gehen, ohne dass sie darunter leiden.
Mit Straßenvignette und ausreichend Lei ausgestattet geht es nun hinein ins Land. Was man unmittelbar im Grenzbereich zunächst zu sehen bekommt, ist eher trostlos und wenig einladend. Doch wir kennen Rumänien bereits von mehreren vorhergehenden Reisen und wissen, dass dieser erste Eindruck täuscht. Ob mit Rucksack, Fahrrad oder Auto, stets haben wir hier eine interessante und erlebnisreiche Zeit verbracht. Nun sind wir das erste mal mit einem Camper da, mal sehen, wie es sich damit durch das Land Draculas reisen lässt.
Schon bald lassen wir die öde ungarische Tiefebene hinter uns und vor uns tauchen die ersten grünen Hügel der Karparten auf. Wir hoffen da oben der drückenden Hitze etwas entfliehen zu können und finden auf Anhieb in der Einsamkeit einen ersten schönen Stellplatz für die Nacht. Das macht Lust auf mehr. Bei unseren vorherigen Ausflügen in Deutschland, Österreich und der Schweiz war die Suche nach dergleichen immer ein Krampf und mit dem Gefühl verbunden gewesen, etwas sehr Unrechtes zu tun und womöglich Ärger zu bekommen und nun wünschen wir uns, dass es in Rumänien diesbezüglich entspannter ist. Die Informationen aus den Medien versprechen jedenfalls Erfreuliches und es sieht schon jetzt ganz danach aus, das wir nicht enttäuscht werden.
Am nächsten Tag geht es nach einem Einkauf in Oradea in die Berge. Auf einem schmalen, sich schlängelnden Sträßchen, geht es auf über 1000 m zum Padis-Plateau des Apuseni-Gebirges hinauf. Dort soll es ein schönes Wandergebiet geben. Die Temperaturen werden zunehmend angenehmer. Eine abzweigende Schotterpiste lässt uns dann nur noch im Schritttempo vorankommen. Irgendwann gelangen wir heftig durchgeschüttelt zu einem weiten Wiesental und glauben nicht, was wir sehen. Das Tal ist voller Camper. Hunderte haben sich bunt verstreut, auf der recht unebenen hügeligen Fläche links und rechts neben einem kleinen Flussbett ein Plätzchen ausgesucht. Wir befinden uns mitten in einem Naturschutzgebiet und hier wird munter wild campiert, ohne das irgendwas dagegen spricht. Es gibt ein paar Hinweistafeln mit Verhaltensregeln, dass man zum Beispiel doch bitte keine Bäume fällen sollte und Feuer nur in bereits bestehenden Stellen zu machen ist - und das wars.
Am Rande stehen eine Handvoll Bretterbuden, die Bedürftige mit Essen und Getränken versorgen und das ist alles an Infrastruktur. Es gibt keinerlei Sanitäranlagen und das Wasser kommt aus Quellen. Natur pur - wenn man mal von den vielen Autos absieht. Die meisten Kennzeichen sind von Rumänen. Von weiter her Angereiste, wie wir, sind nur wenige vertreten.
Wir suchen uns ein möglichst ruhiges Plätzchen und beobachten beeindruckt das Treiben um uns herum. Normalerweise hätte uns so ein Tumult abgeschreckt, doch wie hier die Rumänen Campingfreuden fröhnen ist total faszinierend. Das ist noch Camping pur, ohne Luxus und Schnickschnack. Die meisten sind mit Zelten angerückt und haben nur einfaches Equipment dabei. Stühle und Tisch werden aufgebaut und gekocht wird am Feuer. Doch einige wenige ziehen einen Campinganhänger auf das Gelände und man kann nur staunen, wie mutig die Fahrer sind. Selbst mit normalen PKWs ist das eine wahre Materialschlacht, doch kaum einer schreckt davor zurück, ohne Bodenfreiheit oder gar Allrad sein Auto durch das sehr unwegsame Terrain zum gewünschten Standort zu bugsieren. Notfalls packen dann auch schon mal die Herumstehenden mit an und helfen mit Muskelkraft das steckengebliebene Gefährt wieder flott zu machen. Im Moment ist ja zum Glück alles trocken, doch nach Regenwetter könnte das auch eine gewaltige Schlammschlacht geben. Nun, das möchten wir dann lieber doch nicht erleben, auch wenn wir mit unserem einigermaßen geländetauglichen Trotti hier den Meisten überlegen sein müssten. Mehrmals am Tag wird dann das wilde Camp noch von Herden von Kühen, Schafen oder Ziegen besucht, die scheinbar überhaupt nicht irritiert sind, was da so auf ihrer Weide los ist.
Nach dem Studium der ausgehängten Wanderkarten stellen wir fest, dass wir mehr aus Zufall an einen prima Ausgangspunkt zu Wanderungen in der hiesigen Karstwelt gelangt sind.
Cheile Galbenei
Am Morgen lassen wir einigermaßen beruhigt unser Auto auf dem Platz zurück in der Hoffnung, dass in dem Gewusel und unter so vielen Zeugen, sich niemand traut sich unbefugt daran zu vergreifen. Ziel des Tages ist die Cheile Galbenei - die Galbenei Schlucht. Zunächst erwandern wir einen kleinen Aussichtspunkt, sehen aber nur ein paar grüne Hügel und steigen wieder hinab bis zur Focul Viu, einer Eishöhle. Doch in die darf man nur durch ein hohes stabiles Eisentor lugen und sieht lediglich ein großes dunkles nasses Loch. Wir sind etwas enttäuscht.
Weiter geht es zum Eingang der Schlucht und bald ist es so eng, dass kein Platz für einen Weg wäre und ein Klettersteig an der Felswand entlang führt. Es gibt kaum ordentliche Tritte, nur ein dickes Stahlseil zum Festhalten. An einer Stelle hat man für die Füße eine schaukelnde Kette gespannt, auf der man entlang balancieren muss. Solcherlei Kletterei ist nichts für Petra. Dort, wo es möglich ist, holt sie sich lieber nasse Füße und sucht sich einen Weg im zwar nicht sehr tiefen, aber steinigen und rutschigen und zudem eiskalten Flussbett. Auch kein Honigschlecken. Der Wasserfall selber ist dann nur halb so spektakulär, wie der Weg zu ihm. Auch danach geht es unwegsam weiter hinauf. Immer wieder sind Passagen mit Seilen gesichert.
Wir glauben, dass es nun einfacher durch den Wald zurückgeht, doch stattdessen führt, nach einem weiteren langen Anstieg, der Weg durch die Cetatile Ponoruli, mindestens 100 m tiefe Einbruchkrater. Es geht extrem steil und über total rutschiges Geröll hinab und natürlich auch wieder hinauf. Und weil es so schön war, gleich noch mal in den nächsten Krater hinein. Noch weiter unten tost ein Fluss durch Höhlen. Selbst da klettern ein paar Abenteuerlustige herum. Ungefährlich ist das alles nicht und so ist es sehr verwunderlich, wie unerschrocken hier ganze Familien mit Kind und Kegel unterwegs sind.
Geschafft kehren wir letztendlich auf die bunte Zeltwiese zurück, wo der Kühlschrank indes auch nicht faul war und schönes gekühltes Bier für uns zur Belohnung bereit hält. Es ist Freitag und der Zustrom an neuen Gästen hält unvermittelt an. Am darauf folgenden Tag erholen wir uns von den Strapazen der Wanderung. Langweilig wird es uns dabei nicht, denn das Geschehen um uns herum ist ausreichend unterhaltsam. Am Abend hängen dicke Rauchwolken von den vielen Feuerstellen über dem Tal und am Morgen danach ist, nach einem nächtlichen Gewitterguss, alles in dicken Nebel gehüllt. Doch die Sonne schafft es wieder hindurch und als wir das Tal verlassen, müssen wir uns durch eine herannahende Autolawine mit Sonntagsausflüglern manövrieren.
Der August beginnt und wir machen in den nächsten Tagen eine Runde weiter durch das Apusenigebirge. Dabei geht es immer munter hoch und runter, doch kein Problem mit der entsprechenden Motorkraftunterstützung. Ebenfalls ein Anziehungspunkt für Touristen ist Stana de Vale. Der Ort scheint aber weit weniger Anziehungskraft zu haben wie das Padis-Plateau zuvor. Vielleicht ja im Winter, denn dieses Gebiet bietet mit seinen Skipisten eher was für Schneeliebhaber. Dennoch ist ein Abenteuerspielplatz mit Sommerrodelbahn an diesem Sonntag gut besucht. Ansonsten wirkt es ringsherum so drist, wie wohl alle Wintersportgebiete im Sommer.
Die nahe Quelle "Izvorul Minunilor" bietet mit seinem nett zurechtgemachten und etwas gekünstelt wirkendem kleinen Wasserfall ein hübsches Fotomotiv für viele Ausflügler. Uns interessiert sie eher als Möglichkeit um unsere Wasservorräte aufzufüllen. Über 60 Liter fassen unsere drei Kanister und damit kommen wir locker etwa eine Woche hin. Nun heißt es aber für Nachschub zu sorgen, doch dafür brauchen wir etwas Zeit und Geduld, denn vor der Zapfstelle warten schon mehrere Autos, die den Kofferraum voller leerer Kanister haben. Das muss ja ein besonders gutes Wässerchen sein. Wir verstehen zwar nicht warum, wieso, weshalb, aber werden plötzlich nach vorn gelassen, obwohl unsere Behälter ja nun auch nicht gerade klein sind. Nett, die Rumänen!
Weiter geht es im Wechsel durch kleine Dörfchen, größere Städte, vorbei an Feldern, auf denen noch per Hand aufgestellte Heupuppen stehen und durch Wälder, durch Flusstäler, über zum Teil einsame Passstraßen, auf nagelneuen Asphaltstrecken oder ausgefahrenen Pisten. Dabei wird unser Trotti auch schon mal richtig auf seine Geländetauglichkeit getestet, was er dann auch mit Bravour meistert. Abend für Abend findet sich ein passendes Plätzchen zum Übernachten und eines ist schöner, als das andere. Wir erleben dabei tolle Sonnenuntergänge, sternenklare Nächte, Frühstück über den Wolken und herrliche Ausblicke. Wir können es gar nicht fassen, wie einfach und schön so ein Camperleben sein kann. Mehrmals wird das hochsommerliche Wetter zwar des nachts auch mal von heftigen Gewittern unterbrochen, doch stets schafft es am nächsten Tag die Sonne wieder hervor.
Dann erreichen wir das Örtchen Rimetea. Unübersehbar ragt am Ortsrand ein über 1000 m hohes und ziemlich steiles felsiges Kalksteinmassiv auf.
Piatra Secuiului
Während wir mal wieder unsere Wanderschuhe schnüren, beobachten wir, wie erstaunlich viele andere Wanderer über die Wiesen auf die hohen Gipfel zusteuern. Das muss also ein besonders beliebtes Wanderziel sein. Wir folgen aber nicht den Heerscharen zum direkten Aufstieg durch eine steile Rinne, sondern nehmen einen eindeutig einsameren Weg, der zunächst in einem Bogen um das Massiv herumführt. Nachdem auch wir die weitläufigen ansteigenden Wiesen unterhalb des Berges hinter uns gelassen haben, wird es zum Glück waldiger und somit auch schattiger. Dennoch fließt auch weiterhin bei dem stetigen Bergaufgesteige viel Schweiß. Die 600 Höhenmeter nehmen keine Ende. Entweder geht es extrem steil oder im Zickzack voran. Endlich sind wir oben. Große Wiesenflächen verbinden mehrere Gipfel und es bietet sich ein weiter Blick über das Tal und das Umland. Auf dem Hauptgipfel herrscht ein buntes Gewimmel der anderen Gipfelstürmer. Doch als wir auf der Südseite uns wieder an den Abstieg machen, sind wir wieder allein. Als sich dieser Weg gabelt und wir uns für die schwere oder leichtere Variante entscheiden müssen, fällt natürlich die Wahl auf die schwerere. Doch außer, dass es recht steil hinabgeht, gibt es keine großen Schwierigkeiten. Die anderen Wanderer tummeln sich derweil weiter auf dem direkten Weg zum Gipfel, obwohl die Rinne aus der Ferne auch recht steil aussieht und dadurch doch kaum einfacher sein kann? Letztendlich geht es über die weiten Wiesen wieder zurück.
Nach einer kurzen Erholungspause inspizieren wir den Ort Rimetea. Es gibt viele hübsch zurechtgemachte Häuser und die obligatorische Kirche im Ortszentrum. Alles wirkt sehr touristisch. Mehrere kleine Cafés und einfache Restaurants warten auf Gäste. Auch wir kehren ein. Wie vieles im Ort, ist auch die Speisekarte ungarisch angehaucht. Wir befinden uns zurzeit in einer Region Rumäniens, die schon seit vielen Jahrhunderten von Ungarn besiedelt ist. Im Gegensatz zu den Regionen, in denen einst viele Deutsche lebten, sind die Ungarn nach der Wende nicht so stark in ihr Abstammungsland zurückgekehrt. Hier wird auch weiterhin noch intensiv mit der ungarischen Kultur gelebt. Man spricht untereinander ungarisch und Ausschilderungen sind zweisprachig.
Wir bleiben über Nacht auf der kleinen Wanderparkplatzwiese am Ortsrand und lassen den Tag am Feuer ausklingen. Doch leider nervt diesmal das Hundegebell aus dem Ort. Oh je, sind wir inzwischen schon zu sehr mit herrlich ruhigen Plätzen verwöhnt. Nur wenige Kilometer weiter erwartet uns schon ein nächstes Highlight auf dieser Rumänienreise.
Cheile Turzii
In den östlichsten Ausläufern der Westkarpaten, im Trascau-Gebirge, hat sich ein kleines Flüsschen nochmal tief in den Kalkstein eingegraben, bevor dann die Berge in einem weitem Hügelland auslaufen. Touristenrummel herrscht schon an der Zufahrt. Von hier könnte man auch an einem Seil hinunter zum Eingang der Schlucht "fliegen", doch wir rollen dann doch lieber mit dem Trotti hinab zum großen Besucherparkplatz. Wir schnappen uns die Wanderschuhe und vorbei an mehreren Imbisslokalen geht es hinein in die Schlucht. Eigentlich sollte es 4 Lei Eintritt kosten, doch die Ticketbuden sind verschlossen. Auf einem teilweise sehr schmalen und zum Fluss steil abfallenden Pfad wandern wir durch die Schlucht. Mehrmals wird auf Hängebrücken der Fluss gequert. Hoch ragen die bis zu dreihundert Meter hohen Felswände auf. Der Weg ist nicht sehr anspruchsvoll, ein paar kritische Stellen sind mit Ketten abgesichert. Sehr viele Ausflügler sind unterwegs, die sich, trotz des geringen Platzes, auch schon mal zum Picknick niedergelasen haben. Ein paar Kletterer hängen an den Wänden und werden von den Vorbeikommenden bestaunt. Schon nach nur etwa 2 km ist man am anderen Ende angekommen und die Schlucht öffnet sich mit einem Mal zu einem weiten Flusstal, das nur noch von sanften Hügeln begrenzt ist.
Auch hier gibt es einen Parkplatz, der aber weit weniger frequentiert ist, als der am östlichen Haupteingang, da er nur mit einem riesigen Umweg um die Schlucht herum zu erreichen ist. Auf der Wiese am Ufer stehen schon ein paar Camper und sofort liebäugeln auch wir mit diesem Übernachtungsplatz. Zunächst müssen wir jedoch erstmal wieder zurück zum Trotti. Die einfachste Variante wäre natürlich derselbe Weg durch die Schlucht. Doch wir steigen stattdessen die mehr als 200 Höhenmeter hinauf auf die Berge die die Schlucht flankieren. Hier ist kaum mehr einer unterwegs. Es ist auch sehr anstrengend und zudem ist es heute besonders drückend warm. Der Blick, vom mit Wiese bedeckten Gipfelplateau in die Schlucht, ist die Mühsal wert. Am höchsten Punkt weht eine große Nationalflagge. Der Abstieg über Geröll und durch Wald auf einem zum Teil extrem ausgelatschten Weg hinab zum Parkplatz ist dann nur noch Fleißarbeit für die alten Gelenke und Knochen.
Endlich unten, gönnen wir uns an einer der Imbissbuden beim Parkplatz erstmal jeder einen schönen großen Langos mit viel Käse obendrauf (je 10 Lei = 2,20 €). Die Dinge sind einfach lecker und machen zudem richtig satt und dazu ist noch ein schönes kaltes Fassbier (je 7 lei = 1,50 €) zum Runterspülen nötig. Währenddessen kommen unablässig weitere Seilflieger von der Straße oben herunter gebraust.
Gestärkt machen wir uns auf den Weg zum bereits ausgespähten Übernachtungsplatz. Es gäbe zwar auch hier einen kleinen offiziellen Campingplatz, doch der gefällt uns nicht so richtig. Also geht es in einem Bogen um die Schlucht herum und dann auf einem kleinen Sträßchen zurück ans Flussufer. Noch ist auch hier etwas Kommen und Gehen der Wanderer, doch schon bald wird es ruhiger. Stattdessen kommt ein heftiger Wind auf und rüttelt heftig am Trotti. Später treibt dann ein Gewitter die Hitze des Tages aus dem Tal.
Am nächsten Morgen steigt, wie gewohnt, die Sonne über dem Tal auf und das Unwetter vom Vorabend ist schon wieder vergessen. Nur etwa 20 km weiter kommen wir nach Turda und nutzen die Stadt zunächst für ein paar dringende Besorgungen. Diesmal bekommen wir in einem großen Auchan-Supermarkt, alles, was das Herz begehrt. Einkaufen ist in Rumänien kein Problem. Selbst kleinere Orte verfügen über gut ausgestattete Läden und auch Sonntags ist alles geöffnet. Supermärkte gibt es im Land in erstaunlich vielen Varianten, auffallend viele europäische Supermarktketten sind hier vertreten. Auch ein paar deutsche, wie Lidl, Penny und Kaufland.
In vielen dieser Märkte, vorallem in den großen Shoppingcentern ist auch WLAN verfügbar. Doch nach unseren Informationen sollen SIM-Karten im Land recht günstig sein und so suchen wir nun einen Vodafonshop auf. Tatsächlich bekommen wir hier für nur 6 € eine SIM-Karte für 60! Gigabyte, die einen Monat gültig ist. Das ist wirklich unschlagbar günstig und wenn man das nicht nutzen würde ...
Danach schauen wir uns noch etwas im Zentrum um. Viele ältere Wohnblocks entlang der Hauptstraßen versprühen noch immer ihren sozialistischen Charme und wenn man hinter die Front des imposanten Kulturhauses späht, erblickt man eine Bauruine. Das Zentrum dann jedoch wirkt schon viel freundlicher. Moderne Läden überall und viele Freiluftcafés. Es hat sich in den letzten Jahren wirklich schon erstaunlich viel im Land getan. Doch wenn man genauer hinsieht, ist hier und da auch noch einiges vom alten Rumänien vorhanden.
Die Hauptattraktion der Stadt ist jedoch ein ehemaliges Salzbergwerk, dass man für Besucher zurechtgemacht hat. Mit ein paar wärmeren Sachen ausgestattet, machen wir uns auf den Weg zum Eingang und müssen uns erstmal geduldig an einer Schlange anstellen. 50 Lei pro Person kostet der Eintritt - etwa 11 €. Erfreulich ist für uns jedoch jedesmal in Europa, dass hier die Ausländer keinen Aufschlag zahlen müssen, wie wir es ja leider schon viel zu oft außerhalb des Kontinentes erlebt haben.
Am Eingang wird streng darauf geachtet, dass auch jeder schön eine Maske trägt und sogleich geht es mit dem Besucherstrom eine lange Treppe hinab und danach durch einen langen Gang, flankiert von salzhaltigem Gestein. In ein paar kleinen Nebengängen gibt es ein paar Überbleibsel der Minengerätschaften zu sehen. Bis in die erste Hälfte des vorherigen Jahrhunderts wurde hier Salz abgebaut und man hat sich dabei bis zu 120 m tief in die Erde vorgearbeitet. Zunächst gelangt man auf eine Art Balkon, von dem man einen Blick, auf eine tief liegende riesige Halle hat. Das ist schon sehr beeindruckend. Alles ist in mildes Licht getaucht, nur einige Konstruktionen sind hervorgehoben beleuchtet. Die Geräusche der vielen Besucher wirken irgendwie gedämpft. An einer Seitenwand führt eine schmale Treppe über viele Absätze hinunter. Zwischendurch hat man immer mal wieder die Möglichkeit auf die gewaltige Höhle zu blicken.
Unten herrscht dann eher Vergnügungsparkstimmung. Es gibt ein Riesenrad und Minigolfanlagen, man kann Tischtennis oder Billard spielen. Natürlich alles gegen Gebühren. Das Angebotene wird sehr rege genutzt. An einer Seite der Halle kann man auf einen noch tieferliegenden kleinen unterirdischen See blicken. Auch da führt eine enge Treppe hinunter. Im Gegensatz zur vorherigen, wo es je eine für jede Richtung gibt, wird diese im Wechsel für jede Richtung freigegeben und das dauert, denn immerhin müssen ca. 7 Stockwerke überwunden werden und die Leute die oben ankommen schnaufen zum Teil heftig. Die Atmosphäre unten, am in der Düsternis liegenden See, ist schon sehr mystisch. Über eine Brücke gelangt man auf eine kleine Insel. Man könnte hier mit einem gemieteten Boot etwas herumrudern, doch auch dafür müsste man anstehen.
Wir lassen stattdessen in einem der kleinen Pavillions die Stimmung auf uns wirken. Auf den Holzbalken der Plattform liegt eine dicke Salzkruste. Um wieder hinaufzukommen muss man natürlich abermals warten. Es gäbe auch einen Fahrstuhl, doch da passen höchstens 4 Leutchen rein und das dauert noch länger. Außerdem können wir ja ruhig mal was für unsere Fitness tun. Immer nur im Auto sitzen, ist auch nicht gerade förderlich für sie. Zudem könnte die salzhaltige Luft hier unten sogar gesundheitsförderlich sein? Also stapfen wir tapfer wieder hinauf und nach einem letzten Rundumblick in der großen Halle, machen wir uns auch an den langen Aufstieg wieder ganz hinauf. Auch hier gibt es einen Fahrstuhl. Sogar einen sehr schicken verglasten, aus dem man während der Fahrt bestimmt einen tollen Ausblick auf die Halle hat. Doch die Schlange davor ist gigantisch. Unsere Kondition ist durch die zurückgelegten Wanderungen gar nicht so schlecht und wir bezwingen die etwa 10 Stockwerke fast mühelos. Auf der Treppe ist auch nicht ganz so ein Ansturm und so hat man zwischendurch auch noch mal die Chance einen Blick zurück in die Höhle zu werfen.
Fast 2 Jahrhunderte wurde hier unten Salz abgebaut und es ist schon erstaunlich was daraus entstanden ist. Wir schauen uns oben noch etwas in den Gängen um und nach reichlich 2 Stunden sind wir wieder draußen. Nun gut, etwas derartiges haben wir noch nie gesehen, das war schon ein besonderes Erlebnis. Allerdings hat uns das Spektakel, das daraus gemacht wurden ist, nicht ganz so behagt. Etwas mehr zur Entstehung, zur Arbeit und dem Leben der Bergleute wäre gut gewesen, außer den Infotafeln mit den ellenlangen Texten in rumänisch und englisch. Das ist jedoch nur unser Empfinden, jemand anderen mag das Gebotene ja gefallen und angesichts der Besuchermassen scheint das Konzept durchaus aufzugehen.
Genug Trubel für heute. Wir suchen uns am Tarnita Stausee einen schönen ruhigen Platz für die Nacht. Der See umgeben von hohen grünen Hügeln ist ein beliebtes Ausflugsziel und so ist die Suche gar nicht so einfach. Es ist Freitag und die Rumänen schwärmen mal wieder zum Wochenendcamping aus. Wir finden dennoch was Passendes für uns.
Auf der Durchfahrt durch Cluj-Napoca erstehen wir in einem Baumarkt einen neuen Campingstuhl. Wir hatten für unseren Trotti von Mathias Vati zwei nostalgische DDR Campingstühle gesponsort bekommen. Mag man zwar damals durchaus noch ordenliches hergestellt haben und nicht so ein Billigzeug wie heutzutage, so wird aber nach jahrzehntelanger Lagerung auch der beste Stoff irgendwann mürbe und nun hat leider auch schon einer der Stühle ausgedient. Mal sehen wie lange der andere noch hält.
Es geht nun hinein nach Transylvanien - nach Siebenbürgen, der Region "hinter den sieben Bergen", die ehemals von vielen Deutschen besiedelt wurde. Wir sehen immer öfter Ortsschilder mit deutschen Namen und auch die Bebauung nimmt einen anderen Charakter an. Leider wirkt hier allerdings nun auch alles etwas weniger gut erhalten. Macht sich dadurch der Wegzug der ehemaligen Bewohner bemerkbar? Denn die meisten der hier bis zur Wende ansässigen Deutschen haben ja das Land inzwischen verlassen.
Nach ein paar ruhigen Tagen auf wunderschönen idyllischen Stellplätzen führt uns eine kleine Wanderung ins Rarau-Gebirge und der Touristenrummel hat uns wieder. Obwohl der Aufstieg auf einen der beiden Felstürme von Pietrele Doamnei, den imposanten Frauensteinen, auch mit mühsamer Kletterei verbunden ist, ist auf dem Gipfel kaum Platz für alle und die Aussicht auf die Silhouette des zweiten Turm etwas verstellt.
Im Bistrita-Gebirge checken wir mal auf einem richtigen Campingplatz ein. Hier hatten wir auch vor 6 Jahren mit dem Fahrrad gestoppt, um das hiesige sehenswerte und sehr bekannte Ceahlau-Massiv zu besteigen. Erinnerungen werden wach. Doch, im Gegensatz zu damals, zeigt der Berg sich diesmal nur versteckt hinter dunklen grauen Wolken. Also geht es am nächsten Tag auch gleich weiter, einmal um das Massiv herum, zur berühmten Bicaz-Schlucht.
Bei all unseren vorherigen Besuchen der Schlucht, jedes mal mit dem Fahrrad, hatten wir stets schlechtes Wetter im Gepäck. Doch heute kommen wir mit strahlendem Sonnenschein zu dem Touristenhotspot und sofort wird uns bewusst, dass das schöne Wetter auch Unmengen von Gleichgesinnten anlockt. Eine nicht enden wollende Blechlawine ist auf der etwa 10 km langen Strecke unterwegs, die sich zunächst durchs Tal unterhalb schroffer Steilwände, und später in Serpentinen hinauf zum Lacul Rosu windet. Dort, wo Platz ist, ist sie mit Souvenirständen gesäumt. Oft halten Autos, auf der Suche nach einer Parkmöglichkeit, alles auf. Ganz schlimm wird es dann oben am See, dort geht stellenweise auf der Straße gar nichts mehr. Da war uns die Schlucht im einsamen Regen auf dem Fahrrad deutlich lieber. Bei diesem Verkehrschaos hat man ja gar keine Zeit, die umliegende Landschaft zu erleben. Nichts, wie weg!
Auf unserer Weiterfahrt durch Siebenbürgen kommen wir auch an dem kleinen Dörfchen Viscri oder Deutschweisskirch vorbei. Der Ort ist ein Muss auf fast jeder unserer Rumänienreisen, denn mit ihm verbinden sich sehr nachhaltige Erinnerungen. Hier haben wir vor mehr als 20 Jahren eine Unterstellmöglichkeit für unser Auto während einer größeren Fahrradtour gesucht und auch gefunden. Damals war es ein total abgelegenes, nur über einen holprigen Feldweg erreichbares Dörfchen. Unser Erscheinen war etwas ganz Besonderes und die Kirchburg wurde extra nur für uns aufgeschlossen. Heute führt eine kleine neue Asphaltstraße über die Hügel, denn der Ort zieht mit seiner markanten siebenbürgischen Baustruktur und vor allem wegen seiner Kirchburg, in der es nun auch ein sehr interessantes kleines Museum gibt, unzählige Besucher an.
Im Ort selber scheint sich nicht allzuviel verändert haben. Nur wenige der Häuser entlang der noch immer unbefestigten staubigen Straßen, haben etwas Renovierung erfahren. Doch es gibt nun ein paar einfache Einkehrmöglichkeiten und mehrere Stände an denen die für den Ort typischen Schafwollartikel angeboten werden. Wir lassen das Flair etwas auf uns wirken, schwelgen in Erinnerungen und suchen uns dann auf einem der umliegenden Hügel einen schönen Platz für die Nacht.
Es wird mal wieder Zeit die Autoreifen, gegen Wanderschuhe zu tauschen und so suchen wir uns ein neues Wanderziel aus.
Königsteingebirge - Piatra Craiului
Schon bei der Anfahrt kann man aus der Ferne den Gebirgszug aufragen sehen. Es ist Wochenende und in Plaiul Foii, im Tal unterhalb der Berge, alles von Campern bevölkert. Die wenigen offiziellen Campingmöglichkeiten sind eher wenig einladend und noch dazu überfüllt. Also ziehen wir uns erstmal in ein ruhiges Seitental zurück.
Am nächsten Morgen klingelt uns schon um sechs Uhr, ungewohnt früh, der Wecker aus den Federn und etwa eine Stunde später lassen wir auf dem großen zentralen Parkplatz unseren Trotti zurück. Um diese Uhrzeit ist er noch recht leer. An einem Automaten bezahlen wir pflichtbewusst den Eintritt in den Nationalpark (5 Lei = 1,10 € für sieben Tage), obwohl wir uns nicht vorstellen können, dass das hier irgend jemanden interessiert. Zunächst geht es noch recht eben auf einem breiten Weg in den Park hinein.
Wenn wir jetzt schon wüssten, was uns bei dieser Tour erwarten wird ....! Tun wir aber nicht und beginnen somit unbeschwert mit dem Aufstieg auf einem kleinen Pfad durch den Wald. Nach einer Stunde erreichen wir eine kleine Lichtung mit Rastplatz und Biwakhütte. Nun ragen die Wände des Gipfelgrates steil vor uns auf. Wie soll man denn da hoch kommen? Es geht erst über rutschige Geröllfelder, dann mit viel Kletterei über die Felsen. Stahlseile helfen etwas, aber es ist sehr kräfteraubend. Zum Glück liegt die Wandseite noch im Schatten. Nach 5 mühsamen Stunden ist der Gipfelgrat endlich erreicht und wir haben 1400 Höhenmeter bezwungen. Bald darauf stehen wir in 2230 m Höhe auf dem höchsten Gipfel der Bergkette den Varful La Om - der Hirtenspitze.
Nach einer kurzen Rast, machen wir uns schon bald auf den Rückweg. An einen einfacheren Abstieg ist jedoch nicht zu denken. Vier! Stunden brauchen wir allein nur um an das südliche Ende des Gipfelgrates zu gelangen. Er scheint einfach kein Ende zu nehmen. Unwegsam und immer wieder mit kleinen Kletterpassagen geht es ständig auf und ab, immer um die 2000 m herum. Da geht für einen Weg von nur 400 m Luftlinie schon mal fast eine Stunde drauf. Tief unter uns und scheinbar unerreichbar leuchtet die kleine Lichtung mit der Biwakhütte aus dem ansonsten dichten Waldgebiet. Um uns herum ist meist nur blanker Fels, mit einigen niedrigen Krüppelkiefern.
Schon seit fast 10 Stunden sind wir unterwegs, als endlich der Abstieg kommt. Wir ahnen, dass wir es nicht mehr vor dem Einbruch der Dunkelheit zurück schaffen werden und fühlen uns dadurch etwas gehetzt und haben kaum noch Muße, die eigentlich sehr schöne Bergwelt um uns herum zu genießen. Doch es geht nun endlich hinab. Anfangs ist es noch sehr steil und mit weiterer Kletterei verbunden. Dann geht es lange Zeit über Geröll und zwischendurch sogar auch mal wieder hinauf. So, kommen wir ja nie an. Es ist einfach zermürbend, so gar kein fassbares Ziel vor Augen zu haben. Dann erreichen wir die Baumgrenze, der Weg wird einfacher und führt weiter stetig bergab durch den Wald, der mal dicht bewachsen ist und dann wieder lichter.
Doch nun geht die Sonne unter und nun kommt die Angst vor Bären auf. Ja, Rumänien ist auch die Heimat dieser Raubtiere. Auch wenn die sehr menschenscheu sein sollen und wir bisher in diesen Regionen noch nie einem begegnet sind, wächst nun in der Dunkelheit der Respekt vor ihnen gewaltig an. Wir stapfen weiter im Taschenlampenlicht, singend, pfeifend und möglichst viel Lärm machend durch den Busch, in der Hoffnung, dass uns Meister Petz beizeiten wahrnimmt und es lieber vorzieht, aus dem Wege zu gehen. Seit über 12 Stunden sind wir nun schon auf den Beinen und langsam wollen die nicht mehr mitmachen. Was für eine Tour! Wir laufen, laufen und laufen..., stundenlang ...
Ohne Offline-Karte und GPS wäre es in der Dunkelheit bestimmt noch schwieriger geworden, doch so gelingt es uns ohne größere Schwierigkeiten auf den richtigen Wegen zu bleiben. Teilweise sind diese schon total zugewachsen, so wenige Wanderer kommen hier lang. Unendlich erleichtert sehen wir dann endlich im silbrigen Licht des aufgehenden Mondes den breiten Wanderweg, auf dem wir am Morgen in das Tal hineingelaufen sind und der uns zurück in die Zivilisation führt. Es ist 23 Uhr. Nach über 15 Stunden sind wir zurück auf dem Parkplatz und wir sind fix und fertig. Wir spülen uns schnell den gröbsten Dreck vom Leib, lassen die Bierbüchsen zischen und kriechen noch auf dem Platz ermattet in unser Bett. Ob das Übernachten hier erlaubt ist, ist uns egal, dies ist ein Notfall. Vorm Einschlafen beteuert Mathias noch, dass er wirklich nicht vorher gewusst hat, was das für eine anspruchsvolle Tour werden würde - nun ja, glauben wir es ihm mal - aber sowas Verrücktes machen wir nie wieder!
Den nächsten Tag verbringen wir auf dem Platz in dem ruhigen Tal, in dem wir bereits vor der Mordswanderung campiert hatten, legen die Beine hoch und lassen es uns gut gehen. Wider Erwarten ist kein Muskelkater zu spüren, nur hier und da zwickt es etwas. Am Nachmittag ziehen ein paar Gewitter vorbei - na so eine herannahende Bedrohung hätte uns ja gestern noch gefehlt, da haben wir ja richtig Glück gehabt.
Am Tag darauf fahren wir hinein in das benachbarte Fagarasgebirge, das Gebirge mit den höchsten Bergen des Landes und wir peilen keinen geringeren, als den allerhöchsten an.
Moldoveanu
Die Anfahrt führt uns mehr als 30 km auf einer Schotterpiste durch ein Tal, auf der wir mal wieder in Erinnerungen kramen. Vor genau 34 Jahren, noch zu DDR-Zeiten und blutjung, hatten wir uns zu einer Fagaras-Kammwanderung aufgemacht. Leider machte uns damals das Wetter einen Strich durch die Rechnung und wegen echt widrigem Wetter mussten wir ungeplant früh und recht abenteuerlich querfeldein absteigen. Dabei führte unser Weg auch durch dieses Tal.
Nun fahren wir also wieder hinein, denn ganz am Ende der Piste gibt es eine Aufstiegsmöglichkeit auf den Kamm und den Moldoveanu. Schnell kommen wir nicht vorwärts, denn die Beschaffenheit der Piste lässt das nicht zu. Doch so nach und nach geht es auf 1500 m Höhe hinauf. Anfangs gibt es noch ein paar vereinzelte Camper oder Picknicker am Flussufer, später wird es einsamer. Etwa auf halber Strecke ein kleiner Staudamm. Nun wird die Piste noch schlechter. In einem Holzfällercamp am Wegesrand leben die Arbeiter in erstaunlich einfachen, selbstgezimmerten Unterständen. Anspruchsvoll ist die Piste nicht, wie die Rumänen mit ihren normalen PKW’s beweissen, aber für die 37 Kilometer sollte man schon etwas Geduld mitbringen.
Nach stundenlanger Holperei tauchen endlich die hohen Gipfel unseres Ziels auf. Womit wir nicht gerechnet haben: am Ende der Piste ist nur schwer eine passende Stelle zum Parken zu finden. Der schmale Wege bietet nur wenig Platz und dort, wo es möglich ist, stehen bereits zahlreiche Autos. Wir hatten gedacht in eine total einsame Gegend zu kommen und stattdessen das. Wir fahren erstmal für die Nacht wieder ein Stück zurück und suchen uns ein nettes Fleckchen mit Feuerstelle. Später kommen noch ein paar andere hinzu. Wir haben aber das schönste Feuer weit und breit. Kein Wunder, bei dem ausgewählten und vorsorglich mitgebrachtem Holzvorrat aus unserem Auto. Das Zeug, was die anderen hier aus dem Busch holen, macht nur viel Rauch. Dennoch liegen wir beizeiten im Bett, denn am nächsten Morgen soll es zeitig losgehen.
Nur 4 Tage nach unserem letzten Horrortrip am Königstein brechen wir abermals zu einer Bergtour auf und hoffen, dass es diesmal etwas angenehmer wird. Noch liegt das Tal im Schatten, doch bald stapfen wir mit einigen weiteren Frühaufstehern im schönsten Sonnenschein den Hang hinauf. Anfangs ist man noch von den anderen Gipfelstürmern umgeben und man kommt sich öfters auf dem Weg in die Quere, doch so nach und nach sortiert sich das Wandererfeld und zieht sich etwas auseinander. Eine riesige Schafsherde, angeführt von Eseln kommt uns entgegen. Die bestehen eindeutig auf ihre Vorfahrt und es dauert, ehe wir den Weg fortsetzen können. Es geht über steile Wiesen, vorbei an Wasserfällen und kleinen Seen. Das Tal liegt immer tiefer unter uns. Als dann der Hauptgrat erreicht ist geht es auf ihm steil hinauf weiter.
Nun bieten sich auch schöne Aussichten auf das gegenüberliegende Siebenbürgen. Es folgen ein paar Kletterpartien und wir erreichen den Vistea Mare, den ersten Gipfel auf dem Grat, der nur knapp 20 m niedriger ist als der 400 m entfernte höchste Berg Rumäniens. Doch zu dem geht es natürlich immer schön hoch und runter weiter. Mit dem Ziel ständig vor Augen wird das letzte Stück dann aber auch noch bezwungen. Auf dem Moldoveanu sind wir natürlich nicht allein und es ist schwierig ein ordenliches Gipfelfoto zu machen, denn der passende Standort, am Gipfelkreuz mit der rumänischen Fahne, ist sehr frequentiert. Klar, dass die Rumänen von ihrem Berg auch ein tolles Foto mitnehmen wollen und heute bietet das Wetter dazu die perfekten Bedingungen. Auch wir genießen da oben die Rast und die Aussicht sehr.
Der Rückweg führt uns erst auf dem Grat weiter und abwärts. Kaum jemand ist hier unterwegs, die Meisten werden wohl den Aufstiegsweg auch wieder zurücknehmen. Wir werfen einen letzten Blick auf den Gipfel über uns und nun geht es stetig steil hinab, anfangs über Wiesen, dann durch Büsche und letztendlich durch den Wald hinunter ins Tal. Das ist nun von viel mehr Autos gesäumt, als am Morgen, doch scheinen wir mit die ersten Wanderer zu sein, die zurückkehren. Also schnell zurück auf den alten Übernachtungsplatz gefahren, ehe die anderen kommen. Und zu Recht. An diesem Abend wird es noch voller. Bis tief in die Nacht reisen weitere an, denn schließlich ist Freitag und es steht mal wieder ein Wochenende vor der Tür.
Schon früh am nächsten Samstagmorgen beginnt dann der Ansturm auf den Berg. Ganze Autokolonnen kommen auf der Piste durchs Tal gerumpelt und suchen verzweifelt nach einer Parkmöglichkeit. Keine Ahnung was am etwa 1 km entfernten Ende des Tals, am Startpunkt der Wanderung los ist. Dort müsste sich ja inzwischen schon ein Wahnsinnsknäul gebildet haben, denn auch um zu Wenden ist dort viel zu wenig Platz und das rückwärts Herausfahren dürfte ja durch die Nachkommenden schier unmöglich sein. Bloß gut, dass wir schon gestern oben waren und nun die Flucht ergreifen können.
Das am Wochenende scheinbar ganz Rumänien unterwegs zu sein scheint, haben wir nun schon verinnerlicht und sicher ist das bei diesem schönen sommerlichen Wetter noch viel ausgeprägter. Zudem ist ja auch Ferienzeit und die rumänischen Kinder haben es echt gut, denn ganze 3 Monate dauern die hierzulande. Für uns heißt das jedoch, schnell das Weite suchen und in möglichst unfrequentiertere Gegenden abzutauchen. Und das tun wir umgehend und finden tatsächlich wieder ein hübsches ruhiges Plätzchen in einem bedeutungslosen Tal. Wie auf nahezu jedem Stellplatz, besucht uns auch hier eine Schafherde samt Hirte und Hunden. Das gehört zum Standartprogramm in Rumänien.
Bei der Weiterfahrt am nächsten Morgen, wird diesmal der weitere Weg für unseren Trotti zu einer echten Herausforderung, der bisher größten hier im Land, denn der Weg ist stellenweise so ausgefahren, dass wir heilfroh sind über Allrad und Bodenfreiheit. Zu jeder Rumänienreise gehört natürlich auch eine Überquerung des Fagaras-Gebirges auf einer seiner Passstraßen. Da man mit einem Autochen das ja mühelos bewältigen kann, überlegen wir nicht lange.
Transfagarasan
Von der am Weg liegenden Burgruine Poenai - Cetatea Poienari, auf die man über mehr als 1440 Treppenstufen hinauf gelangt, können wir schon mal einen ersten Blick auf die ersten Serpentinen der Passstraße und die umgebenden Berge werfen. Schön! Es ist Sonntag und wir rechnen damit, hier ausreichend Gesellschaft auf der Straße zu haben, aber dass es schon auf dem ersten Stück, noch fast im Tal, einen Rückstau gibt, ist dann doch unerwartet.
Jedoch staunen wir nicht schlecht, als sich die Ursache für den Stau entpuppt. Ein Bär sitzt am Straßenrand! Kein Stofftier - nein, ein richtig echter! Er lässt sich durch die haltenden Autos, deren Insassen krampfhaft ein schönes Foto erhaschen wollen, scheinbar überhaupt nicht verunsichern und scheint auf ein paar eventuell herausgeworfene Leckerlis zu warten. Da war es also - unser erstes Bärenerlebnis in Rumänien, wenn auch in etwas weniger natürlicher Umgebung. Ganz schön groß sind die! Denen möchte man echt nicht ohne schützende Autokarosse im Wald begegnen. Dann noch ruhig und besonnen zu reagieren, ist bestimmt nicht leicht. Bloß gut, dass wir das bei unserer Nachtwanderung im Königsteingebirge nicht ganz so verinnerlicht hatten, wir hätten womöglich vor Angst ...., na ja. Da aber selbst die Rumänen bei ihrem Anblick fast vor Begeisterung ausflippen, scheint eine zufällige Begegnung doch eher selten zu sein.
Am Vidraru-Stausee, wo die Straße über die Staumauer führt, gibt es das nächste massive Stop and Go. Parkplatzsuchende behindern sich nicht nur gegenseitig sondern auch den eigentlich vorbeiziehenden Verkehr erheblich. Sogar Polizei ist eingesetzt, um für etwas Ordnung zu sorgen. Kurz darauf, es rollt wieder, - und wir können es kaum glauben - da tauchen schon wieder Bären am Straßenrand auf. Diesmal eine Bärenmutter mit zwei Jungen, die jedoch auch schon eine beträchtliche Größe haben. Wir sind mit die ersten, die sie entdeckt haben, doch schon stoppen weitere Autos und stellen sich direkt davor. Uns kommen nun echt Zweifel, ob dieser Rummel für die Bären so gut ist? Denn auch diese wurden bestimmt nur durch die vermeintliche Futterquelle am Straßenrand angelockt. Das werden wir nicht unterstützen und fahren lieber weiter.
Nun folgt die Straße fast 20 km dem Ufer des Stausees und nimmt dabei wirklich jede große und kleine Ausbuchtung mit. Doch das sieht man nur auf der Karte, denn links und rechts der Straße ist nichts als dichter Wald. Ist das geschafft geht es in einem Tal endlich höher und ab der Baumgrenze über karge steinige Hänge in Serpentinen hinauf. Hier sind natürlich die Aussichten wieder um einiges interessanter. Erste Verkaufsbuden künden den nahen Pass an, dann noch durch den Tunnel und man hat es geschafft. Eigentlich! Doch bereits zuvor geht es für eine lange Zeit nur noch extrem schleppend vorwärts. Der Tunnel ist nur knapp 900 m lang und wir brauchen über eine Stunde, um auf der anderen Seite und somit auch auf dem Pass anzukommen. Hier staut sich der ganze Verkehr aus beiden Richtungen. Ursache ist auch hier die Parkplatzsucherei. Zwar gibt es recht große und auch einigermaßen organisierte Plätze, die jedoch scheinbar übervoll sind und die Zu- und Ausfahrten sind ein einziger Verkehrsknäul. Unmengen von Verkaufsbuden umgeben das Areal und verleihen dem Ganzen einem volksfestmäßigen Eindruck.
Hat man diese Passage bewältigt und die Abfahrt beginnt, rollt es wieder erstaunlich gut. Dafür hat nun der Gegenverkehr mit dem Vorwärtskommen ein Problem - und was für eins! Dagegen war unseres zuvor ja fast kleinlich. Das kann uns jetzt aber alles auch egal sein.
Gleich hinter dem Pass windet sich die Straße weit hinunter ins Tal. Was für ein toller Anblick! Schon von hier machen wir gar nicht weit unterhalb des Passes ein kleines Areal aus, das befahren werden kann und uns vielleicht einen Platz für die Nacht bietet. Es klappt dann auch tatsächlich. Noch parken hier einige, die sich die Weiterfahrt im Stau nach oben sparen wollen, doch die sollten in der Nacht eigentlich verschwunden sein.
Nun haben wir endlich Muße uns etwas genauer umzublicken und laufen auf einem Pfad nochmal hoch zum Pass. Am Ufer des dortigen kleinen Sees, dem Balea-Lac, haben wir bei unserer schon erwähnten Rucksacktour 1987 gezeltet. Doch damals ging es bei Weitem ruhiger zu. Trotz dem verhälnismäßig trüben Wetter sind die vielen Fressbuden gut belagert, auch die vielen Souvenirstände ziehen genügend Kunden an und am See wird die Familie von allen Seiten ausgiebig fotografiert. Es ist Sonntag in Rumänien!
Am Beeindruckensten ist und bleibt jedoch der Ausblick hinunter bis in die Tiefebene - und heute ganz nebenbei noch auf den gigantischen Stau. Erst kurz vorm Dunkelwerden beginnt er sich aufzulösen und in der Nacht herrscht dann eine himmlische Ruhe, die wir in der Nachbarschaft von nur einer Handvoll anderer Camper verbringen - und von mehreren Händen voll Schafe, die in einem nahen Pferch leise vor sich hin bimmeln.
Auch am nächsten Morgen ist auf der Straße nicht viel los und ungehindert rollen wir hinab. Erst wieder in vielen Serpentinen durch freies Gelände und vorbei an mehreren Wasserfällen. Über uns bringt die Seilbahn ihre ersten Gäste hinauf zum Pass. An der Talstation herrscht wieder der übliche Budentrubel. Dann windet sich die Straße weiter durch ein Waldgebiet bis hinunter in die Ebene. Hier ist nun mit einem mal alles platt, es gibt nur weite Felder und ein paar einsame Orte. Es wird wieder zunehmend wärmer. Erst kurz vor Sibiu wird der Verkehr wieder dichter.
Sibiu ist ganz bestimmt einen Besuch wert. Besonders das Zentrum mit der Altstadt und das Freilichtmuseum ist wirklich sehenswert. Doch wir kennen sie bereits und haben nun keinen Bock darauf uns mit dem Trotti erst einen Weg hinein zu bahnen. Wir nutzen nur ein Einkaufszentrum am Stadtrand für Besorgungen und als wir uns wieder von der Stadt entfernen wollen, haben wir das Glück auf unserer Seite. Gerade zur rechten Zeit bremsen wir auf der Suche nach einer Tankstelle ab, als uns Polizisten mit einem mobilen Geschwindigkeitsmesser anvisieren. Doch wir rollen brav im angemessenen Tempo vorbei. Eigentlich versuchen wir uns bei unseren Reisen schon an die vorgeschriebenen Geschwindigkeitsvorgaben zu halten, um unnötigen Ärger zu vermeiden. Doch hier in Rumänien ist das etwas schwierig, denn besonders in den Ortschaften wird ungewohnt schnell gefahren. Um nicht für die anderen Autofahrer ein Hindernis zu sein und sie nur zu unsinnigen Überholmanövern zu verleiten, sollte man schon 20 Kilometer schneller als erlaubt fahren. Man kann nicht sagen, dass in Rumänien extrem rücksichtslos gefahren wird. Die Verkehrsregeln werden beachtet, an Fußgängerüberwegen wird brav gehalten und Fehler anderer werden einkalkuliert. Doch man ist sehr zügig unterwegs und lässt sich ungern aufhalten. Also ist es besser zu versuchen im rollenden Verkehr mitzuschwimmen. Eigentlich ist es daher sehr verwunderlich, dass es kaum Kontrollen gibt. Das müsste sich doch für die Staatskasse echt lohnen?
Westlich des Fagaras, durch das tiefe Tal des Olt-Flusses getrennt, befindet sich ein Gewusel von sechs Gebirgszügen. Aber die wenigsten kennen diese beim Namen wie Cindrel, Lotru, Paring usw. Aber allen Touristen ist die Transalpina ein Begriff, die mitten durch diese Gebirge von Norden nach Süden quert. Seit diese Strecke einen guten Belag bekommen hat, ist sie neben der Transfagaras eines der beliebtesten Ziele besonders für Motorradfahrer in Rumänien.
Wir waren hier schon zweimal auf dem Fahrrad unterwegs. Vor 20 Jahren mussten wir uns noch über Schotterpisten quälen, später konnten wir die Transalpina auf der neu gebauten Strasse bezwingen. Eine Schinderei blieb es trotzdem. Diesmal wollen wir von Ost nach West durch diese Gebirge, grösstenteils auf ausgefahrenen Holzlasterpisten, fahren. Vom südlich von Sibiu gelegenen Sadu folgen wir dem Tal des gleichnamigen Flusses aufwärts und stossen nach einer einsamen Übernachtung im tiefsten Bergwald auf eine Strecke names Transcindre. Die kannten wir auch noch nicht. Doch nach dem touristischen Erfolg von Transfagaras und Transalpina scheinen die „Trans...“-Strassen in Rumänien immer mehr zu werden. Haben wir doch schon vor ein paar Wochen die Transrarau entdeckt.
Doch unsere Hoffnung auf besseres Fahren wird enttäuscht. Auch die Transcindre ist eine üble Piste und wird durch die schweren Holztransporte nicht besser. Am Kreuzungspunkt der Gebirgszüge und aller Strassen bei der Obarsia Lotrului-Hütte machen wir wie alle Touristen einen Stop und lassen den hier herrschenden Budenzauber auf uns wirken. Es wird Käse und Wurst angeboten, hausgemachte Marmeladen und anderes. Sicher ist in dem einen oder anderen Fläschen auch was Hochprozentiges dabei. Zudem bieten zahlreiche Sammler Unmengen von Himbeeren und Heidelbeeren sowie Pilze an. Die Wälder hier stehen voll davon und man sieht immer wieder die Pflücker mit riesigen Eimern im Busch herum streifen. Schade, dass man das nicht auch nebenbei während der Autofahrt machen kann, denn leider immer, wenn wir anhalten, ist gerade kein ertragreiches Gebiet in der Nähe. Doch hier und da finden auch wir ein paar der süßen Dinger.
Jetzt geht es kontinuierlich weiter Richtung Westen nach Petrosani, heraus aus den Gebirgen. Leider lässt uns nun, nach mehr als 4 Wochen schönstem Sommerwetter, der Wettergott im Stich und es folgen ein paar graue und verregnete Tage. Vielleicht hat er sich auch nur etwas verausgabt, denn die zurückliegende lange Schönwetterperiode ist auch in diesen Breiten nicht unbedingt Normalität. Das haben wir genau zur selben Jahreszeit auch schon ganz anders erlebt. Es gibt aber dennoch keinen Grund zum Jammern, denn in unserem Trotti ist auch schlechtes Wetter kein Problem und so aus dem Trockenen heraus, hat auch dieses Wetter so seine Reize und bietet mal ein paar andere schöne Fotomotive.
Nach einem Bogen durch das Banat kommen wir der südlichen Landesgrenze immer näher. Die Orte werden irgendwie immer grauer und maroder, aber vielleicht liegt es ja auch nur am Wetter. Einige am Wegesrand liegende kleinere Schluchten und Ausflugsziele lassen wir links und rechts im Regen liegen. Auch in Resiza, einer größeren Stadt, in der wir auf einer Radtour krankheitsbedingt schon mal einige Tage verbracht haben, machen wir nur einen kurzen Stop.
Als wir Ende August in Moldova Noua die Donau erreichen ist dann aber schon wieder weitgehend alles eitel Sonnenschein, auch wenn es nicht mehr ganz so warm wird und auch schon erste Anzeichen für den beginnenden Herbst in der Natur um uns herum sichtbar werden. Wir folgen nun der Donau entlang weiter flussabwärts.
Donaudurchsbruchtal - Eisernes Tor
Als auf der gegenüberliegenden serbischen Flussseite die Festung Golubac sichtbar wird, haben wir den Anfang des berühmten, mehr als 100 km langen Durchbruchtals der Donau, das auch weniger schmeichelhaft, Eisernes Tor genannt wird, erreicht. Der Fluss ändert sich ständig. Mal wirkt es durch Ausbuchtungen etwas weiter, fast seenartig und dann wieder schmäler wie ein Canyon. Mal flankiert von steilen Berghängen und dann mal wieder von sanfteren Hügeln. Einige historische Gemäuer hier und da. Manche sind gut erhalten, wie das Kloster Mraconia, das direkt am Straßenrand steht, und von anderen sind nur ein paar Überreste vorhanden. Viele Angler haben sich im meist schmalen Uferbereich, oft unmittelbar neben der Straße, ein Plätzchen gesucht. Dort, wo mehr Platz ist, erwarten Pensionen und kleine Hotels Gäste. Manche wirken sogar recht luxuriös, mit lauschigen Terrassen und Swimmingpools am Ufer. Auffallend viele Autos der Grenzpolizei sind hier unterwegs. Früher ging hier ja der Eiserne Vorhang entlang, aber heute?
Mitten in der landschaftlich sehr interessanten Passage passiert man den riesigen Kopf des Drakerkönigs Decebal, der aus einer grossen Felswand gehauen ist. Dies soll die größte Felsskulptur Europas sein. Wenn man aber glaubt, dass dies ein geschichtsträchtiges Werk ist und bereits vor langer Zeit entstandt, dann täuscht man sich gewaltig, denn das Relief ist erst 2005, nach zehnjähriger! Bauzeit, fertiggestellt wurden und somit hochmodern. Auf der Strasse bemühen sich Zahlreiche um ein schönes Fotomotiv mit dem König im Hintergrund und dies ist auch die passende Kundschaft vieler Imbiss- und Souvenirbuden am Straßenrand. Bloß gut, dass wir bereits am frühen Vormittag hier sind, denn ansonsten, dürften die wenigen Parkmöglichkeiten bestimmt wieder für Chaos sorgen. Man hätte hier auch die Möglichkeit, mit kleinen Motorbooten sich alles vom Wasser aus anzusehen und das Angebot wird auch rege genutzt.
Wir lassen uns drei Tage Zeit für diesen einzigartigen Flussabschnitt. Ab dem Staudamm mit dem Kraftwerk Eisernes Tor, ist dann aber Schluss mit beeindruckender Landschaft. In Drobeta-Turnu-Severin (was für ein langer Name für eine einzige Stadt!) gönnen wir unserem Trotti mal eine richtige Wellnesskur. An einer Selbsbedienungswaschanlage bekommt er von uns das Beste verfügbare Programm geboten: Vorwäsche, Powerwäsche, Schaumwäsche und Politur. Das war aber nach dem vielen Offroadgefahre auch echt mal nötig. Danach glänzt der Trotti wie neu und fühlt sich auch irgendwie knuffiger an.
Bevor wir den nächsten Grenzübergang nach Bulgarien anfahren, verweilen wir bei Cetate noch zwei Tage in einem weiten lichten Waldgebiet mit hohen Bäumen direkt am Donauufer. Was für ein schöner Platz zum Ende unserer Rumänientour.
Ja, auch bei diesem Besuch hat Rumänien unsere Erwartungen voll erfüllt. 5 Wochen waren wir hier unterwegs, haben vieles Neues erlebt, aber auch einiges bereits Bekanntes wieder sehen können. So manches Sehenswerte haben wir aber auch verpasst, dass Land hat einfach zuviel zu bieten.
Und auch unsere ersten Erfahrungen hierzulande, als Reisende mit einem mobilen Heim, sind mehr als positiv. Rumänien hat sich für uns, als das perfekte Camperland weit und breit dargestellt. Es gibt so viele herrliche und idyllische Stellplätze überall. Man muss auch nicht sehr aufwendig danach suchen. Eine große Hilfe dabei war aber auch die Park4Night-App, die einige schöne Vorschläge hatte.
Die Rumänen selbst sind enthusiastische Camper und Nix und Niemand scheint sich an wilden Camps zu stören. Einziger Wehmutstropfen sind die Hinterlassenschaften in der Natur. Mag der Rumäne innerhalb der Orte eifrig den Müll sammeln und zum Teil auch akribisch sortieren, in Bezug auf Picknick- und Rastplätze scheint das nicht zuzutreffen. Besonders beliebte Plätze wirken dann auch schnell nicht mehr sehr einladend. Schade, aber vielleicht gibt es ja schon bald ein Umdenken in dieser Sache.
Und dass Rumänien keineswegs dem Weltgeschehen hinterherhinkt, ist vielerorts im Lande sichtbar. Es ist wirklich immer wieder erstaunlich, wie schnell sich das Land aus dem eher grauen und tristen sozialistischen Dasein zu einem durchaus bunten, freundlichen und modernen Land entwickelt hat. Natürlich gibt es bei genauerem Hinsehen noch viele Hinterlassenschaften aus der Vorwendezeit. Auch etwas weniger angenehme, wie z.B.: die traurigen Augen der zahlreichen hungrigen Straßenhunde und der nicht weniger hungrigen Hirtenhunde. Obwohl es fast so scheint, als ob deren Anzahl etwas abnimmt. Die Pferdefuhrwerke auf dem Land haben hingegen schon etwas Nostalgiewert. Ohne sie wäre Rumänienfür uns irgendwie nicht mehr Rumänien.
Überall im Lande ist die blau-gelb-rote Nationalflagge präsent. Selbst entlang der Dorfstraßen ziert sie die Masten und kein bedeutender Gipfel von dem sie nicht weht. Die Rumänen scheinen stolz auf ihr Land zu sein und das können sie auch zu Recht. Ein Wunder, dass es noch nicht mehr Touristen hierher verschlägt. Noch ist das Land ein Geheimtipp - möge es das auch noch lange bleiben! Also, bitte nicht weitererzählen!
Selbst wenn uns bei dieser Reise nun endlich auch mal ein paar der hiesigen Bären über den Weg gelaufen sind - Dracula und andere Vampire haben wir noch immer nicht gesehen!
Das heißt also, wir müssen nochmal wieder kommen.
Bis dahin - La Revedere Romania!